Verordnung des Bundeskommissärs für Wien
vom 31. März 1934,
womit einstweilige Anordnungen für die Besorgung der Aufgaben der Bundeshauptstadt Wien getroffen werden
(Stadtordnung der Bundeshauptstadt Wien)

Auf Grund der durch § 2 der Verordnung der Bundesregierung vom 12. Februar 1934, B. G. Bl. Nr. 77, erteilten Ermächtigung wird bis zur Erlassung des Stadtrechtes der bundesunmittelbaren Stadt Wien folgende Stadtordnung erlassen:

 

Stadtordnung der Bundeshauptstadt Wien

geändert durch
Verordnung vom 30. Oktober 1934 (LGBl. Nr. 53/1934)
Anpassung an die Verfassung 1934 (Neuntes Haupststück)

faktisch aufgehoben durch
Reichsgesetz über den Aufbau der Verwaltung in der Ostmark vom 14. April 1939 (RGBl. I. S. 780, § 8)
in Verbindung mit der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 (RGBl. I S. 49)

aufgehoben durch
(Staats-)Gesetz vom 10. Juli 1945 über das neuerliche Wirksamwerden der Verfassung der Stadt Wien in der Fassung von 1931 (StGBl. Nr. 67/1945)

 

1.Hauptstück.
Gebiet und Personen.

§ 1. Gebietsumfang. Die Bundeshauptstadt Wien umfaßt das im Art. I des Gesetzes vom 19. Dezember 1890, L. G. u. V. Bl. Nr. 45 aus 1890, und in der Beilage I zu dem erwähnten Gesetze ("Beschreibung der Gemeindegrenze") bezeichnete Gebiet, ferner die durch die Gesetze vom 28. Dezember 1904, L. G. u. V. Bl. Nr. 1 aus 1905, und vom 6. Juli 1910, L. G. u. V. Bl. Nr. 170 aus 1910, einbezogenen Gebietsteile.

Einteilung in Bezirke.

§ 2. (1) Dieses Gebiet ist zu Zwecken der Verwaltung in Bezirke eingeteilt.

(2) Diese Bezirke sind:
I. Innere Stadt,
II. Leopoldstadt,
III. Landstraße,
IV. Wieden,
V. Margarethen,
VI. Mariahilf,
VII. Neubau,
VIII. Josefstadt,
IX. Alsergrund,
X. Favoriten,
XI. Simmering,
XII. Meidling,
XIII. Hietzing,
XIV. Rudolfsheim,
XV. Fünfhaus,
XVI. Ottakring,
XVII. Hernals,
XVIII. Währing,
XIX. Döbling,
XX. Brigittenau,
XXI. Floridsdorf,
in ihrem bisherigen Umfange.

§ 3. Eine Änderung in der Abgrenzung oder eine weitere Abteilung der im § 2 bezeichneten Bezirke wird durch Verordnung des Bürgermeisters verfügt.

§ 4. Einteilung der Personen in der Gemeinde. (1) In der Gemeinde werden Gemeindemitglieder und Auswärtige unterschieden.

(2) Zu den Gemeindegliedern gehören:
1. Die Gemeindeangehörigen, das sind jene Personen, welche in der Stadt heimatberechtigt sind, dann
2. die Gemeindegenossen, das sind jene österreichischen, in der Stadt nicht heimatsberechtigten Bundesbürger mit dem ordentlichen Wohnsitz in Wien, die in ihr einen Realbesitz haben oder sich in ihrem Gebiete auf erlaubtem Wege den Lebensunterhalt schaffen.

(3) Allen übrigen Personen in der Stadt, die nicht Gemeindemitglieder sind, werden Auswärtige genannt.

(4) Die Gemeindemitglieder nehmen nach den Bestimmungen dieser Stadtordnung an den Rechten, Vorteilen und Pflichten der Stadt teil und haben das Recht, des ungestörten Aufenthaltes in ihr.

(5) Allen Personen in der Stadt obliegt die Besorgung der von der Stadt innerhalb des ihr gesetzlich zustehenden Wirkungsbereiches getroffenen Anordnungen und alle nehmen an den Gemeindelasten teil.

§ 5. Heimatrecht und Armenversorgung. Das Heimatrecht und der Anspruch auf Armenversorgung werden durch die Stadtordnung  nicht berührt.

§ 6. Aufnahmsgebühr. (1) Die Stadt Wien hebt für die freiwillige Aufnahme in den Heimatverband sowie für Aufnahmen, die auf Grund des § 5 des Gesetzes vom 5. Dezember 1896, R. G. Bl. Nr. 222, nicht versagt werden dürfen, eine Gebühr ein.

(2) Diese Gebühren fließen in die Stadtkasse.

§ 7. Bürgerrecht. Die Erwerbung des Bürgerrechtes wird gesondert geregelt. Personen, die derzeit das Bürgerrecht besitzen, blieben Bürger und im Genuß der erworbenen Rechte.

§ 8. Ehrenbürgerrecht. (1) Die Wiener Bürgerschaft ist berechtigt, ausgezeichneten Männern und Frauen, die österreichische Bundesbürger sind uns sich um die Stadt Wien oder das Vaterland verdient gemacht haben, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.

(2) Jeder Ehrenbürger hat vor dem Bürgermeister eidlich zugeloben, daß er jederzeit für die Ehre und das Ansehen der Stadt Wien eintreten, ihren christlichen, deutschen Charakter achten, die allgemeine Wohlfahrt und den Nutzen der Stadt fördern, den Rang der Stadt als Bundeshauptstadt schützen und als treuer Bürger des österreichischen Vaterlandes leben werden.

§ 9. Verlust des Bürgerrechtes und des Ehrenbürgerrechtes. (1) Das Bürgerrecht oder das Ehrenbürgerrecht erlöschen:
a) wenn der Bürger oder der Ehrenbürger aufhört, österreichischer Bundesbürger zu sein, oder wenn der Bürger aufhört, Gemeindeangehöriger von Wien zu sein;
b) wenn der Bürger oder Ehrenbürger wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertretung des Diebstahls, der Veruntreuung, der Teilnehmung hieran oder des Betruges (§§ 460, 461, 463, 464 St. G.) oder wegen der in den §§ 2 bis 4 der kaiserlichen Verordnung vom 12. Oktober 1914, R. G. Bl. Nr. 275, oder im § 1 des Gesetzes vom 25. Mai 1883, R. G. Bl. Nr. 78, bezeichneten strafbaren Handlungen oder wegen Vergehens nach dem Gesetz vom 9. März 1921, B. G. Bl. Nr. 253, rechtskräftig verurteilt worden ist oder wenn er die väterliche Gewalt auf immer verliert,
c) wenn der Bürgermeister eine staatsfeindliche Betätigung des Bürgers oder Ehrenbürgers feststellt,
d) durch Spruch der Wiener Bürgerschaft.

(2) Doch treffen die nachteiligen Folgen eines Verlustes nach Absatz 1, lit. b und c, ausgenommen den Fall eines Mitverschuldens an der strafbaren Handlung, nur den Bürger oder Ehrenbürger allein, folglich weder seine Ehegattin noch die vor diesem Zeitpunkt erzeugten Kinder.

2. Hauptstück.
Organe der Stadt.

§ 10. (1) Organe der Stadt sind:
1. der Bürgermeister, in seiner Vertretung ein Vizebürgermeister,
2. die Wiener Bürgerschaft und ihre Ausschüsse,
3. der Magistratsdirektor und der Magistrat,
4. die Bezirksvertretungen und die Bezirksvorsteher,
5. die Direktionen der städtischen Unternehmungen.

(2) Als Kontrollorgan der Stadt besteht ein Kontrollamt.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 10 Abs. 1 wie folgt geändert:
- nach dem Ziffer 3 wurde folgende Ziffer eingefügt:
"4. die Bezirkshauptmänner und die leitenden Beamten für besondere Angelegenheiten der Verwaltung (Leiter der besonderen Stadtämter),"
- die bisherigen Ziffern 4 und 5 wurden zu 5 und 6.

§ 11. Ausfertigung von Urkunden. Urkunden, durch die Verbindlichkeiten der Stadt Wien begründet werden sollen, müssen vom Bürgermeister und dem Magistratsdirektor unterfertigt werden. Der Bürgermeister kann jeden der Vizebürgermeister zur Unterfertigung an seiner Stelle und leitende Beamte der Stadt Wien zur Unterfertigung an Stelle des Magistratsdirektors ermächtigen. Die Namen dieser ermächtigten Personen sind im Landesgesetzblatt kundzumachen.

1. Abteilung.
Der Bürgermeister

§ 12. (1) Der Bürgermeister wird vom Bundeskanzler, der einen Dreiervorschlag der Wiener Bürgerschaft einholt, berufen. Seine Amtsdauer beträgt sechs Jahre. Wiederberufungen sind möglich. Er hat vor Antritt seines Amtes den folgenden Eid in die Hand des Bundespräsidenten abzulegen:
    "Ich schwöre einen Eid zu Gott dem Allmächtigen udn gelobe bei meiner Ehre und Treue, die Bundesverfassung, die Stadtordnung und die Gesetze unverbrüchlich zu beobachten, das mir anvertraute Amte des Bürgermeisters der Stadt Wien nach meinem besten Wissen und Gewissen zu verwalten und dem österreichischen Vaterlande und der Stadt Wien in unwandelbarer Treue zu dienen.
    So wahr mir Gott helfe !"

(2) Dem Bürgermeister wird in einem städtischen Gebäude eine seiner Würde angemessene Wohnung samt der entsprechenden Einrichtung der Empfangsräume unentgeltlich eingeräumt. Die Bezüge des Bürgermeisters werden vom Bundeskanzler bestimmt.

(3) Der Bürgermeister kann vom Bundeskanzler abberufen werden.

§ 13. Die Vizebürgermeister. (1) Dem Bürgermeister stehen Vizebürgermeister zur Seite, die von ihm jeweils auf die Funktionsdauer der Wiener Bürgerschaft berufen werden; ihre Zahl beträgt höchstens drei.

(2) Die Vizebürgermeister haben vor Antritt ihres Amtes den folgenden Eid in die Hand des Bürgermeisters abzulegen:
    "Ich schwöre einen Eid zu Gott dem Allmächtigen und gelobe bei meiner Ehre und Treue, die Bundesverfassung, die Stadtordnung und die Gesetze unverbrüchlich zu beobachten, das mir anvertraute Amt eines Vizebürgermeisters der Stadt Wien treu und redlich zu verwalten und den Bürgermeister in seiner Amtsführung im Sinne der von ihm beschworenen Pflichten gewissenhaft zu unterstützen.
    So wahr mir Gott helfe !"

(3) Die Bezüge der Vizebürgermeister bestimmt der Bürgermeister nach Anhörung der Wiener Bürgerschaft.

(4) Die Vizebürgermeister können vom Bürgermeister abberufen werden.

2. Abteilung.
Die Wiener Bürgerschaft.

§ 14. Zusammensetzung. (1) Zur Mitwirkung an der Selbstverwaltung der Stadt ist die Gemeindevertretung, die den Namen Wiener Bürgerschaft führt, in dem durch die Stadtordnung bestimmten Ausmaße berufen. Sie besteht aus 64 Mitgliedern und ist unter Berücksichtigung der berufsständischen Gliederung der Bevölkerung zu bilden. Die Mitglieder müssen in Wien heimatberechtigt, voll handlungsfähig, mindestens 30 Jahre alt, unbescholten sein und in Wien wohnen. Sie führen den Titel "Rat der Stadt Wien". Das Nähere bleibt einer besonderen Regelung vorbehalten.

(2) Bis zu dieser Regelung, die nach Einrichtung der Berufsstände zu erfolgen hat, beruft der Bürgermeister die Mitlgieder der Wiener Bürgerschaft, und zwar:
    12 Mitglieder aus den Kreisen der kulturellen Gemeinschaften, nämlich:
        a) 3 Vertreter der römisch-katholischen Kirche,
        b) 1 Vertreter der evangelischen Kirche,
        c) 1 Vertreter der israelitischen Religionsgesellschaft,
        d) je 1 Vertreter der Kunst und der Wissenschaft,
        e) 5 Vertreter des Schul-, Erziehungs- und Bildungswesens;
    ferner unter Berücksichtigung der selbständigen und der unselbständigen Erwerbstätigen:
    I. je 12 Vertreter der Berufsstände Industrie, Gewerbe, Handel (einschließlich Verkehr),
    II. je 4 Vertreter der Berufsstände Landwirtschaft, Geld- und Kreditwesen, freie Berufe und öffentlicher Dienst.

Die Funktionsdauer beträgt drei Jahre. Dem Bürgermeister steht jedoch das Recht zu, Mitglieder der Wiener Bürgerschaft auch vor Ablauf dieser Funktionsdauer abzuberufen und durch neue für den Rest der Funktionsdauer zu ersetzen. Er ist auch berechtigt, die Wiener Bürgerschaft zur Gänze aufzulösen und sie neu zu bestellen. Er hat die Auflösung auszusprechen und die neuerliche Bildung der Wiener Bürgerschaft einzuleiten, sobald die Einrichtung der Berufsstände erfolgt ist.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 14 Abs. 1 wie folgt geändert:
- im ersten Satz wurden zwischen den Worten "Zur" und "Mitwirkung" die Worte "Gesetzgebung in dem durch die Verfassung 1934 vorgesehenen Umfange sowie zur" eingefügt.
- im dritten Satz wurde die Zahl "30" ersetzt durch: "26".

§ 15. Verlust der Mitgliedschaft. (1) Ein Mitglied der Wiener Bürgerschaft wird seines Amtes verlustig,
1. wenn in Ansehung seiner Person ein Grund eintritt, der es von der Berufung ausgeschlossen hätte,
2. wenn einer der im § 9, Absatz 1, lit. a bis d aufgezählten Fälle eintritt,
3. wenn es das im § 16 geforderte Gelöbnis nicht ablegt,
4. wenn es drei aufeinanderfolgenden Sitzungen unentschuldigt fernbleibt.

(2) Wenn gegen ein Mitglied der Wiener Bürgerschaft wegen einer der im § 9, Absatz 1, lit. b angeführten strafbaren Handlungen ein strafgerichtliches Verfahren eingeleitet wird, darf  es während dieses Verfahrens sein Amt nicht ausüben.

§ 16. Gelöbnis. (1) Jedes Mitglied der Wiener Bürgerschaft hat unmittelbar nach seinem Eintritt in diese Körperschaft in öffentlicher Sitzung zu geloben, dem österreichischen Vaterland jederzeit unbedingte Treue zu bewahren, für die Ehre und das Ansehen der Stadt, für die allgemeine Wohlfahrt, für Freiheit und Gerechtigkeit allzeit einzutreten, den Bürgermeister in Ausübung seines Amtes nach Kräften zu unterstützen, ihm als Oberhaupt der Stadt mit gebührender Achtung zu begegnen, die Aufgaben eines Mitgliedes der Wiener Bürgerschaft mit voller Hingebung und Selbstlosigkeit zu besorgen, die ihm auferlegte Pflicht zur Verschwiegenheit zu erfüllen und diese Stadtordnung getreulich zu beobachten.

(2) Das Gelöbnis wird nach Verlesung der Gelöbnisformel mit den Worten "Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe !" geleistet. Der Angelobte hat überdies die Gelöbnisformel zu unterfertigen.

(3) Ein Gelöbnis unter Vorbehalten oder mit Zusätzen gilt als verweigert.

§ 17. Rechte der Gemeinderatsmitglieder. Die Rechte der Mitglieder der Wiener Bürgerschaft werden, soweit sie nicht in der Stadtordnung festgesetzt sind, in der Geschäftsordnung geregelt.

§ 18. Anzahl und Einberufung der Sitzungen. (1) Die Wiener Bürgerschaft tritt zusammen, so oft es die Geschäfte erfordern.

(2) Die Wiener Bürgerschaft kann sich nur auf Einberufung des Bürgermeisters und, wenn dieser verhindert ist, auf Einberufung des von ihm hiezu ermächtigten Vizebürgermeisters versammeln.

(3) Jede Sitzung, der eine solche Einberufung nicht zugrunde liegt, ist ungesetzlich, und es sind die gefaßten Beschlüsse ungültig. Hinsichtlich aller Zustellung des Bürgermeisters an die Mitglieder der Wiener Bürgerschaft genügt es, wenn die Sendungen der Post behufs Beförderung in den in Wien gelegenen Wohnort rechtzeitig übergeben werden.

(4) Der Bürgermeister ist verpflichtet, eine Sitzung der Wiener Bürgerschaft einzuberufen, sobald dieses Verlangen von wenigstens einem Drittel der Mitglieder schriftlich gestellt wird.

§ 19. Öffentlichkeit und Verhandlungssprache der Sitzungen. (1) Die Sitzungen der Wiener Bürgerschaft sind mit Ausnahme jener, in denen Voranschlag und Rechnungsabschluß verhandelt werden, nicht öffentlich. Die Verhandlungssprache ist die deutsche.

(2) Die den öffentlichen Sitzungen beiwohnenden Zuhörer haben sich jeder Äuerßung zu enthalten. Wenn sie die Beratungen der Wiener Bürgerschaft in irgendeiner Weise stören oder gar seine Freiheit beirren, so ist der Vorsitzende berechtigt und verpflichtet, nach vorausgegangener fruchtloser Mahnung zur Ordnung die Zuhörer aus dem Sitzungssaale entfernen zu lassen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurden im § 19 Abs. 1 erster Satz vor den Worten "nicht öffentlich" die Worte: "und mit Ausnahme der beschlußfassenden Sitzungen gemäß § 53, Absätze 5 und 7" eingefügt.

§ 20. Leitung der Verhandlungen. (1) Der Vorsitz in den Sitzungen der Wiener Bürgerschaft führt der Bürgermeister oder ein Vizebürgermeister. Der Bürgermeister kann auch ein Mitglied der Wiener Bürgerschaft mit der Stellvertretung im Vorsitz betrauen.

(2) Der Vorsitzende hat die Pflicht, dafür zu sorgen, daß nur solche Angelegenheiten der Beratung und Beschlußfassung der Wiener Bürgerschaft unterzogen werden, die in den Wirkungsbereich der Stadt fallen.

§ 21. Beschlußfähigkeit, Beschlußfassung, Geschäftsordnung. (1) Die Wiener Bürgerschaft ist beschlußfähig, wenn wenigstens ein Drittel ihrer Mitglieder versammelt ist. Zur Beschlußfassung über die im § 40, Absatz 1, Punkt 4 und 5 angeführten Gegenstände ist die Anwesenheit von wenigstens der Hälfte der Mitglieder erforderlich.

(2) Zu einem gültigen Beschlusse der Wiener Bürgerschaft ist die einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder erforderlich. Bei gleichgeteilten Stimmen entscheidet die Stimme des Vorsitzenden, der nur in diesem Falle seine Stimme abzugeben hat.

(3) Wahlen sind mittels Stimmzettel vorzunehmen, wenn die Wiener Bürgerschaft nicht anders beschließt.

(4) Die näheren Bestimmungen über die Verhandlungen, insbesondere über die Berichterstattung und Antragstellung, enthält die Geschäftsordnung der Wiener Bürgerschaft.

(5) Die Geschäftsordnung dient der Aufgabe, einerseits die Beratung und Beschlußfassung in wohlgeordneter Weise zu sichern, anderseits einen raschen Fortgang der Verhandlungen zu gewährleisten.

(6) Die erste Geschäftsordnung wird vom Bürgermeister erlassen; Abänderungen erfolgen durch Beschluß der Wiener Bürgerschaft, der der Zustimmung des Bürgermeisters bedarf.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 21 wie folgt geändert:
- im Abs. 1 zweiter Satz ist nach den Worten "Zur Beschlußfassung" die Worte "über Verfassungsgesetze und" eingefügt.
- im Absatz 2 erster Satz wurden die Worte "Zu einem gültigen Beschlusse der Wiener Bürgerschaft ist" ersetzt durch: "Zu Beschlüssen über Verfassungsgesetze ist die Mehrheit von zwei Dritteln, zu sonstigen Beschlüssen".

§ 22. Entschädigungen der Mitglieder der Wiener Bürgerschaft. (1) Die Mitglieder der Wiener Bürgerschaft üben ihr Amt unentgeltlich aus. Die Wiener Bürgerschaft ist jedoch berechtigt, ihren Mitgliedern für die Teilnahme an den Sitzungen Gebühren zuzuerkennen.

(2) Bei Besorgung von Angelegenheiten außerhalb der Stadt Wien haben die Mitglieder der Wiener Bürgerschaft Anspruch auf Vergütung der notwendigen Auslagen.

§ 23. Beiziehung von Beamten und außenstehenden Personen. (1) Den Sitzungen der Wiener Bürgerschaft sind vom Bürgermeister bestimmten Beamten und sachkundigen Personen mit beratender Stimme beizuziehen.

(2) Der Magistratsdirektor ist berechtigt, an allen Sitzungen der Wiener Bürgerschaft mit beratender Stimme teilzunehmen. Ihm und den vom Bürgermeister gemäß Absatz 1 bestimmten Beamten steht das Recht der Antragstellung zu.

§ 24. Sitzungsprotokolle. (1) Über die Verhandlungen der Wiener Bürgerschaft ist ein Protokoll zu führen, in das alle Anträge und alle Beschlüsse aufgenommen werden müssen.

(2) Es ist vom Vorsitzenden und einem Schriftführer zu unterzeichnen, im Archiv der Stadt Wien aufzubewahren und kann von jedem Mitgliede der Wiener Bürgerschaft auf Verlangen eingesehen werden.

§ 25. Vollzug der Beschlüsse. (1) Gültige Beschlüsse der Wiener Bürgerschaft gemäß § 40 sind vom Bürgermeister und den ihm nachgeordneten Organen der Stadtverwaltung zu vollziehen.

(2) Erachtet der Bürgermeister, daß ein Beschluß der Wiener Bürgerschaft den geltenden Vorschriften oder den Interessen der Stadt zuwiderläuft, so ist er verpflichtet, diesen Beschluß nicht zu vollziehen.

3. Abteilung.
Ausschüsse und Kommissionen der Wiener Bürgerschaft.

§ 26. (1) Zur Vorbereitung des Voranschlages (der Wirtschaftspläne) und des Rechnungsabschlusses (der Bilanzen) sowie zur Beschlußfassung über die im § 43 angeführten Angelegenheiten wählt die Wiener Bürgerschaft aus ihrer Mitte einen Haushaltsausschuß.

(2) Zur Entscheidung über Ansuchen um freiwillige Aufnahme oder um Zusicherung der freiwilligen Aufnahme in den Heimatverband wählt die Wiener Bürgerschaft aus ihrer Mitte einen Heimatrechtsausschuß.

(3) Zur Vorberatung der Beschlüsse der Wiener Bürgerschaft können von ihr mit Zustimmung des Bürgermeisters aus ihrer Mitte Kommissionen gewählt werden, die verhalten sind, innerhalb der in der Geschäftsordnung festgesetzten Frist ihren Bericht zu erstatten, widrigenfalls die Wiener Bürgerschaft auf Verlangen des Bürgermeisters in die unmittelbare Beratung einzutreten hat. Auf Verlangen des Bürgermeisters sind solche Kommissionen zu wählen. Der Bürgermeister kann auch die Vorberatung einem der bestehenden Ausschüsse übertragen; in diesem Falle gelten für die Beratung im Ausschuß die gleichen Fristbestimmungen wie für Kommissionen.

(4) Die Ausschüsse und Kommissionen dürfen aus höchstens 15 Mitgliedern der Wiener Bürgerschaft bestehen.

(5) Den Vorsitz in den Kommissionen und Ausschüssen führt der Bürgermeister oder der von ihm bestimmte Vizebürgermeister. Die Sitzungen sind vertraulich.

(6) Die Bestimmungen der §§ 23 und 24 über Beiziehung von Beamten und außenstehenden Personen und über Sitzungsprotokolle gelten auch für die Kommissionen und Ausschüsse.

(7) Gültige Ausschußbeschlüsse sind von den zuständigen Organen zu vollziehen, wenn der Bürgermeister nicht anordnet, den Vollzug des Beschlusses als den geltenden Vorschriften oder den Interessen der Stadt zuwiderlaufend zu unterlassen.

(8) Die näheren Bestimmungen über die Verhandlungen in den Kommissionen und Ausschüssen enthält die Geschäftsordnung, die in der im § 21 angegebenen Art zu erlassen ist.

(9) Der Bürgermeister ist berechtigt, Ausschüsse und Kommissionen jederzeit aufzulösen. Hievon hat er die Wiener Bürgerschaft in Kenntnis zu setzen.

(10) Gegen den Beschluß eines Ausschusses ist eine Berufung ausgeschlossen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde dem § 26 Abs. 3 folgender Satz angefügt:
"Für die Vorberatung von Gesetzesbeschlüssen der Wiener Bürgerschaft gelten die Bestimmungen des § 53."

4. Abteilung.
Der Magistratsdirektor und der Magistrat.

§ 27. (1) Der Magistratsdirektor ist der vom Bürgermeister zur Leitung des gesamten inneren Dienstes berufene rechtskundige Beamte der Stadt. Er untersteht dem Bürgermeister unmittelbar.

(2) Der Magistrat ist die Gesamtheit der in der Verwaltung der Stadt Wien tätigen Behörden und Ämter, soweit sie nicht Bundesbehörden sind. Ihm gehören die magistratischen Bezirksämter an.

(3) An der Spitze des Magistrates stehen der Bürgermeister und als sein unmittelbarer Stellvertreter der Magistratsdirektor. Ihnen steht das Weisungsrecht zu.

(4) Das Personal des Magistrates besteht aus den rechtskundigen Beamten und den sonstigen Fach- udn Verwaltungsbeamten sowie den Hilfskräften.

(5) Die Angestellten des Magistrates, die behördliche Aufgaben zu vollziehen haben, müssen nach den für Bundesangestellte des betreffenden Dienstzweiges geltenden Vorschriften befähigt sein.

(6) Alle Angestellten und Bediensteten des Magistrates, wo immer sie in Verwendung stehen, sind in dienstrechtlicher Beziehung dem Bürgermeister und dem Magistratsdirektor unterstellt.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, erhielt der § 27 Abs. 2 letzter Satz folgende Fassung:
"Ihm gehören die Bezirkshauptmannschaften und die für bestimmte, über einen Bezirk hinausreichende Angelegenheiten eingerichteten Besonderen Stadtämter an."

5. Abteilung.
Die Bezirksvertretungen und die Bezirksvorsteher.

§ 28. (1) Mitglieder der Bezirksvertretung sind der Bezirksvorsteher, seine Stellvertreter und die Bezirksräte. Die Zahl der Stellvertreter und der Bezirksräte wird vom Bürgermeister festgesetzt. Die genannten Personen müssen nach Wien zuständig, voll handlungsfähig, mindestens 30 Jahre alt sein, die für diese Funktion notwendige Unbescholtenheit haben, im Bezirke wohnen und dürfen weder im Genusse einer Armenunterstützung stehen noch im letzten Halbjahr gestanden sein.

(2) Die Mitglieder der Bezirksvertretung werden vom Bürgermeister auf die Dauer von fünf Jahren aus den Reihen der Fürsorgeräte berufen. Die genannten Personen haben vor Antritt ihres Amtes vor dem Bürgermeister oder dem von diesem bestimmten Vertreter eidlich zu geloben, dem österreichischen Vaterlande jederzeit unbedingte Treue zu bewahren, für die Ehre und das Ansehen der Stadt, für die allgemeine Wohlfahrt allzeit einzutreten, dem Bürgermeister als Oberhaupt der Stadt mit gebührender Achtung zu begegnen, die ihnen anvertrauten Amtsgeschäfte selbstlos, treu und gewissenhaft zu besorgen, die bestehenden Gesetze und Vorschriften für die Armenpflege genau zu beachten und sowohl die Interessen der Stadt Wien als auch die der zu Befürsorgenden jederzeit im Auge zu behalten und das Amtsgeheimnis zu wahren. Das Gelöbnis wird nach Verlesung der Gelöbnisformel mit den Worten "Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe !" geleistet. Die Verweigerung des Gelöbnisses oder die Ablegung unter Vorbehalten macht die Berufung hinfällig.

(3) Bei der ersten Bestellung der Mitglieder der Bezirksvertretung auf Grund dieser Stadtordnung können auch Personen berufen werden, die keine Fürsorgeräte sind. Die Funktionen der derzeitigen Mitglieder der Bezirksvertretungen erlöschen mit der Bestellung der neuen Mitglieder.

(4) Dem Bürgermeister steht das Recht zu, Mitglieder der Bezirksvertretung auch vor Ablauf der Funktionsdauer abzuberufen und durch neue für den Rest der Funktionsdauer zu ersetzen. Der Bürgermeister hat auch das Recht, die gesamte Bezirksvertretung aufzulösen und sie neu zu berufen.

(5) Ein Mitglied der Bezirksvertretung wird seines Amtes verlustig, wenn in Ansehung seiner Person ein Grund eintritt, der es von der Berufung ausgeschlossen hätte, oder wenn es wegen einer der im § 9, Absatz 1, lit. b angeführten strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist. § 15, Absatz 2 gilt auch für die Mitglieder der Bezirksvertretung.

(6) Die Mitglieder der Bezirksvertretungen üben ihr Amt unentgeltlich aus. Inwiefern ihnen die Barauslagen bei Kommissionen usw. zu vergüten sind, bestimmt die Wiener Bürgerschaft. Diese setzt auch fest, ob und in welcher Höhe dem Bezirksvorsteher und seinen Stellvertretern eine Entschädigung zukommt.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde im § 28 Abs. 1 die Zahl "30" ersetzt durch: "26".

§ 29. (1) Die Sitzungen der Bezirksvertretung sind mindestens in jedem Halbjahr einmal vom Bezirksvorsteher einzuberufen und unter seinem Vorsitz oder dem eines seiner Stellvertreter abzuhalten. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Zu ihrer Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von wenigstens einem Drittel der Mitglieder erforderlich. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der Stimmberechtigten gefaßt.

(2) Nach Bedarf, auf Verlangen des Bürgermeisters oder auf Verlangen eines Drittels der Mitglieder, sind außerordentliche Sitzungen einzuberufen.

(3) Von jeder Sitzung ist der Bürgermeister rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen. Es steht ihm oder dem von ihm hiezu Beauftragten jederzeit frei, in der Sitzung der Bezirksvertretung das Wort zu ergreifen, ohne jedoch an der Abstimmung teilzunehmen.

(4) Die Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen erläßt der Bürgermeister.

(5) Der Bezirksvorsteher ist verpflichtet, die Ausführung von Beschlüssen der Bezirksvertretung, die gegen bestehende Vorschriften verstoßen oder den Interessen des Bezirkes oder der Stadt zuwiderlaufen, aufzuschieben und binnen acht Tagen die Entscheidung des Bürgermeisters darüber einzuholen, ob der Beschluß zu vollziehen ist oder nicht.

§ 30. (1) Zur Unterstützung des Bezirksvorstehers in der Fürsorgetätigkeit werden vom Bürgermeister auf Vorschlag der Bezirksvertretung Hilfsorgane, die den Titel "Fürsorgerat" führen und ihre Funktion ehrenamtlich auszuüben haben, in der erforderlichen Anzahl berufen. Die Fürsorgeräte müssen für diese Funktion die gleiche Eignung besitzen wie die Bezirksräte für ihre Funktion. Hinsichtlich Funktionsdauer, Gelöbnis, Abberufung sowie Verlust und Ruhen der Funktion gelten die Vorschriften für Bezirksräte.

(2) Die derzeit bestellten Fürsorgeräte gelten als im Sinne des Absatzes 1 berufen.

6. Abteilung.
Die städtischen Unternehmungen.

§ 31. (1) Wirtschaftliche Einrichtungen der Stadt Wien, die von ihr unmittelbar verwaltet werden und denen die Wiener Bürgerschaft die Eigenschaft einer Unternehmung zuerkennt, gelten als Unternehmungen der Stadt im Sinne der Stadtordnung. Sie stehen unter der Leitung eines Direktors.

(2) Die Unternehmungen und das bei ihnen in Verwendung stehende Personal sind dem Bürgermeister und in seiner Stellvertretung dem Magistratsdirektor unterstellt.

(3) Die Wiener Bürgerschaft beschließt unter Berücksichtigung der vorstehenden Bestimmungen für die Unternehmungen Organisationsstatuten. In diesen ist der Wirkungsbereich der einzelnen Organe zu regeln.

(4) Jedenfalls sind vorzubehalten:
1. Der Wiener Bürgerschaft:
    a) die Beschlußfassung über die Errichtung oder Auflassung einer Unternehmung;
    b) die Zuerkennung der Eigenschaft einer Unternehmung;
    c) die Beschlußfassung über die Organisationsstatuten,
    d) die Beschlußfassung über die Grundsätze für die Erstellung von Tarifen,
    e) die Bewilligung von Ausgaben, die einen in den Organisationsstatuten festzusetzenden Betrag überschreiten,
    f) die Genehmigung der Wirtschaftspläne und der Bilanzen;
2. den Direktoren der städtischen Unternehmungen alle jene Angelegenheiten, für die nach den vorstehenden Bestimmungen oder den Organisationsstatuten kein anderes Organ der Gemeindeverwaltung zuständig ist.

7. Abteilung.
Organisation der Verwaltung.

§ 32. (1) An der Spitze der gesamten Verwaltung der Stadt Wien steht der Bürgermeister. Ihm ist der Magistratsdirektor als oberster Beamter unmittelbar unterstellt.

(2) Zur einheitlichen Führung sachlich zusammengehörender Verwaltungsgeschäfte können vom Bürgermeister Verwaltungsgruppen gebildet werden, deren Leiter vom Bürgermeister bestimmte städtische Angestellte sind. Sie sind dem Magistratsdirektor unterstellt. Ihren Wirkungsbereich regeln die Geschäftseinteilung und die Geschäftsordnung (§ 36).

(3) Die Stellung des Kontrollamtes ist im § 33 geregelt.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 32 wie folgt geändert:
- der Absatz 2 wurde gestrichen.
- der bisherige Absatz 3 wurde Absatz (2).

8. Abteilung.
Das Kontrollamt.

§ 33. (1) Die Rechnungs- und Gebarungskontrolle der Ämter, Anstalten, Betriebe und Unternehmungen der Stadt obliegt dem Kontrollamt. Ihm kann auch die Überprüfung der Gebarung von Unternehmen übertragen werden, an denen die Stadt finanziell beteiligt ist. Seine Tätigkeit regelt eine vom Bürgermeister zu erlassende Geschäftsordnung. Das Kontrollamt ist vom Magistrat und den Unternehmungsdirektionen unabhängig; es untersteht unmittelbar dem Bürgermeister, dem es über wichtige Wahrnehmungen zu berichten hat. Alljährlich hat es dem Bürgermeister einen zusammenfassenden Bericht über die Wahrnehmungen im abgelaufenen Geschäftsjahr zu erstatten. Der Bürgermeister legt den Bericht der Wiener Bürgerschaft vor.

(2) Der Direktor des Kontrollamtes wird vom Bürgermeister bestellt.

(3) Das übrige Personal ist auf Vorschlag des Kontrollamtsdirektors aus den städtischen Angestellten zuzuteilen. Der Kontrollamtsdirektor ist der Vorstand des zugeteilten Personals.

(4) Führt eine Beanständigung oder Anregung des Kontrollamtes nicht zu dem von ihm beabsichtigten Ergebnis, so kann es die Angelegenheit dem Bürgermeister  zur Entscheidung vorlegen.

9. Abteilung.
Dienstrecht der Angestellten der Stadt.

§ 34. Das Dienstverhältnis der Angestellten sowie die aus ihm entstehenden Rechte und Pflichten werden in der Dienstordnung und den sonstigen grundsätzlichen Bestimmungen über das Dienstverhältnis geregelt.

3. Hauptstück.
Vom Wirkungsbereich der Bundeshauptstadt Wien und ihrer Verwaltungsorgane.

1. Abteilung.
Einteilung des Wirkungsbereiches
.

§ 35. Einteilung des Wirkungsbereiches. (1) Der Wirkungsbereich der Bundeshauptstadt Wien ist:
a) ein selbständiger,
b) ein staatlicher.

(2) Der selbständige Wirkungsbereich umfaßt die Wirkungsbereiche, diesonst einem Lande oder einer Gemeinde zukommen.

(3) Der staatliche Wirkungskreis umfaßt die Besorgung der bundesstaatlichen Verwaltung, die sonst einer Gemeinde, einer politischen Beirks- oder Landesbehörde obliegt; seinen Umfang bestimmt die Bundesgesetzgebung.

(4) Der selbständige Wirkungsbereich wird von den im § 10, Absatz 1 aufgezählten Organen ausgeübt, der staatliche vom Bürgermeister, dem Magistrat und den magistratischen Bezirksämtern.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 35 wie folgt geändert:
- die Abs. 2 und 3 erhielten folgende Fassung:
"(2) Der selbständige Wirkungsbereich umfaßt den selbständigen Wirkungsbereich des Landes und den eigenen Wirkungskreis der Ortsgemeinde gemäß Artikel 142, Absatz 1, der Verfassung 1934.
(3) Der staatliche Wirkungsbereich umfaßt die mittelbare Bundesverwaltung und den übertragenen Wirkungskreis der Ortsgemeinde gemäß Artikel 142, Absatz 2, der Verfassung 1934."
- der Abs. 4 wurde gestrichen.

2. Abteilung.
Vom Wirkungsbereich des Bürgermeisters.

§ 36. (1) Der Bürgermeister ist das Oberhaupt der Bundeshauptstadt Wien. Er vertritt die Stadt als juristische Person nach außen in allen Angelegenheiten.

(2) Er ist insbesondere berechtigt und verpflichtet, über die Einhaltung der durch die Stadtordnung für die einzelnen Organe bestimmten Wirkungsbereiche zu wachen.

(3) Er ist für seine Amtshandlungen und die ordnungsgemäße Geschäftsführung der ihm nachgeordneten Organe (Absatz 6) verantwortlich.

(4) Der Bürgermeister wird im Falle seiner Verhinderung von dem von ihm bestimmten Vizebürgermeister, beziehungsweise vom Magistratsdirektor vertreten. Der Stellvertreter ist gleich dem Bürgermeister verantwortlich.

(5) Der Bürgermeister führt den Vorsitz in den Sitzungen der Wiener Bürgerschaft, der Ausschüsse und Kommissionen.

(6) Ihm sind die Vizebürgermeister, der Magistratsdirektor, alle Angestellten und Bediensteten der Stadt sowie ihrer Anstalten untergeordnet. Sie haben sich seinen Weisungen unter seiner Verantwortung zu fügen. Die Disziplinargewalt übt er nach den bestehenden Bestimmungen aus.

(7) Der Bürgermeister erläßt die Geschäftsordnung und die Geschäftseinteilung für den Magistrat und die Geschäftsordnung für das Kontrollamt. Dem Bürgermeister steht die Aufnahme und die Zuweisung des Personals beim Magistrat, bei den städtischen Unternehmungen, beim Kontrollamt und bei allen Anstalten der Stadt zu. Er bedient sich hiebei des Magistratsdirektors als seines unmittelbaren Stellvertreters.

(8) Er veranlaßt die periodische Skontierung der Kassen.

§ 37. Der Bürgermeister ist berechtigt, bei dringlichen Fällen in Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich der Wiener Bürgerschaft oder eines Ausschusses fallen, unter seiner Verantwortung Anordnungen zu treffen. Er hat diese jedoch dem zuständigen Gemeindeorgane zur Kenntnis zu bringen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde dem § 37 folgender Absatz angefügt:
"(2) Hinsichtlich Gesetzesvorlagen gelten die Bestimmungen des § 53, Absatz 4, vorletzter und letzter Satz."

§ 38. Dem Bürgermeister obliegt außer den ihm durch die Stadtordnung an anderer Stelle übertragenen Geschäften:
1. die Ernennung des Magistratsdirektors, der aus dem Stande der rechtskundigen Beamten der Stadt Wien auszuwählen ist;
2. die Genehmigung des Stellenplanes, die Ernennung (Stellenbesetzung) und Auszeichnung (Beförderung, Belohnung) der Angestellten udn Bediensteten;
3. die Entscheidung über Dienstesentsagungen und Versetzung in den zeitlichen und bleibenden Ruhestand;
4. die Ausübung des Präsentationsrechtes der Stadt rücksichtlich der Ernennung der Lehrpersonen;
5. die Ausübung des Präsentationsrechtes der Stadt aus dem Titel des Patronats;
6. die Bewilligung zur Einbringung von Beschwerden oder Klagen an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof;
7. die Entsendung von Vertretern der Stadt;
8. die Oberaufsicht über die Geschäftsführung aller Ämter, Unternehmungen, Betriebe und Anstalten der Stadt; er ist berechtigt, die Geschäftsführung zu untersuchen oder durch Beauftragte untersuchen zu lassen, die Vorlage aller einschlägigen Akten, Urkunden, Rechnungen, Schriften, und Berichte zu verlangen. Es steht ihm das Recht zu, in allen Fällen den Gegenstand unter seiner Verantwortung zu erledigen, es sei denn, daß eine Berufung an den Magistrat oder an den Bürgermeister im Verfahren vorgesehen ist.

3 Abteilung.
Vom Wirkungsbereich der Wiener Bürgerschaft.

§ 39. Die Wiener Bürgerschaft ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen berufen, für die Stadt Wien bindende Beschlüsse zu fassen. Sie hat die Ehre und das Ansehen der Stadt, ihren christlichen, deutschen Charakter zu wahren, der allgemeinen Wohlfahrt zu dienen, die Interessen der Stadt zu schützen und für ihre Befriedigung durch gesetzliche Mittel mitzusorgen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde dem § 39 folgender Absatz angefügt:
"(2) Die Mitwirkung der Wiener Bürgerschaft an der Gesetzgebung ist im 4. Hauptstück geregelt."

§ 40. (1) Der Beschlußfassung der Wiener Bürgerschaft sind außer den ihr in der Stadtordnung an anderen Stellen zugewiesenen Geschäften  folgende Angelegenheiten vorbehalten:
1. die Genehmigung des Voranschlages und der Wirtschaftspläne (§ 41);
2. die Genehmigung des Rechnungsabschlusses und der Bilanzen (§ 42);
3. die Erwerbung unbeweglicher Güter oder ihnen gleichgehaltener Rechte, wenn der Kaufpreis oder Tauschwert 100.000 S übersteigt;
4. die Veräußerung oder Verpfändung von unbeweglichem Gemeindevermögen oder Gemeindegut (§ 288 a. d. G. B.) im Werte von mehr als 50.000 S;
5. die Aufnahme von Anleihen und Darlehen sowie die Leistung von Bürgschaften durch die Stadt; die Beschlußfassung über die Errichtung und Auflösung von städtischen Anstalten und Fonds mit Rechtspersönlichkeit;
6. die Bewilligung zur Ausführung von Neubauten auf Kosten der Stadt, wenn die veranschlagten Gesamtkosten mehr als 100.000 S betragen und der Bau nicht bereits in dem von der Wiener Bürgerschaft genehmigten Voranschlag ausdrücklich vorgesehen ist;
7. die Bewilligung von Ausgaben, die im Voranschlag nicht vorgesehen sind, wenn es sich um Beträge von mehr als 100.000 S handelt;
8. die Ausschreibung von Abgaben, Zuschlägen, Umlagen, Gebühren und Taxen zur Deckung der Bedürfnisse der Stadt sowie die Festsetzung von Entgelten für Leistungen der Stadt;
9. die Abschreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen der Stadt wegen Uneinbringlichkeit sowie die Nachsicht oder Herabsetzung privatrechtlicher Forderungen, wenn der Betrag, der abgeschrieben, nachgesehen oder um den herabgesetzt werden soll, 100.000 S übersteigt;
10. die Verleihung und Aberkennung des Ehrenbürgerrechtes;
11. die Aberkennung des Bürgerrechtes;
12. die Verleihung von Ehrengaben und deren Einstellung.

(2) Diese Bestimmungen gelten auch für die Fonds der Stadt Wien, die in ihrer Verwaltung stehen.

(3) Gegen Beschlüsse der Wiener Bürgerschaft ist eine Berufung ausgeschlossen.

§ 41. Feststellung des Voranschlages und der Wirtschaftspläne. (1) Der Entwurf des Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben für die gesamte Verwaltung der Stadt Wien mit Ausnahme der städtischen Unternehmungen ist vom Magistrat für jedes Verwaltungsjahr, das mit dem des Bundes zusammenfällt, aufzustellen.

(2) Für jede der städtischen Unternehmungen hat der zuständige Direktor den Entwurf des Wirtschaftsplanes für das kommende Jahr, das heißt des Voranschlages über ihre voraussichtlichen Lasten und Erträgnisse sowie ihres Programms über Investitionen und Inventaranschaffungen, aufzustellen.

(3) Die Entwürfe des Voranschlages und der Wirtschaftspläne sind von den genannten Stellen dem Bürgermeister vorzulegen.

(4) Dieser übermittelt die Entwürfe spätestens sechs Wochen vor Beginn des Verwaltungsjahres dem Haushaltsausschuß (§ 26, Absatz 1) zur Vorberatung. Für die Vorberatung gelten die Fristbestimmungen für Kommissionen (§ 26, Absatz 3).

(5) Vor der Beratung durch die Wiener Bürgerschaft ist der Voranschlagsentwurf während einer Woche zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Dies ist in den Bezirken durch Anschlag an der Amtstafel, ferner durch Verlautbarung in der "Wiener Zeitung" kundzumachen. Die allfälligen Erinnerungen der Gemeindemitglieder werden zu Protokoll genommen und sind bei der Beratung in Erwägung zu ziehen.

(6) Werden der Voranschlag und die Wirtschaftspläne nicht rechtzeitig verabschiedet, so hat der Bürgermeister gemäß § 37 die notwendigen Verfügungen zu treffen.

(7) Die Ansätze des genehmigten Voranschlages sind für alle Organe verbindlich.

(8) Ergibt sich die Notwendigkeit, einen Voranschlagsansatz zu überschreiten, so ist die Genehmigung des Bürgermeisters einzuholen. Von derart genehmigten Überschreitungen ist der Haushaltsausschuß (§ 26, Absatz 1) periodisch in Kenntnis zu setzen.

§ 42. Prüfung und Erledigung der Rechnungen. (1) Längstens zehn Monate nach Ablauf des Verwaltungsjahres hat der Magistrat die gehörig belegten Jahresrechnungen über die Einnahmen und Ausgaben der gesamten Verwaltung der Stadt Wien mit Ausnahme der städtischen Unternehmungen nach Prüfung durch das Kontrollamt dem Bürgermeister vorzulegen.

(2) Zu dem gleichen Zeitpunkt haben die zuständigen Direktoren die Bilanzen der städtischen Unternehmungen nach Prüfung durch das Kontrollamt dem Bürgermeister vorzulegen.

(3) Dieser übermittelt den Rechnungsabschluß und die Bilanzen dem Haushaltsausschuß (§ 26, Absatz 1) zur Vorberatung. Für diese Vorberatung gelten die Fristbestimmungen für Kommissionen (§ 26, Absatz 3).

(4) Durch 14 Tage vor der Beratung des Rechnungsabschlusses in der Wiener Bürgerschaft ist dieser zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Dies ist in den Bezirken durch Abschlag an der Amtstafel, ferner durch Verlautbarung in der "Wiener Zeitung" kundzumachen. Die allfälligen Erinnerungen der Gemeindemitglieder werden zu Protokoll genommen und sind bei der Beratung in Erwägung zu ziehen.

4. Abteilung.
Vom Wirkungsbereich des Haushaltsausschusses.

§ 43. (1) Der Beschlußfassung des Haushaltsausschusses sind folgende Angelegenheiten vorzubehalten:
1. die Bewilligung zu Ausgaben, die im Voranschlage nicht vorgesehen sind, wenn es sich um Beträge bis höchstens 100.000 S handelt;
2. die Erwerbung unbeweglicher Güter oder ihnen gleichgehaltener Rechte, wenn der Kaufpreis oder Tauschwert mehr als 10.000 S beträgt, jedoch 100.000 S nicht übersteigt;
3. die Veräußerung oder Verpfändung von unbeweglichem Gemeindevermögen oder Gemeindegut (§ 288 a. b. G. B.)  im WErte von mehr als 5000 S, jedoch nicht mehr als 50.000 S, sowie von beweglichem Gemeindevermögen (§ 288 a. b. G. B.) im Werte von mehr als 30.000 S;
4. der Abschluß und die Auflösung von Bestand- und sonstigen privatrechtlichen Verträgen, wenn das bedungene Entgelt jährlich mehr als 10.000 S beträgt und die Vertragsdauer drei Jahre übersteigt;
5. die Bewilligung zur Ausführung von Neubauten auf Kosten der Stadt, wenn die veranschlagten Gesamtkosten mehr als 10.000 S, jedoch nicht mehr als 100.000 S betragen und der Bau nicht bereits in dem von der Wiener Bürgerschaft genehmigten Voranschlag ausdrücklich vorgesehen ist;
6. die Gewährung von Darlehen;
7. die Abschreibung öffentlich-rechtlicher Forderungen der Stadt wegen Uneinbringlichkeit sowie die Nachsicht oder Herabsetzung privatrechtlicher Forderungen, wenn der Betrag, der abgeschrieben, nachgesehen oder um den herabgesetzt werden soll, mehr als 10.000 S, jedoch nicht mehr als 100.000 S beträgt;
8. die Nachsicht von Mängelersätzen im Betrage von mehr als 10.000 S.

(2) Die Beschlußfassung nach Absatz 1, Punkt 2 bis 6 ist an die Voraussetzung gebunden, daß die zu beschließende Ausgabe im Voranschlag bedeckt ist oder daß gleichzeitig eine Bewilligung gemäß Punkt 1 des Absatzes 1 gegeben wird oder daß eine Bewilligung gemäß § 40, Absatz 1, Punkt 7 oder § 41, Absatz 8 vorliegt.

(3) Außerdem obliegt dem Haushaltsausschuß die Vorberatung der im § 40 , Absatz 1, Punkt 1 bis 9 angeführten Angelegenheiten. Für die Vorberatungen gelten die Fristbestimmungen für Kommissionen (§ 26, Absatz 3).

(4) Den Wirkungsbereich des Haushaltsausschusses im Bereiche der Verwaltung der städtischen Unternehmungen regeln die Organisationsstatuten (§ 31).

5 Abteilung.
Geschäfte des Magistrats.

§ 44. (1) Dem Magistrate obliegen alle Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches, die keinem instanzmäßigem Verwaltungsverfahren unterworfen und in der Stadtordnung keinem anderen Organ übertragen sind. Ausgenommen sind die Geschäfte der städtischen Unternehmungsverwaltung.

(2) Der Magistrat hat sich bei seiner Geschäftsführung an die Ansätze des Voranschlages zu halten und darf Ausgaben im Rahmen seines Wirkungsbereiches nur dann anordnen, wenn diese im Vorschlage bedeckt oder gemäß § 40, Absatz 1, Punkt 7, § 41, Absatz 8 oder § 43, Absatz 1, Punkt 1 bewilligt sind.

(3) Insbesondere obliegen ihm:
1. die unmittelbare Verwaltung des Vermögens der Stadt Wien sowie die von ihr verwalteten Fonds und Stiftungen;
2. die Eintreibung aller öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen gemäß § 40, Absatz 1, Punkt 8 nach den jeweils für das Verwaltungsvollstreckungsverfahren geltenden Bestimmungen oder im gerichtlichen Wege auf Grund eines von ihm bestätigten Rückstandsausweises,
3.die vorbereitende Berichterstattung und Antragstellung in allen Fällen, in denen die Wiener Bürgerschaft oder ein Ausschuß zur Entscheidung berufen ist,
4. die Gewährung von Anerkennungsgaben bis zum Betrage von 300 S.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 44 wie folgt geändert:
- im Abs. 3 wurde die Ziffer 2 gestrichen und die bisherigen Ziffern 3 und 4 wurden Ziffern 2 und 3.
- folgender Absatz wurde angefügt:
"(4) An der Vorbereitung der Entscheidungen der II. Instanz hat der Magistrat gemäß den Weisungen des Bürgermeisters mitzuwirken. Von der Mitwirkung sind die Bezirkshauptmannschaften und die Besonderen Stadtämter ausgeschlossen."

§ 45. Betriebe. Verwaltungszweige, die sich ihrer Natur nach dazu eignen, können durch Beschluß der Wiener Bürgerschaft als Betrieb organisiert werden. Sie können mit einem die Zuständigkeit des Magistrats überschreitenden Wirkungsbereich ausgestattet werden. Jedoch sind auch sie dem Bürgermeister und dem Magistratsdirektor untergeordnet und in die allfällig bestehende Verwaltungsgruppeneinteilung einzubeziehen. Die näheren Bestimmungen sind im Organisationsstatut für die städtischen Betriebe enthalten.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurden im § 45 dritter Satz die Worte "und in die allfällig bestehende Verwaltungsgruppeneinteilung einzubeziehen" gestrichen.

§ 46. Lokalpolizei. (1) Dem Magistrat steht das Recht zu, in Angelegenheiten der der Stadt zustehenden Lokalpolizei allgemeine Anordnungen und Verbote zu erlassen und Geldstrafen zu Gunsten des Armenfonds (allgemeinen Versorgungsfonds) bis zum Betrage von 200 S oder Arreststrafen bis zu 14 Tagen für deren Übertretung festzusetzen.

(2) Die Anordnungen und Verbote werden durch Kundmachungen verlautbart, die vom Magistrat an den Amtstafeln für mindestens acht Tage anzuschlagen sind. Der Magistrat kann aber auch verfügen, daß sie von den Hauseigentümern oder deren Beauftragten in den Häusern im Hausflur oder Stiegenhaus an einem allen Hausparteien zugänglichen Ort anzuschlagen sind.

(3) Die Handhabung der Lokalpolizei kommt nach Maßgabe der Bestimmungen der Geschäftseinteilung (§ 36) dem Magistrat zu.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde an dieser Stelle folgende Überschrift eingefügt:

"6. Abteilung.
Geschäfte der Bezirkshauptmannschaften und der Besonderen Stadtämter.
"

§ 47. Magistratische Bezirksämter. (1) In den Bezirken bestehen magistratische Bezirksämter, welche die nach der Geschäftseinteilung (§ 36) der dezentralisierten Behandlung zugewiesenen Angelegenheiten selbständig besorgen. Erforderlichenfalls können für bestimmte räumlich abliegende Bezirksteile einzelne Beamte mit besonderen Vollmachten vom Bürgermeister bestellt werden. Der Bürgermeister ist auch berechtigt, für zwei oder mehrere benachbarte Bezirke ein gemeinsames magistratisches Bezirksamt aufzustellen.

(2) Der Bürgermeister kann zur Erzielung eines leichteren amtlichen Verkehres für einzelne Teile größerer Stadtbezirke einzelne Personen als Beauftragte bestellen, die in dem ihnen zugewiesenen Gebiete jene Amtshandlungen des selbständigen und staatlichen Wirkungsbereiches, die ihnen vom Bürgermeister zugewiesen werden, nach den Weisungen des Bezirksamtsleiters zu besorgen haben. Sie müssen in dem Bezirksteil, für den sie bestellt werden, ihren ordentlichen Wohnsitz haben.

(3) Das magistatische Bezirksamt untersteht unmittelbar dem Magistrate.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, erhielt der § 47 folgende Fassung:
"§ 47. (1) Zur Besorgung der Geschäfte des staatlichen Wirkungsbereiches I. Instanz, soweit zur Besorgung dieser Geschäfte nicht eigene Bundesbehörden berufen sind, werden Bezirkshauptmannschaften eingerichtet, welche die zugewiesenen Geschäfte selbständig besorgen. Erforderlichenfalls können für bestimmte räumlich abliegende Bezirksteile einzelne Beamte mit besonderen Vollmachten vom Bürgermeister bestellt werden. Der Bürgermeister ist auch berechtigt, für zwei oder mehrere benachbarte Bezirke eine gemeinsame Bezirkshauptmannschaft aufzustellen.
(2) Für bestimmte, in ihrer Bedeutung über einen Bezirk hinausreichende Angelegenheiten der im Absatz 1 bezeichneten Art können vom Bürgermeister unter der Leitung von ihm bestimmter Beamten (§ 10, Absatz 1, Punkt 4) Besondere Stadtämter eingerichtet werden.
(3) Den Bezirkshauptmannschaften, beziehungsweise den Besonderen Stadtämtern obliegt die Eintreibung aller öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen gemäß § 40, Absatz 1, Punkt 8, nach den jeweils für das Verwaltungsvollstreckungsverfahren geltenden Bestimmungen oder im gerichtlichen Wege auf Grund eines von einer der beiden Behörden bestätigen Rückstandsausweises.
(4) Die Verteilung der Geschäfte auf die Bezirkshauptmannschaften und auf die Besonderen Stadtämter bestimmt die Geschäftseinteilung (§ 36), die auch zu bestimmen hat, welche Geschäfte des selbständigen Wirkungsbereiches durch diese Behörden zu führen sind.
(5) Die Bestellung der Bezirkshauptmänner bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers.
(6) Den Bezirkshauptmannschaften und den Besonderen Stadtämtern ist aus dem Stande der Angestellten der Stadt das erforderliche Personal zuzuteilen. Dieses ist dem Bezirkshauptmann, beziehungsweise dem das Besondere Stadtamt leitenden Beamten unterstellt.
(7) Der Bürgermeister kann zur Erzielung eines leichteren amtlichen Verkehres und zur Unterstützung der Bezirkshauptmannschaften (der Besonderen Stadtämter) für einzelnen Teile größerer Bezirke einzelne Personen als Beauftragte bestellen, die in dem ihnen zugewiesenen Gebeite jene Amtshandlungen des selbständigen und des staatlichen Wirkungsbereiches, die ihnen vom Bürgermeister zugewiesen werden, nach den Weisungen des Bezirkshauptmannes (des das Besondere Stadtamt leitenden Beamten) zu besorgen haben. Sie müssen in dem Bezirksteil, für den sie bestellt werden, ihren ordentlichen Wohnsitz haben.
(8) In welcher Weise die Bezirksvorsteher und die Bezirksvertretungen an der Bezirksverwaltung mitzuwirken haben, regelt der Bürgermeister."

6. Abteilung.
Geschäfte der Bezirksvorsteher und der Bezirksvertretungen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der die 6. Abteilung zur 7. Abteilung.

§ 48. (1) Die Bezirksvorsteher sind Organe der Stadt in Fürsorgeangelegenheiten im Rahmen der Vorschriften für die Armenpflege. Sie haben ihre Aufgaben entweder selbst zu vollziehen oder sie durch die Bezirksräte und die Fürsorgeräte vollziehen zu lassen.

(2) In den zugewiesenen Fürsorgeangelegenheiten entscheidet der Bezirksvorsteher.

(3) Die Bezirksvertretung besorgt jene, in ihrer Geschäftsordnung näher zu bezeichnenden Angelegenheiten, welche die Interessen des Bezirkes zunächst berühren, und innerhalb seiner Bezirksgrenzen vollständig durchgeführt werden können. In diesen Angelegenheiten ist sie berechtigt, an den Bürgermeister Anträge zu stellen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde dem § 48 folgender Absatz angefügt:
"(4) Die Vorschrift des § 47, Absatz 8, wird durch diese Bestimmungen nicht berührt."

7. Abteilung.
Vom Wirkungsbereich der Direktoren der städtischen Unternehmungen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der die 7. Abteilung zur 8. Abteilung.

§ 49. Der Wirkungsbereich der Direktoren der städtischen Unternehmungen ist in den Organisationsstatuten für die städtischen Unternehmungen geregelt.

8. Abteilung.
Instanzenzug.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der die 8. Abteilung zur 9. Abteilung.

§ 50. (1) Das Recht zur Einbringung einer Berufung oder eines sonstigen Rechtsmittels richtet sich nach den Verwaltungsvorschriften.

(2) Sofern nicht durch besondere Bestimmungen eine andere Beschwerdeinstanz gegeben ist, entscheidet in den zum selbständigen Wirkungsbereich gehörenden Angelegenheiten, für welche die Verwaltungsverfahrensgesetze Anwendung zu finden haben, über Berufungen gegen Bescheide des Magistrates oder eines magistratischen Bezirksamtes der Bürgermeister endgültig.

(3) Für den Instanzenzug im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung gelten die Vorschriften des Artikels 109 des Bundes-Verfassungsgesetzes und des § 20, Absatz 2 des Artikels II des Bundesverfassungsgesetzes vom 7. Dezember 1929, B. G. Bl. Nr. 393.

(4) In den dem Bezirksvorsteher zur Entscheidung überlassenen Fürsorgeangelegenheiten geht der Instanzenzug an den Magistrat, der endgültig entscheidet.

(5) Die Bearbeitung der Berufungsfälle darf keinesfalls von denselben Organen besorgt werden, die an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in I. Instanz mitgewirkt haben. In der Geschäftseinteilung und Geschäftsordnung (§ 36) ist hiefür das Entsprechende vorzusorgen.

(6) Über Berufungen gegen erstinstanzliche Entscheidungen einer Bundesbehörde in dem einem Lande zukommenden selbständigen Wirkungsbereiche entscheidet der Bürgermeister.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, erhielt der § 50 folgende Fassung:
"§ 50. (1) Das Recht zur Einbringung einer Berufung oder eines sonstigen Rechtsmittels richtet sich nach den Verwaltungsvorschriften.
(2) Sofern nicht durch besondere Bestimmungen eine andere Beschwerdeinstanz gegeben ist, entscheidet in den zum selbständigen Wirkungsbereich gehörenden Angelegenheiten, für welche die Verwaltungsverfahrensgesetze Anwendung zu finden haben, über Berufungen gegen Bescheide einer Bezirkshauptmannschaft, eines Besonderen Stadtamtes oder einer mit der Vollziehung in I. Instanz betrauten Bundesbehörde der Bürgermeister endgültig.
(3) Im staatlichen Wirkungsbereich entscheidet über Berufungen gegen bescheide einer Bezirkshauptmannschaft, eines Besonderen Stadtamtes oder einer in mittelbarer Bundesverwaltung in I. Instanz tätigen Bundesbehörde der Bürgermeister endgültig. In den Angelegenheiten des Wasserrechtes und in jenen des Gewerbes und der Industrie ist ein weiterer Rechtszug gemäß den Bestimmungen des § 36 des Bundesverfassungsgesetzes vom 19. Juni 1934, B. G. Bl. II Nr. 75, zulässig.
(4) Der Bürgermeister trifft die Entscheidung oder die Verfügung in jenen Angelegenheiten des selbständigen und staatlichen Wirkungsbereiches, in denen die Landesinstanz erste Instanz ist. Gegen derartige Bescheide des Bürgermeisters im staatlichen Wirkungsbereiche geht der Instanzenzug an das zuständige Bundesministerium.
(5) In den dem Bezirksvorsteher oder besonderen beauftragten Beamten zur Entscheidung überlassenen Fürsorgeangelegenheiten geht der Instanzenzug an den Magistrat, der endgültig entscheidet.
(6) Die Bearbeitung der Beurfungsfälle darf keinesfalls von denselben Organen besorgt werden, die an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in I. Instanz mitgewirkt haben. In der Geschäftseinteilung und Geschäftsordnung (§ 36) ist hiefür das Entsprechende vorzusorgen."

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde an dieser Stelle folgendes eingefügt:

"4. Hauptstück.
Die Stadtgesetzgebung.

§ 51. Die Gesetzgebung steht in der Stadt Wien insoweit zu, als sie nach bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen einem Lande zukommt. Die Zuständigkeit der Stadt Wien zur Gesetzgebung in Angelegenheiten des Abgabenwesens bestimmt das Finanz-Verfassungsgesetz.

§ 52. Das Gesetzgebungsrecht der Stadt Wien übt die Wiener Bürgerschaft aus. Jeder Gesetzesbeschluß bedarf der Zustimmung des Bürgermeisters.

§ 53. (1) Entwürfe von Gesetzen in materiellem Sinne werden vom Bürgermeister der Wiener Bürgerschaft als begutachtendem Körper übermittelt.
(2) Die Wiener Bürgerschaft kann solche Entwürfe unmittelbar als begutachtende Körperschaft in Verhandlung nehmen oder sie zur Vorberatung einem Ausschusse oder einer Kommission (§ 26) zuweisen. Für diese Vorberatung gelten die Fristbestimmungen des § 26.
(3) Der Bürgermeister kann für die Erstattung des Gutachtens der Wiener Bürgerschaft zu Gesetzentwürfen eine Frist bestimme. Die Wiener Bürgerschaft ist verpflichtet, innerhalb dieser Frist ihr Gutachten zu erstatten.
(4) Nach Erstattung der Gutachten oder Ablauf der gesetzten Fristen kann der Bürgermeister die Gesetzesvorlage in der Wiener Bürgerschaft als beschlußfassender Körperschaft einbringen. Er bestimmt hiebe eine Frist für die Beschlußfassung. Wenn die Wiener Bürgerschaft nicht innerhalb dieser Frist Beschluß faßt, so kann der Bürgermeister unter seiner Verantwortung die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen durch Verordnung in Kraft setzen. Die Bestimmungen des Verordnung in Kraft setzen. Die Bestimmungen des § 55 sind sinngemäß anzuwenden.
(5) In der Wiener Bürgerschaft wird die Vorlage in öffentlicher Sitzung durch einen Berichterstatter (§ 21, Absatz 4) erläutert und begründet. Ein Gegenbericht ist zulässig. Eine weitere Verhandlung findet nicht statt. Die Wiener Bürgerschaft beschließt durch Abstimmung die unveränderte Annahme der Vorlage oder ihre Ablehnung.
(6) Der Bürgermeister kann vor der Abstimmung jederzeit die Vorlage zurückziehen oder Abänderungen der Vorlage vornehmen, die nach seiner Auffassung das Wesen der Vorlage nicht berühren.
(7) Die Öffentlichkeit der Sitzungen (Absatz 5) kann durch Beschluß der Wiener Bürgerschaft ausgeschlossen werden.

§ 54. Zu einem Stadtgesetz ist der Beschluß der Wiener Bürgerschaft, die Zustimmung des Bürgermeisters, die Beurkundung durch den Vorsitzenden der beschlußfassenden Sitzung der Wiener Bürgerschaft und durch den Magistratsdirektor und die Kundmachung durch den Bürgermeister im Gesetzblatt der Stadt Wien erforderlich.

§ 55. (1) Alle Gesetzesbeschlüsse der Wiener Bürgerschaft einschließlich jener, die Abgaben zum Gegenstande haben, sind nach der Beschlußfassung der Wiener Bürgerschaft, wenn der Bürgermeister dem Gesetzesbeschlusse zustimmt, vor ihrer Kundmachung vom Bürgermeister dem Bundeskanzleramte und dem Bundesministerium bekanntzugeben, dessen Wirkungsbereich durch den Gegenstand des Gesetzesbeschlusses hauptsächlich berührt wird.
(2) Ein Gesetzesbeschluß der Wiener Bürgerschaft darf nur kundgemacht werden, wenn der Bundeskanzler zugestimmt hat. Die Zustimmung des Bundeskanzlers gilt auch dann als erteilt, wenn er nicht binnen sechs Wochen von dem Tage, an dem der Gesetzesbeschluß beim Bundeskanzleramt eingelangt ist, dem Bürgermeister mitgeteilt hat, daß die Zustimmung versagt wird.
(3) In Stadtgesetzen kann auch die Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung von Stadtgesetzen vorgesehen werden.

§ 56. Das Stadtrecht und andere Stadtverfassungsgesetze sowie deren Änderungen können nur bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder der Wiener Bürgerschaft und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden."

4. Hauptstück.
Schluß- und Übergangsbestimmungen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der 4. Hauptstück zum 5. Hauptstück.

§ 51. (1) Diese Stadtordnung tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.

(2) Die Funktionen der bisherigen Organe der Gemeinde und des Landes Wien, die nach dieser Stadtordnung auf kein anderes Organ der Stadt übergehen, kommen dem Bürgermeister zu.

(3) Bei der erstmaligen Berufung des Bürgermeisters gemäß § 12 dieser Stadtordnung entfällt der Dreiervorschlag der Wiener Bürgerschaft.

(4) Bis zur Einsetzung der Wiener Bürgerschaft und ihrer Ausschüsse übt deren Funktionen der Bürgermeister aus. Das gegenwärtig geltende Organisationsstatut für die Unternehmungen der Gemeinde Wien und das derzeitige Organisationsstatut für die städtischen Betriebe bleiben, soweit ihre Bestimmungen nicht durch die Stadtordnung überholt sind, bis zur Erlassung neuer Organisationsstatuten mit der Maßgabe in Geltung, daß den Unternehmungsdirektoren und Betriebsvorständen mindestens der nach dieser Stadtordnung dem Magistrat zustehende wirtschaftliche Wirkungsbereich und die dem Magistrat durch die Stadtordnung in Personalsachen eingeräumte Entscheidungsbefugnis zukommt.

(5) Wenn die Wiener Bürgerschaft nach Einrichtung der Berufsstände neu gebildet ist (§ 14, Absatz 2, letzter Satz), sind auch der Bürgermeister und die Vizebürgermeister neu zu berufen.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde der § 51 zum § 57.

in Kraft getreten am 31. März 1934.

Durch Verordnung vom 30. Oktober 1934, LGBl. Nr. 53/1934, wurde als Schlußbestimmung erlassen:
"Artikel II. Im Hinblick auf die Abänderung der Stadtordnung gemäß Artikel I erhält das Landesgesetzblatt für Wien (Gesetz vom 10. November 1029, L. G. Bl. für Wien Nr. 2) die Bezeichnung "Gesetzblatt der Stadt Wien.

Artikel III. Diese Verordnung tritt am 1. November 1934 in Kraft."

Der Bundeskommissär für Wien:
Schmitz

Bürgermeister der Stadt Wien unter der vorstehenden Stadtordnung waren:
06.04.1934 bis 13.03.1938 Richard Schmitz, (Vaterländische Front; vorher vom 16.02.1934 bis 06.04.1934 Bundeskommissär für Wien)
13.03.1938 bis 13.12.1940 Hermann Neubacher (NSDAP; ab 7. August 1940 Stellvertreter des Reichsstatthalters für Wien (Baldur von Schirach) in gemeindlichen Angelegenheiten)

 


Quellen: Landesgesetzblatt für Wien, Jahrgang 1934 Nr. 20
© 2. November 2006 - 4. November 2006
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