Gemeindestatut
für die
k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien.

vom 24. März 1900

geändert durch
Gesetz vom 12. März 1919 (
LGBl. Nr. 37/1919)

aufgehoben und ersetzt durch
Verfassung der Bundeshauptstadt Wien vom 10. November 1920 (
LGBl. Nr. 1/1920)

 

Erster. Abschnitt.
Von dem Gebiete der Gemeinde und den Personen in der Gemeinde.

§ 1. Umfang der Gemeinde. Die Gemeinde Wien umfaßt das im Artikel I des Gesetzes vom 19. December 1890, L. G. Bl. Nr. 45 ex 1890, und in der Beilage I zu diesem Gesetze "Beschreibung der Gemeindegrenze" bezeichnete Gebiet.

Eintheilung der Gemeinde behufs der Verwaltung.

§ 2.  Dieses ganze Gebiet bildet eine einzige Ortsgemeinde, welche behufs der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten in Bezirke eingetheilt ist.

Diese Bezirke sind:
I. die innere Stadt im bisherigen Umfange
II. Leopoldstadt: ein Theil des bisherigen II. Bezirkes, begrenzt gegen Norden vom Mathildenplatz, der Wasner-, Rauscher-, Tabor- und Innstraße, gegen Nordosten und Osten von der derzeitigen Gemeindegebietsgrenze von Wien, gegen Süden und Westen vom linken Ufer des Donaucanales und im nördlichen Theile vom rechten Ufer der regilirten Donau.
III. Landstraße
IV. Wieden
V. Margarethen
VI. Mariahilf
VII. Neubau
VIII. Josefstadt
IX. Alsergrund
X. Favoriten
XI. Simmering
XII. Meidling
XIII. Hietzing
XIV. Rudolfsheim
XV. Fünfhaus
XVI. Ottakring
XVII. Hernals
XVIII. Währing
XIX. Döbling
    (III.-XIX) im bisherigen Umfange;
XX. Brigittenau, ein Theil des bisherigen II. Bezirkes, begrenzt gegen Westen durch das linke Ufer des Donaucanales, gegen Osten durch das rechte Ufer des Donaustromes und gegen Süden durch den neuen II. Bezirk, dessen nördliche Begrenzung identisch ist mit der südlichen des XX. Bezirkes.

§ 3. Eine Abänderung in der Abgrenzung oder eine weitere Abtheilung der im vorstehenden Paragraphe bezeichneten Bezirke kann nur im Wege der Landesgesetzgebung erfolgen.

§ 4. Stellung der Gemeinde zur autonomen und zur Staatsverwaltung. Die Gemeinde Wien steht unmittelbar unter dem Landtage des Erzherzogthumes Österreich unter der Enns, (§ 59 lit. k, l und m, dann § 73) und bezüglich des ihr vom Staate übertragenen Wirkungskreises insbesondere auch hinsichtlich ihres Wirkungskreises als politische Behörde erster Instanz unter dem Statthalter.

In den zur Wohnung oder zum vorübergehenden Aufenthalte des Kaisers und des Allerhöchsten Hofes bestimmten Residenzen, Schlössern und anderen Gebäuden nebst den dazu gehörigen Gärten und Parkanlangen kann die Gemeinde die sonst zu ihrem Wirkungskreise gehörigen Amtshandlungen und Verfügungen nur nach Einvernehmung und unter Zustimmung des betreffenden k. und k. Hofamtes vornehmen und durchführen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurde der § 4 Abs. 2 aufgehoben.

§ 5. Von den Personen in der Gemeinde. In der Gemeinde werden Gemeindemitglieder und Auswärtige unterschieden.

Zu den Gemeindegliedern gehören:
1. Die Gemeindeangehörigen, das sind jene Personen, welche in der Gemeinde heimatsberechtigt sind, dann
2. die Gemeindegenossen, das sind jene österreichischen, in der Gemeinde nicht heimatberechtigten Staatsbürger,
    a) welche in der Gemeinde einen Realbesitz haben,
    b) welche in der Gemeinde von einem selbständig betriebenen Gewerbe oder von einem Einkommen eine directe Steuer entrichten.

Allen übrigen Personen in der Gemeinde, welche nicht Gemeindemitglieder sind, werden Auswärtige genannt.

§ 6. Heimatsrecht. Die Heimatsverhältnisse werden durch besondere, bereits bestehende oder neu zu erlassende, Reichsgesetze geregelt.

§ 7. Aufnahmsgebühr. In Gemäßheit des § 9 des Gesetzes vom 5. December 1896, R. G. Bl. Nr. 222, ist die Gemeinde ist berechtigt, für die freiwillige Aufnahme in den Heimatsverband eine Aufnahmsgebür einzuheben, welche für österreichische Staatsbürger höchstens 400 Kronen, für Personen, welche die österreichische Staatsangehörigkeit noch nicht haben, höchstens 800 Kronen beträgt.

Diese Gebür fließt in die Gemeindekasse.

§ 8. Bürgerrecht. Bürger sind jene, welche dermalen das Bürgerrecht der Stadt Wien besitzen. In der Folge wird das Bürgerrecht durch ausdrückliche Verleihung von Seiten der Gemeinde erworben.

Die Gemeinde ist berechtigt, dem Ansuchen um Verleihung des Bürgerrechtes zu willfahren oder es abzuweisen. Es darf jedoch nur Gemeindeangehörigen, welche wohlverhalten, eigenberechtigt und im Besitze eines ihren Lebensunterhalt sichernden Vermögens, Gewerbes oder Amtes sind, und welchen keiner der in den §§ 8, 10 und 11 der Wahlordnung enthaltenen Ausnahms- oder Ausschließungsgründe entgegensteht, verliehen werden.

Von Bewerbern um Verleihung des Bürgerrechtes wird der Nachweis einer mindestens zehnjährigen Heimatsberechtigung in Wien und einer zehnjährigen Steuerleistung in dieser Gemeinde gefordert.

Frauenspersonen können selbständig das Bürgerrecht nicht erwerben, sie erlangen jedoch durch Verehelichung mit einem Bürger oder durch Einbürgerung ihres Ehegatten alle mit dem Bürgerrechte verbundenen Vortheile, insofern das Gemeindestatut, beziehungsweise die Gemeindewahlordnung keine anderweitigen Bestimmungen enthält. Dieses Verhältnis dauert auch während des Witwenstandes fort, erlischt dagegen im Falle der Ungiltigerklärung oder der Trennung der Ehe.

Die gleiche Begünstigung gebürt den ehelichen oder legitimirten Kindern eines Bürgers, insolange dieselben nicht das 24. Lebensjahr vollstreckt haben oder nicht aufhören in Wien heimatsberechtigt zu sein.

§ 9. Bürgeraufnahmstaxe. Jeder neu aufzunehmende Bürger hat in die Gemeindecasse die jeweils festgesetzte Aufnahmstaxe zu entrichten. Aus besonders rücksichtswürdigen Gründen kann er von der Entrichtung dieser Taxe ganz oder theilweise befreit werden.

§ 10. Angelobung der Bürgerpflichten. Der aufgenommene Bürger hat vor dem Bürgermeister eidlich anzugeloben, daß er alle Bürgerpflichten nach Vorschrift des Gemeindestatutes gewissenhaft erfüllen, das Beste der Gemeinde möglichst fördern und den Charakter der Stadt Wien als Reichshaupt- und Residenzstadt, sowie den deutschen Charakter der Stadt nach Kräften aufrecht halten wolle.

Die Verleihung des Bürgerrechtes wird erst durch die eidliche Angelobung der Bürgerpflichten wirksam.

Sollte der neuernannte Bürger vor der Ablegung dieses Eides mit Tod abgehen oder ohne sein Verschulden zur Ablegung dieses Eides unfähig werden, so steht es im Ermessen des Gemeinderathes zu beschließen, daß die eidliche Angelobung der Bürgerpflichten als geschehen anzusehen sei, beziehungsweise daß der neuernannte Bürger oder dessen Witwe und die im § 8 bezeichneten Nachkommen alle mit dem Bürgerrechte verbundenen Vortheile erlangen.

Bürgerrechtsdiplom.

§ 11. Jedem aufgenommenen Bürger wird zum Beweise des erworbenen Bürgerrechtes ein Bürgerdiplom eingehändigt.

§ 12. Zur Entscheidung über Ansuchen um Aufnahme in den Heimatsverband, sowie über Ansuchen um Verleihung des Bürgerrechtes gegen Entrichtung der Bürgeraufnahmstaxe wählt der Gemeinderath aus seienr Mitte einen aus 25 Mitgliedern bestehenden Ausschuß.

In diesem Ausschusse müssen die sämmtlichen Gemeindebezirke vertreten sein.

Die Verleihung des Bürgerrechtes mit theilweiser oder gänzlicher Nachsicht der Bürgeraufnahmstaxe steht allein dem Gemeinderathe zu (§ 59).

§ 13. Verlust des Bürgerrechtes. Der Bürger wird des Bürgerrechtes verlustig:
a) wenn er aufhört österreichischer Staatsbürger oder Gemeindeangehöriger von Wien zu sein, oder
b) wenn er wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertretung des Diebstahls, der Veruntreuung, der Theilnehmung hieran oder des Betruges (§§ 460, 461, 463, 464 St. G.) oder wegen der im § 1 des Gesetzes vom 28. Mai 1881, R. G. Bl. Nr. 47 und im § 1 des Gesetzes vom 25. Mai 1883,  R. G. Bl. Nr. 78, bezeichneten strafbaren Handlungen zu einer Strafe verurtheilt worden ist.

Doch treffen die nachtheiligen Folgen dieses Verlustes nach lit. b) nur ihn allein, folglich weder seine Ehegattin, noch die vor diesem Zeitpunkte erzeugten Kinder.

§ 14. Ehrenbürgerrecht.  Der Gemeinderath ist berechtigt, ausgezeichneten Männern, welche österreichische Staatsbürger sind und sich um das Reich, das Land oder die Stadt verdient gemacht haben, ohne Rücksicht auf deren Wohnsitz, das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. Ehrenbürger haben dieselben Rechte, wie die Gemeindebürger.

Zur Verleihung des Ehrenbürgerrechtes ist die Zustimmung von 100 Mitgliedern des Gemeinderathes erforderlich und sie darf nur durch Abstimmung mittels Stimmzettel erfolgen.

§ 15. Rechte der Personen in der Gemeinde. Jedermann hat in der Gemeinde Anspruch:
1. auf Schutz der Person und seines in der Gemeinde befindlichen Eigenthums;
2. auf die Benützung der Gemeindeanstalten nach Maß der bestehenden Einrichtungen.

§ 16. Rechte der Gemeindemitglieder, der Gemeindeangehörigen und Bürger. Die Gemeindemitglieder nehmen nach den Bestimmungen dieses Statuts an den Rechten und Vortheilen, wie an den Pflichten und Lasten der Gemeinde theil und haben das Recht des ungestörten Aufenthaltes in der Gemeinde.

Die Gemeindeangehörigen haben überdies im Falle der Bedürftigkeit den Anspruch auf Armenversorgung nach Maßgabe der für diese bestehenden Gesetze und Einrichtungen.

Den Gemeindebürgern bleibt der Anspruch auf Versorgung aus jenen Stiftungen und in jenen Anstalten, welche insbesondere für Bürger, sowie deren Witwen und Kinder bestimmt sind, vorbehalten.

§ 17. Rechte der Auswärtigen. Die Gemeinde darf Auswärtigen, welche sich über ihre Heimatsberechtigung ausweisen, oder wenigstens darthun, daß sie zur Erlangung eines solchen Nachweises die erforderlichen Schritte gemacht haben, den Aufenthalt in ihrem Gebiete nicht verweigern, solange dieselben einen unbescholtenen Lebenswande führen oder nicht der öffentlichen Mildthätigkeit zur Last fallen.

Fühlt sich ein Auswärtiger in dieser Beziehung durch eine Verfügung der Gemeinde beschwert, so kann er sich um Abhilfe an die Statthalterei und im weiteren Instanzenzuge an das Ministerium des Innern wenden.

Zweiter Abschnitt.
Von der Vertretung und den Verwaltungsorganen der Gemeinde.

§ 19. Die Gemeinde wird in ihren Angelegenheiten vom Gemeinderathe vertreten.

Die Verwaltung ihrer Angelegenheiten ist einerseits dem Gemeinderathe, beziehungsweise dem Stadtrathe, sowie den Ausschüssen des Gemeinderathes, anderseits dem Magistrate anvertraut.

An der Spitze aller Gemeindeorgane steht der Bürgermeister; die Vicebürgermeister sind berufen, den Bürgermeister zu unterstützen und ihn in seiner Verhinderung zu vertreten.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 19 letzter Absatz folgende Fassung:
"An der Spitze aller Gemeindeorgane steht der Bürgermeister; die Vizebürgermeister sind berufen, den Bürgermeister zu unterstützen und ihn in seiner Verhinderung zu vertreten. Die Vertretung kommt zunächst dem vom Bürgermeister hierzu bestimmten, oder bei Abgang einer solchen Bestimmung dem vom Stadtrate hierzu berufenen Vizebürgermeister zu."

§ 20. In jedem Bezirke besteht zur Unterstützung des Gemeinderathes und des Bürgermeisters in den Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde eine Bezirksvertretung, an deren Spitze der von ihr gewählte Bezirksvorsteher steht.

§ 21. Ausfertigung von Urkunden. Urkunden, durch welche Verbindlichkeiten der Gemeinde gegen dritte Personen begründet werden sollen, müssen vom Bürgermeister und zwei Mitgliedern des Stadtrathes unterfertigt werden.

Erste Abtheilung.
Von dem Gemeinderathe.

§ 22. Die Mitglieder des Gemeinderathes werden von der Gemeinde aus ihrer Mitte gewählt.

Die Zahl derselben beträgt 158.

Der erste, zweite und dritte Wahlkörper wählen je 46 Mitglieder, der vierte Wahlkörper wählt 20 Mitglieder des Gemeinderathes.

Die Zahl der in jedem Bezirke aus den ersten drei Wahlkörpern zu wählenden Gemeinderäthe wird nach dem Verhältnisse der Wählerziffer jedes dieser Wahlkörper in den einzelnen Bezirken zur Gesammtzahl der Wähler des gleichen Wahlkörpers in allen Bezirken bestimmt; jedem Wahlkörper eines Bezirkes ist mindestens ein Mandat zuzuweisen. Die Vertheilung der Mandate beruht auf ämtlicher Berechnung, welcher die Wählerliste der letzten allgemeinen Wahlen zugrunde zu legen ist, und welche bis zur vollständigen Erneuerung eines Wahlkörpers für denselben in Kraft bleibt. Die Wählerlisten, welche die Grundlage der Berechnung bilden, sowie die Berechnungen selbst sind vom Statthalter zu prüfen und zu bestätigen.

Im vierten Wahlkörper wählt jeder Bezirk einen Gemeinderath.

Die näheren Bestimmungen über die Wahlberechtigung und Wählbarkeit enthält die angeschlossene Gemeindewahlordnung.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 22 folgende Fassung:
"§ 22. (1) Die Mitglieder des Gemeinderates werden von der Gemeinde auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechtes ohne Unterschied des Geschlechtes nach dem Verhältniswahlverwahren mit gebundener Liste gewählt.
(2) Die Zahl derselben beträgt 165.
(3) Die Zahl der in jedem Gemeindebezirke zu wählenden Gemeinderatsmitglieder wird nach dem Verhältnisse der Wählerziffer jedes einzelnen Gemeindebezirkes zur Gesamtzahl der Wähler aller Bezirke bestimmt. Die Verteilung der Gemeinderatssitze auf die einzelnen Bezirke erfolgt durch den Gemeinderat auf Grund einer vom Magistrate vorzulegenden Berechnung. Dieser Berechnung ist bei der im Jahre 1919 vorzunehmenden Wahl die Zahl der Wähler zur konstituierenden Nationalversammlung, in der Folge aber die Zahl der Wähler bei der letzten Gemeinderatswahl zugrundezulegen.
(4) Die näheren Bestimmungen über die Wahlberechtigung und die Wählbarkeit enthält die Gemeindewahlordnung."

§ 23. Dauer der Amtsführung. Die Mitglieder des Gemeinderathes werden auf sechs Jahre gewählt.

Es ist daher, falls nicht infolge Auflösung des Gemeinderathes die Neuwahl des ganzen Gemeinderathes nothwendig wird, in jenen Jahren, in welchen das Mandat der auf Grund der früheren Wahlordnung aus den ersten drei Wahlkörpern gewählten Gemeinderäthe eines Wahlkörpers erlischt, jeweilig als Ersatz für diese ausscheidenden Gemeinderäthe die Wahl von 46 Gemeinderäthen auf die Dauer von sechs Jahren vorzunehmen.

Im Falle einer infolge Auflösung des Gemeinderathes nothwendig werdenden Neuwahl des ganzen Gemeinderathes haben zwei Jahre nach der Wahl die aus dem I. Wahlkörper und nach weiteren zwei Jahren die aus dem II. und IV. Wahlkörper gewählten Mitglieder des Gemeinderathes auszuscheiden.

In der Folge treten immer diejenigen aus, welche sechs Jahre vorher gewählt worden sind.

Die zum Austritte bestimmten Mitglieder scheiden aus, sobald die Frist zur Erklärung über die Annahme der Wahl (§ 24 Wahlordnung) abgelaufen ist.

Ein Mitglied des Gemeinderathes wird seines Amtes verlustig, wenn in Ansehung desselben ein Grund eintritt, der es von der Wählbarkeit ausgenommen oder ausgeschlossen hätte.

Weiters wird ein Mitglied des Gemeinderathes seines Amtes in folgenden Fällen verlustig:
a) Wenn es das im § 67 normirte Gelöbnis nicht ablegt;
b) wenn es der vom Disciplinarausschusse verfügten Ausschließung aus Gemeinderathssitzungen nicht nachkommt (§ 67);
c) wenn es die Wahl in den Stadtrath unbefugt ablehnt (§ 32).

Wenn ein Mitglied seines Amtes verlustig wird, weil es die Ablegung des Gelöbnisses verweigert, oder weil es die in § 24 des Gelöbnisses verweigert, oder weil es die in § 24 der Wahlordnung vorgeschriebene Erklärung der Annahme nicht rechtzeitig oder unter Protest abgegeben hat, ist sofort eine Neuwahl auszuschreiben.

Sollte ein Mitglied des Gemeinderathes wegen einer der im § 10 der Gemeindewahlordnung aufgezählten strafbaren Handlungen in Untersuchung verfallen, so kann es während der Dauer derselben sein Amt nicht ausüben.

Die Wiederbesetzung einer vor der Zeit erledigten Stelle eines Gemeinderathsmitgliedes wird von der Regel zugleich mit den von zwei zu zwei Jahren stattfindenden Ergänzungswahlen vorgenommen.

Sollte jedoch die Zahl der fehlenden Mitglieder 30 übersteigen, so ist zum Ersatz derselben auch vor dem Eintritte dieser Periode eine besondere Wahl auf der Grundlage der letzten Wählerlisten einzuleiten.

Für die Ersatzwahl sind neue Wählerlisten dann anzulegen, wenn die letzte Wahl vor länger als einem Jahre erfolgt ist.

Der Gewählte tritt zu der Zeit wieder aus, zu welcher derjenige, an dessen Stelle er gewählt worden, hätte austreten müssen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 23 folgende Fassung:
"§ 23. Dauer der Amtsführung. (1) Die Mitglieder des Gemeinderates werden auf fünf Jahre gewählt.
(2) Die Mitglieder des Gemeinderates bleiben so lange im Amte, bis die Frist zur Erklärung der Neugewählten über die Annahme der Wahl abgelaufen ist.
(3) Ein Mitglied des Gemeinderates wird seines Amtes verlustig, wenn in Ansehung seiner Person ein Ausschließungsgrund von der Wahlberechtigung eintritt.
(4) Weiters wird ein Mitglied des Gemeinderates seines Amtes in Folgenden Fällen verlustig:
a) Wenn es das im § 67 normierte Gelöbnis nicht ablegt;
b) wenn es der vom Disziplinarausschusse verfügten Ausschließung aus Gemeinderatssitzungen nicht nachkommt (§ 67);
c) wenn es die Wahl in den Stadtrat unbefugt ablehnt.
(5) Wenn ein Mitglied des Gemeinderates, sei es durch Tod, Verzicht, Amtsverlust oder auf andere Art in Abgang kommt, so ist an seine Stelle vom Bürgermeister der Ersatzmann (§ 60 G. W. O.) in den Gemeinderat einzuberufen.
(6) Wenn gegen ein Mitglied des Gemeinderates wegen eines nichtpolitischen Verbrechens die Voruntersuchung eingeleitet wird, so kann es während deren Dauer sein Mandat ausüben."

§ 24. Bezüge der Gemeinderathsmitglieder. Die Mitglieder des Gemeinderathes verwalten ihr Amt unentgeltlich. Der Gemeinderath ist jedoch berechtigt, jenen Mitgliedern des Gemeinderathes, welche nicht Mitglieder des Stadtrathes sind, für die Theilnahme an Sitzungen des Stadtrathes und der Ausschüsse des Gemeinderathes Gebüren zuzuerkennen.

Bei Besorgung von Gemeindeangelegenheiten außerhalb des Gemeindebezirkes haben die dazu abgeordneten Mitglieder Anspruch auf den Ersatz der baren Auslagen, bei Besorgung von Gemeindeangelegenheiten außerhalb der Stadt Wien auf Vergütung der Reise- und Fahrtkosten und auf die Diät eines Staatsbeamten der VI. Rangclasse aus Gemeindemitteln.

Zweite Abtheilung.
Vom Bürgermeister und den Vicebürgermeistern.

§ 25. Wahl des Bürgermeisters und der Vicebürgermeister. Der Gemeinderath wählt aus seiner Mitte den Bürgermeister, dann die beiden Vicebürgermeister, jeden in einem gesonderten Wahlgange.

Die Gemeindewahlordnung enthält hierüber die näheren Bestimmungen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 25 folgende Fassung:
"§ 25. Wahl des Bürgermeisters und der Vicebürgermeister. (1) Der Gemeinderat wählt aus seiner Mitte den Bürgermeister und die drei Vizebürgermeister auf die Dauer von je fünf Jahren.
(2) Die näheren Bestimmungen über die Wahl enthält die Gemeindewahlordnung.

§ 26. Bestätigung, Beeidigung und Dauer der Amtsführung des Bürgermeisters. Die Wahl des Bürgermeisters unterliegt der Bestätigung des Kaisers.

Der Bürgermeister hat nach der Bestätigung vor dem versammelten Gemeinderathe folgenden Diensteid in die Hände des Statthalters abzulegen:
    "Sie werden einen Eid zu Gott dem Allmächtigen schwören und bei Ihrer Ehre und Treue geloben Seiner Majestät dem allerdurchlauchtigsten Fürsten und Herrn .....  von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, König von Böhmen, ect. ect. und Apostolischen König von Ungarn, und nach Allerhöchstdemselben den aus dessen Stamme und Geblüte nachfolgenden Erben treu und gehorsam zu sein, die Staatsgrundgesetze und alle übrigen Gesetze unverbrüchlich zu beobachten und das Ihnen anvertraute Amt des Bürgermeisters der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien treu und redlich nach Ihrem besten Wissen und Gewissen zu verwalten, sowie die Ihnen in der Eigenschaft des Bürgermeisters nach dem Gesetze vom 24. März 1900 und nach den Gesetzen überhaupt obliegenden Pflichten nach ihrem vollen Umfange genau und gewissenhaft zu erfüllen."

Die Wahl des Bürgermeisters, es mag dieselbe nach Ablauf der regelmäßigen sechsjährigen Amtsdauer oder infolge eines während derselben eingetretenen Erledigungsfalles geschehen, gilt stets auf sechs Jahre.

Der Bürgermeister verbleibt in seiner Stellung, selbst wenn ihn während dieser Zeit nach § 23 die Reihe zum Austritte aus dem Gemeinderathe treffen würde.

Dem Bürgermeister wird in einem städtischen Gebäude eine seiner Würde angemessene Wohnung sammt der entsprechenden Einrichtung der Empfangsräume unentgeltlich eingeräumt.

Außerdem erhält er die von dem Gemeinderathe für die Dauer seiner Amtsführung zu bestimmenden Functionsgebüren.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurde der § 26 wie folgt geändert:
- die Überschrift erhielt folgende Fassung: "Gelöbnis und Dauer der Amtsführung des Bürgermeisters sowie seine Funktionsgebühren."
- die Abs. 1 bis 5 wurden durch folgende Absätze ersetzt:
"(1) Der Bürgermeister hat vor dem versammelten Gemeinderate folgendes Gelöbnis abzulegen:
(2) "Sie werden bei ihrer Ehre und Treue geloben, der Deutschösterreichischen Republik treu und gehorsam zu sein, die von der Nationalversammlung beschlossenen Grundgesetze, Gesetze und die auf deren Grundlage erlassenen Vollzugsanweisungen des Staatsrates unverbrüchlich zu beachten und das Ihnen anvertraute Amt des Bürgermeisters der Stadt Wien treu und redlich nach Ihrem besten Wissen und Gewissen zu verwalten sowie die Ihnen in dieser Eigenschaft des Bürgermeisters nach dem Gesetze vom 24. März 1900 und nach den Gesetzen überhaupt obliegenden Pflichten nach ihrem vollen Umfange genau und gewissenhaft zu erfüllen."
(3) Der Bürgermeister verbleibt auch, wenn er nach Ablauf der regelmäßigen fünfjährigen Amtsdauer in seiner Eigenschaft als Mitglied des Gemeinderates aus diesem nach § 23 ausscheiden sollte, bis zur Neuwahl seines Nachfolgers im Amte."

§ 27. Vorkehrungen im Falle der Erledigung der Stelle des Bürgermeisters. Kommt die Stelle des Bürgermeisters zur Erledigung, so erfolgt, während mittlerweile der der Reihe nach berufene Vicebürgermeister die Geschäfte fortführt, ehestens deren Neubesetzung.

In dem Falle, als infolge Mandatsniederlegung, Krankheit oder aus anderen Gründen auch kein Vicebürgermeister vorhanden wäre, welcher die nothwendige Einleitung zur Wahl des Bürgermeisters treffen könnte, hat, das an Jahren älteste Mitglied des Stadtrathes an die Stelle des Bürgermeisters in seiner Eigenschaft als Verwalter des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde und als Vorsitzender des Gemeinderathes zu treten und behufs Wahl des Bürgermeister den Gemeinderath nach Vorschrift der Wahlordnung binnen drei Tagen zu einer binnen längstens weiteren acht Tagen abzuhaltenden Gemeinderathssitzung einzuladen, die Wahlhandlung zu leiten und den Wahlact dem Statthalter vorzulegen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 27 folgende Fassung:
"§ 27. Vorkehrungen im Falle der Erledigung der Stelle des Bürgermeisters. (1) Kommt die Stelle des Bürgermeisters während der regelmäßigen fünfjährigen Amtsdauer zur Erledigung, so hat ehestens deren Neubesetzung zu erfolgen. Mittlerweile hat der vom Stadtrate berufene Vizebürgermeister die Geschäfte fortzuführen.
(2) In dem Falle, daß infolge Niederlegung der Stelle, Krankheit oder aus anderen Gründen auch kein Vizebürgermeister vorhanden wäre, der die Einleitung zur Wahl des Bürgermeisters treffen könnte, hat das vom Stadtrat aus seiner Mitte hiezu gewählte Mitglied an die Stelle des Bürgermeisters in dessen Eigenschaft als Verwalter des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde und als Vorsitzender des Gemeinderates zu treten und behufs Wahl des Bürgermeisters den Gemeinderat nach Vorschrift der Gemeindewahlordnung binnen drei Tagen zu einer binnen längstens weiteren acht Tagen abzuhaltenden Gemeinderatssitzung einzuladen und die Wahlhandlung zu leiten."

§ 28. Beeidigung und Dauer der Amtsführung der Vicebürgermeister. Die Vicebürgermeister werden auf drei Jahre gewählt, soferne sie nicht mit Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Wahl zu Gemeinderathsmitgliedern früher aus dem Gemeinderathe auszuscheiden haben.

Die Vicebürgermeister haben vor dem versammelten Gemeinderathe den folgenden Diensteid in die Hände des Statthalters oder des hiezu von demselben delegirten landesfürstlichen Commissärs abzulegen:
    "Sie werden einen Eid zu Gott dem Allmächtigen schwören, bei Ihrer Ehre und Treue geloben Seiner Majestät dem allerdurchlauchtigsten Fürsten und Herrn .....  von Gottes Gnaden Kaiser von Österreich, König von Böhmen, ect. ect. und Apostolischen König von Ungarn, und nach Allerhöchst demselben den aus dessen Stamm und Geblüt nachfolgenden Erben treu und gehorsam zu sein, die Staatsgrundgesetze und alle übrigen Gesetze unverbrüchlich zu beobachten und das Ihnen anvertraute Amt eines Vicebürgermeisters der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien treu und redlich nach Ihrem besten Wissen und Gewissen zu verwalten, den Herrn Bürgermeister in seiner Amtsführung gewissenhaft zu unterstützen und in Stellvertretung desselben die ihm obliegenden, von ihm beschworenen Pflichten genau zu erfüllen, sowie den Ihnen durch Gesetz vom 24. März 1900 und die Gesetze überhaupt auferlegten Verbindlichkeiten treulich nachzukommen."

Die Vicebürgermeister erhalten die von dem Gemeinderathes für die Dauer ihrer Amtsführung zu bestimmenden Functionsgebüren.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 28 folgende Fassung:
"§ 28. Gelöbnis und Dauer der Amtsführung der Vizebürgermeister sowie ihre Funktionsgebühren. (1) Die Vizebürgermeister haben vor dem versammelten Gemeinderate das Gelöbnis im Sinne des § 26 abzulegen.
(2) Die Vizebürgermeister verbleiben auch nach Ablauf der regelmäßigen fünfjährigen Amtsdauer bis zur Neuwahl ihrer Nachfolger im Amte."

Dritte Abtheilung.
Von dem Stadtrathe und den Ausschüssen des Gemeinderathes.

§ 29. Der Stadtrath besteht aus dem Bürgermeister, den beiden Vicebürgermeistern und zweiundzwanzig gewählten Mitgliedern.

Den Vorsitz und die Leitung hat der Bürgermeister oder, wenn er verhindert ist, der von dem Bürgermeister bestimmte, beziehungsweise bei dem Abgange einer solchen Bestimmung der der Reihe nach berufene Vicebürgermeister.

Bürgermeister und Stadtrath sind berechtigt, für einzelne Gegenstände Mitglieder des Gemeinderathes als Referenten zu bestimmen, welche an den Sitzungen des Stadtrathes mit berathender Stimme theilzunehmen und über den Gegenstand an das Plenum zu berichten.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 29 Abs. 1 und 2 folgende Fassung:
"(1) Der Stadtrat besteht aus dem Bürgermeister, den drei Vizebürgermeistern und 30 gewählten Mitgliedern.
(2) Den Vorsitz und die Leitung hat der Bürgermeister oder, wenn er verhindert ist, der von ihm berufene Vizebürgermeister."

§ 30. Die zweiundzwanzig Mitglieder des Stadtrathes werden vom Gemeinderathe aus seiner Mitte für die Dauer von sechs Jahren gewählt, sofern sie nicht mit Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Wahl zu Gemeinderathsmitgliedern früher aus dem Gemeinderathe auszuscheiden haben.

Die Mitglieder des Stadtrathes werden einzeln in gesonderten Wahlgängen von dem gesammten Gemeinderathe gewählt.

Die näheren Bestimmungen über die Wahlvornahme seitens des Gemeinderathes sind in der Gemeindewahlordnung enthalten.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 30 folgende Fassung:
"§ 30. (1) Die 30 Mitglieder des Stadtrates werden vom Gemeinderate aus seiner Mitte für die Dauer von fünf Jahren nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung gewählt; die Gewählten treten mit dem Tage der Neuwahl des Stadtrates aus dem Amte.
(2) Die näheren Bestimmungen über die Wahl der Mitglieder des Stadtrates sind in der Gemeindewahlordnung enthalten."

§ 31. Der Gemeinderath muß folgende ständige Ausschüsse wählen:
a) für Verleihung des Heimatsrechtesund des Bürgerrechtes (§ 12),
b) den Disciplinarausschuß (§ 67).

§ 32. Die Mitglieder des Gemeinderathes sind verpflichtet, die auf sie fallende Wahl in den Stadtrath anzunehmen, insoderne sie nicht schon zweien Ausschüssen angehören oder der Annahme der Wahl einer der im § 65 enthaltenen Umstände entgegensteht.

Jene Mitglieder des Gemeinderathes, welche unbefugt die Wahl in den Stadtrath ablehnen, sind als ihres Amtes verlustig anzusehen.

§ 33. Die Ausschüsse wählen einen Obmann und einen Obmann-Stellvertreter, welche berufen sind, den Vorsitz zu führen, falls nicht der Bürgermeister oder ein Vicebürgermeister die Verhandlung leitet.

Die Geschäftsordnung für die Ausschüsse wird vom Gemeinderathe festgesetzt.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 33 Abs. 1 folgende Fassung:
"(1) Die Ausschüsse wählen einen Obmann und einen Obmannstellvertreter; die Stelle des Obmannes kommt der stärksten, die seines Stellvertreters der zweitstärksten der im Ausschusse vertretenen Parteien zu; sind im Ausschusse die zwei stärksten Parteien in gleicher Zahl vertreten, so ist der Obmann der Partei zu entnehmen, welche bei der Wahl der Mitglieder des Gemeinderates bei höhere Parteigesamtsumme erhalten hat."

§ 34. Außerdem kann der Gemeinderath noch andere Ausschüsse zur Vorberathung einzelner Gegenstände für die Dauer der Behandlung derselben und mit dem Rechte der unmittelbaren Berichterstattung an den Gemeinderath einsetzen; dieselben müssen jedoch aus mindestens fünf Mitgliedern bestehen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 34 folgende Fassung:
"§ 34. (1) Außerdem kann der Gemeinderat noch andere Ausschüsse zur Vorberatung einzelner Gegenstände mit dem Rechte der unmittelbaren Berichterstattung an den Gemeinderat einsetzen; diese Ausschüsse müssen aus mindestens fünf Mitgliedern bestehen.
(2) Die Wahl der Mitglieder, des Obmannes und seines Stellvertreters erfolgt unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der Gemeindewahlordnung über die Wahl der Mitglieder der im § 31 des Gemeindestatutes angeführten Ausschüsse, beziehungsweise im Sinne des § 33 erster Absatz des Gemeindestatutes."

§ 35. Die Mitglieder der im § 31 angeführten Ausschüsse werden vom Gemeinderathe aus seiner Mitte auf die Dauer von drei Jahren gewählt, soferne sie nicht mit Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Wahl zu Gemeinderathsmitgliedern früher aus dem Gemeinderathe auszuscheiden haben.

Die Mitglieder der Ausschüsse werden mit absoluter Stimmenmehrheit der Anwesenden gewählt.

Die näheren Bestimmungen über die Vornahme der Wahl enthält die Wahlordnung.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 35 folgende Fassung:
"§ 35. (1) Die Mitglieder der im § 31 angeführten Ausschüsse werden vom Gemeinderate aus seiner Mitte auf die Dauer ihres Gemeinderatsmandates gewählt.
(2) Die näheren Bestimmungen über die Vornahme der Wahl enthält die Gemeindewahlordnung."

§ 36. Nimmt der Gewählte die Wahl in den Stadtrath nicht an oder erklärt er sich nicht binnen acht Tagen über die Annahme der Wahl, so hat der Gemeinderath eine neue Wahl vorzunehmen.

Dasselbe gilt rücksichtlich der im Laufe des Jahres nothwendig werdenden Ergänzungswahlen.

Der Gewählte tritt, falls er nicht schon früher aus dem Gemeinderathe auszuscheiden hat, zu der Zeit wieder aus, zu welcher derjenige, an dessen Stelle er gewählt worden, hätte austreten müssen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 36 folgende Fassung:
"§ 36. Erklärt der Gewählte, die Wahl in den Stadtrat nicht anzunehmen, oder läßt er acht Tage verstreichen, ohne eine Erklärung über die Annahme der Wahl abzugeben, so hat der Gemeinderat eine neue Wahl aus derselben Gruppe von Gemeinderatsmitgliedern (§§ 13 und 31 G. W. O.) vorzunehmen."

§ 37. Abberufung von Mitgliedern des Stadtrathes oder der Ausschüsse, Auflösung der Letzteren. Wenn ein Mitglied des Stadtrathes oder eines Ausschusses seinen Pflichten beharrlich nicht nachkommt, obliegt es dem Bürgermeister, dem Gemeinderathe den Antrag auf Abberufung des säumigen Mitgliedes zu stellen.

Dem Gemeinderathe obliegt es, im Falle, als Ausschüsse die ihnen obliegenden Geschäfte nicht ordnungsgemäß besorgen, über Antrag des Bürgermeisters dieselben aufzulösen, in welchem Falle die Neuwahl des betreffenden Ausschusses binnen 14 Tagen vorzunehmen ist.

In der Zwischenzeit hat der Stadtrath die Befugnisse des aufgelösten Ausschusses auszuüben.

Vierte Abtheilung.
Vom Magistrate.

§ 38. Zusammensetzung des Magistrates. Der Magistrat besteht,  mit dem Bürgermeister an der Spitze, aus dem Magistratsdirektor und aus der entsprechenden Anzahl von rechtskundigen Beamten, dann aus dem erforderlichen Sachverständigen- und Hilfspersonale.

Stellung der Gemeindebediensteten.

§ 39. Die Concepts-, technischen, Sanitäts-, Veterinär-, dann Kassa- und Buchhaltungs-Beamten des Magistrates müssen zur diesfälligen Geschäftsführung nach den für Staatsbedienstete des bezüglichen Dienstzweiges geltenden Vorschriften befähigt sein.

§ 40. Die Systemisirung der beim Magistrate und bei den Gemeindeanstalten zu besetzenden Stellen und die Feststellung der mit denselben verbundenen Bezüge steht dem Gemeinderathe zu; die Ernennung, Beförderung und Belohnung der Beamten und sonstigen Angestellten der Gemeinde, desgleichen deren Entlassung oder deren Versetzung in den Ruhestand erfolgt durch den Stadtrath.

Derselbe hat, wenn es sich nicht um den Magistratsdirector oder den Oberbuchhalter handelt, vorher die Vorschläge des Gremiums der Magistrathsräthe und bezüglich der Beamten der Buchhaltung jene des Gremiums der Rechnungsräthe einzuholen, ohne jedoch an dieselben gebunden zu sein.

Die Aufnahme von Praktikanten, Aspiranten und Eleven in allen Dienstzweigen, sowie die einstweilige Dienstesenthebung eines Beamten oder sonstigen Angestellten erfolgt durch den Bürgermeister.

§ 41. Der Magistratsdirector, sowie alle übrigen im § 39 bezeichneten Gemeindebeamten werden mit Gehalt definitiv angestellt und sind nach Ablauf von zehn Dienstjahren pensionsfähig.

Die Entlassung, die einstweilige Enthebung derselben vom Dienste, sowie die Versetzung in den Ruhestand kann nur auf Grund der Dienstespragmatik erfolgen.

Fünfte Abtheilung.
Von den Bezirksvertretungen.

§ 42. Zusammensetzung der Bezirksvertretungen. Die Bezirksvertretung besteht aus mindestens 18 von den Wahlberechtigten der ersten drei Wahlkörper eines jeden Bezirkes gewählten Gemeindemitgliedern, welche ihren Wohnsitz im Bezirke haben und nicht gleichzeitig dem Gemeinderathe angehören dürfen.

In jenen Bezirken, für welche entweder wegen der großen Anzahl der Bewohner oder wegen der großen räumlichen Ausdehnung die Anzahl von 18 Mitgliedern sich als zu gering herausstellt, kann diese Zahl durch Beschluß des Gemeinderathes erhöht werden, darf jedoch nie mehr als 30 betragen.

Die Zahl der Mitglieder der Bezirksvertretung muß stets durch 3 theilbar sein und in die drei Wahlkörper gleichmäßig aufgetheilt werden.

Die Mitglieder der Bezirksvertretung führen den Titel "Bezirksrath".

An der Spitze der Bezirksvertretung steht der Bezirksvorsteher, welcher in Verhinderungsfällen von seinem Stellvertreter vertreten wird.

Die Wahl des Bezirksvorstehers unterliegt der Bestätigung durch den Stadtrath und den Statthalter.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 42 folgende Fassung:
"§ 42. Zusammensetzung der Bezirksvertretungen. (1) Die Bezirksvertretung besteht aus 30 von den Wahlberechtigten des Bezirkes gewählten Mitgliedern, welche im Bezirke gewählten Mitgliedern, welche im Bezirke selbst wahlberechtigt sind; sie dürfen nicht gleichzeitig dem Gemeinderate angehören.
(2) Die Mitglieder der Bezirksvertretung führen den Titel "Bezirksrat".
(3) An der Spitze der Bezirksvertretung steht der Bezirksvorsteher. Im Verhinderungsfalle wird er von seinem Stellvertreter vertreten.
(4) Die Wahl des Bezirksvorstehers unterliegt der Bestätigung durch den Stadtrat.

§ 43. Functionsdauer. Die Mitglieder der Bezirksvertretung und der Bezirksvorsteher, sowie sein Stellvertreter werden auf sechs Jahre gewählt.

Die während dieser Zeit zur Erledigung kommenden Stellen werden, sobald ihre Anzahl mindestens ein Drittel der Gesammtzahl beträgt, durch Ergänzungswahlen aus den Wahlkörpern besetzt, aus welchen die Ausgeschiedenen gewählt werden.

Jede solche Ergänzungswahl gilt nur für die restliche Dauer der Wahlperiode.

Wird das Amt des Bezirksvorstehers oder dessen Stellvertreters vor der Zeit erledigt, so hat die Bezirksvertretung binnen vier Wochen die Neuwahl für die restliche Dauer der Wahlperiode vorzunehmen.

Die Bestimmungen des § 23 über den Verlust und die zeitweilige Nichtausübung des Amtes eines Mitgliedes des Gemeinderathes finden auch auf die Mitgliedschaft bei der Bezirksvertretung Anwendung.

Die Mitglieder der Bezirksvertretung verwalten ihr Amt unentgeltlich. Inwieferne denselben die Barauslagen bei Commissionen ext. zu vergüten sind, hat der Gemeinderath zu bestimmen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 43 Abs. 1, 2 und 3 folgende Fassung:
"(1) Die Mitglieder der Bezirksvertretung und der Bezirksvorsteher sowie sein Stellvertreter werden auf fünf Jahre gewählt.
(2) Wenn ein Mitglied der Bezirksvertretung durch Tod, Verzicht, Amtsverlust, Übersiedlung aus dem Bezirke oder auf andere Art in Abgang kommt, so ist an seine Stelle vom Bezirksvorsteher der Ersatzmann (§ 60 G. W. G) einzuberufen.

Dritter Abschnitt.
Von dem Wirkungskreise der Gemeinde.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 44. Der Wirkungskreis der Gemeinde ist:
a) ein selbständiger;
b) ein übertragener.

§ 45. Der selbständige, das ist derjenige Wirkungsreis, in welchem die Gemeinde mit Beobachtung der bestehenden Reichs- und Landesgesetze nach freier Selbstbestimmung anordnen und verfügen kann, umfaßt überhaupt alles, was das Interesse der Gemeinde zunächst berührt und innerhalb ihrer Grenzen von ihr besorgt und durchgeführt werden kann.

§ 46. In diesem Sinne gehören hieher insbesondere:
1. Die freie Verwaltung ihres Vermögens, ihres Gemeindegutes und ihrer auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegenheiten;
2. die Sorge für die Sicherheit der Personen und des Eigenthums;
3. die Sorge für die Herstellung und Erhaltung der Gemeindestraßen, Wege, Plätze, Brücken, Wasserleitungen, Unrathscanäle und sonstigen Gemeinde-Anlagen und -Anstalten, sowie für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Straßen und Gewässern und die Flurenpolizei;
4. die Lebensmittelpolizei und die Überwachung des Marktverkehrs, dann insbesondere die in Bezug auf Maß und Gewicht den Gemeinden zugewiesenen Geschäfte;
5. die Gesundheitspolizei, soweit diese nach § 3 des Reichsgesetzes über die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes vom 30. April 1870 (R. G. Bl. Nr. 68) den Gemeinden zukommt;
6. die Gesinde- und Arbeiterpolizei, insoferne diese letztere sich nicht auf gewerbliche Hilfsarbeiter und Lehrlinge bezieht, und die Handhabung der Dienstbotenordnung;
7. die Sittlichkeitspolizei;
8. das Armenwesen und die Sorge für die Gemeindewohlthätigkeitsanstalten;
9. die Bau- und Feuerpolizei;
10. die gesetzliche Einflußnahme auf die von der Gemeinde erhaltenen Mittelschulen und Fachschulen sowie auf die Volksschulen;
11. der Vergleichsversuch zwischen streitenden Parteien durch aus der Gemeinde gewählte Vertrauensmänner;
12. die Vornahme freiwilliger Feilbietungen beweglicher Sachen.

Aus höheren Staatsrücksichten sind bestimmte Geschäfte der Ortspolizei in der Gemeinde besonderen landesfürstlichen Organen zugewiesen und können noch weitere solche Geschäfte diesen Organen im Wege der Gesetzgebung zugewiesen werden.

§ 47. Die Gemeinde hat für jene Localpolizeianstalten, welche von der Regierung im Interesse der Gemeinde geleitet werden, zu dem für das Gemeindegebiet sich ergebenden Polizeiaufwande einen jährlichen Pauschalbeitrag von fünfmalhunderttausend Gulden ö. W. an den Staatsschatz zu leisten.

§ 48. Sowie die vom Staate bestellte Sicherheitsbehörde angewiesen ist, der Gemeinde bei Handhabung der Localpolizei die erforderliche Hilfe zu leisten, ist auch die Gemeinde verpflichtet, soweit sie dies mit ihren Organen vermag, die vom Staate bestellte Sicherheitsbehörde zu unterstützen.

§ 49. Den übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde, das ist die Verpflichtung derselben zur Mitwirkung für die Zwecke der öffentlichen Verwaltung bestimmen die Gesetze.

Der Staatsverwaltung bleibt vorbehalten, den übertragenen Wirkungskreis ganz oder theilweise durch eigene Organe und auf eigene Kosten versehen zu lassen.

§ 50. Der selbständige Wirkungskreis wird von dem Gemeinderathe, dem Bürgermeister, dem Stadtrathe und den Ausschüssen, sowie dem Magistrate, beziehungsweise von den Bezirksvorstehern mit den Bezirksräthen, der übertragene Wirkungskreis dagegen von dem Bürgermeister mit dem Magistrate, beziehungsweise den magistratischen Bezirksämtern ausgeübt.

Erste Abtheilung.
Von dem Wirkungskreise des Gemeinderathes.

A. Im Allgemeinen.

§ 51. Der Gemeinderath ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen berufen, die Gemeinde in Ausübung ihrer Rechte und Pflichten zu vertreten, bindende Beschlüsse für sie zu fassen und dieselben im geeigneten Wege vollziehen zu lassen.

Er hat die Interessen der Gemeinde allseitig zu wahren, und für die Befriedigung derselben durch gesetzliche Mittel zu sorgen.

§ 52. Demnach gehört zu seinem Wirkungskreise außer den in diesem Statute an anderen Orten dem Gemeinderathe vorbehaltenen Geschäften:
I. Die Selbstbestimmung in Gemeindeangelegenheiten (§ 53);
II. die Oberaufsicht über die Geschäftsführung in Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde (§§ 54, 55, 56);
III. die Entscheidung in gewissen, wegen ihrer besondern Wichtigkeit seiner Genehmigung vorbehaltenen Verwaltungsangelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises (§§ 57, 58, 59).

B. Insbesondere.

§ 53. I. Selbstbestimmung. Kraft des der Gemeinde zustehenden Rechtes der Selbstbestimmung in Gemeindeangelegenheiten hat der Gemeinderath innerhalb der gesetzlichen Grenzen organische Beschlüsse in allen auf den selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde betreffenden Angelegenheiten zu fassen.

II. Ausübung der Oberaufsicht.

§ 54. a) Überhaupt. Infolge des der Gemeinde zustehenden Rechtes der Oberaufsicht ist der Gemeinderath befugt, die Geschäftsführung aller Gemeindeämter und Gemeindeanstalten in Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises zu untersuchen, beziehungsweise untersuchen zu lassen, die Vorlage aller einschlägigen Acten, Urkunden, Rechnungen, Schriften und Berichte zu verlangen und sich in einzelnen Fällen von besonderer Wichtigkeit die Genehmigung vorzubehalten.

§ 55. b) Insbesondere in Ansehung der Verwaltung des Gemeindevermögens und Gemeindegutes. Der Gemeinderath ist verpflichtet, für die Eintragung des unbeweglichen Eigenthumes der Gemeinde in die öffentlichen Bücher zu sorgen, dann das gesammte sowohl bewegliche als unbewegliche Eigenthum, sowie sämmtlicher Gerechtsame der Gemeinde und die in der Verwaltung der Gemeinde stehenden Fonde und Stiftungen mittels eines Inventars in Übersicht zu halten und dasselbe jährlich zu veröffentlichen.

Er hat dafür zu sorgen, daß das gesammte erträgnißfähige Vermögen der Gemeinde und die in der Verwaltung der Gemeinde stehenden Stiftungen in der Art verwaltet werden, daß sie ohne Beeinträchtigung der Substanz die thunlichts größte Rente abwerfen.

Er ist endlich verpflichtet, darauf zu sehen, daß kein berechtigtes Gemeindeglied aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen ziehe, als zur Deckung seines Bedarfes nothwendig ist. Jede nach Deckung des Bedarfes erübrigende Nutzung hat eine Rente für die Gemeinde zu bilden.

Jede nach Deckung des Bedarfes erübrigende Nutzung hat eine Rente für die Gemeinde zu bilden.

§ 56. c) Scontirung der Cassen. Der Gemeinderath hat darauf zu sehen, daß die Gemeinde- und städtischen Fundscassen von Zeit zu Zeit scontirt werden und kann auch deren Scontirung durch den Stadtrath, sowie auch durch Commissionen aus seiner Mitte vornehmen.

III. Der Entscheidung des Gemeinderathes vorbehaltende Angelegenheiten.

§ 57. a) Feststellung des Voranschlages. Der Gemeinderath hat jährlich auf Grundlage der Inventarien und Rechnungen, dann der von den Bezirksvorstehern vorgelegten Bezirkserfordernisvoranschläge die Voranschläge der Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde, sowie sämmtlicher unter Gemeindeverwaltung stehender Fonde und Anstalten in allen Einnahms- und Ausgabsposten zu prüfen, und für das nächstfolgende Jahr festzustellen.

Die vom Magistrate verfaßten Voranschläge müssen dem Gemeinderathe jährlich zwei Monate vor Anfang des Verwaltungsjahres, das mit jenem des Staates zusammenfällt, von dem Stadtrathe vorgelegt werden.

Durch 14 Tage vor der Prüfung und Feststellung durch den Gemeinderath sind sie zur öffentlichen Einsicht aufzulegen, und ist dies in sämmtlichen Bezirken, sowie durch Einschaltung in der "Wiener Zeitung" zu verlautbaren.

Die Erinnerungen der Gemeindemitglieder darüber werden zu Protokoll genommen und bei der Prüfung in Erwägung gezogen.

§ 58. b) Prüfung und Erledigung der Rechnungen. Der Gemeinderath prüft und erledigt die vom Magistrate verfaßten, gehörig belegten Jahresrechnungen über die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde und sämmtlicher unter Gemeindeverwaltung stehender Fonde und Anstalten, welche der Stadtrath längstens neun Monate nach Ablauf des Verwaltungsjahres vorzulegen hat.

Durch 14 Tage vor der Prüfung und Erledigung der Rechnung werden dieselben zur öffentlichen Einsicht aufgelegt und wird dies in sämmtlichen Bezirken, sowie durch Einschaltung in die "Wiener Zeitung" verlautbart.

Die Erinnerungen der Gemeindemitglieder darüber werden zu Protokoll genommen und bei der Prüfung in Erwägung gezogen.

Bei nicht genügender Rechtfertigung der in Ansehung der Rechnungen gestellten Mängel wird vom Gemeinderathe das administrative Erkenntnis gegen den Zahlungspflichtigen, vorbehaltlich des weiteren gesetzlichen Verfahrens, geschöpft.

§ 59. c) Sonstige besonders wichtige Verwaltungsangelegenheiten. Die dem Gemeinderathe sowohl für die Gemeinde selbst als auch für die gesondert verwalteten Fonde und Anstalten vorbehaltenen Verwaltungsangelegenheiten sind ferner:
a) die Anerkennung der Wahlen in den Gemeinderath und in die Bezirksvertretungen (§§ 24 und 26 Gemeinde-Wahlordnung);
b) die Organisirung sämmtlicher Gemeindeämter und Gemeindeanstalten in Beziehung auf die Zahl, der Besoldung und die sonstigen Bezüge der Beamten, Diener oder sonstigen Angestellten der Gemeinde;
c) die Festsetzung der Dienstespragmatik, sowie der Pensionsvorschriften für die Angestellten der Gemeinde und für ihre Witwen und Waisen;
d) die Beschlußfassung über die Functionsgebür und Amtswohnung des Bürgermeisters über die Functionsgebüren der Vicebürgermeister und der der Stadträthe dann darüber, ob und welche Functionsgebüren den einzelnen Mitgliedern der ständigen Ausschüsse, sowie den fallweise als Referenten zugezogenen Gemeinderathsmitgliedern für die Theilnahme an den Sitzungen zuerkannt werden, endlich darüber, ob und welche Funktionsgebüren den Bezirksvorstehern für die Dauer ihrer Amtsführung und ob den Betriebsräthen eine Vergütung ihrer Barauslagen bei Commissionen ect. zu gewähren sei;
e) die alljährliche Bewilligung der Geldmittel für Remunerationen, Gnadengaben, Aushilfen und Gehaltsvorschüsse;
f) die Bewilligung zum Beginne oder zur Aufhebung eines Rechtsstreites sowie zur Eingehung eines Vergleiches in allen wichtigen Angelegenheiten, deren Vorlage an den Gemeinderath der Stadtrath oder der Bürgermeister beschließt;
g) die Bewilligung zur Einbringung von Beschwerden an das Reichsgericht oder den Verwaltungsgerichtshof, sowie zur Ergreifung außerordentlicher Rechtsmittel;
h) die Erwerbung und Verpfändung unbeweglicher Güter oder denselben gleichgehaltener Rechte, wenn deren Kaufpreis oder Tauschwert oder die Pfandsumme 20.000 Kronen übersteigt.
i) die Eingehung und Auflösung von Bestand- und sonstigen Verträgen, wenn das bedungene Entgelt jährlich mindestens 10.000 Kronen beträgt oder die Dauer des Vertrages sechs Jahre übersteigt;
k) die Veräußerung von unbeweglichem Gemeindevermögen oder Gemeindegut im Werte von mehr als 6000 Kronen, sowie die Veräußerung von beweglichen Gemeindevermögen im Werte von mehr als 20.000 Kronen.
    Wenn ein Viertel der Anwesenden Protest einlegt, hat der Bürgermeister den Beschluß zu sistiren und den Fall dem Landtage zur Entscheidung vorzulegen.
    Die Veräußerung eines Bestandtheiles des unbeweglichen Gemeindevermögens oder Gemeindegutes im Werte von über 100.000 Kronen kann jedoch nur Kraft eines Landesgesetzes stattfinden;
i) die Ausschreibung von Abgaben zur Deckung der Gemeindebedürfnisse, dann die Festsetzung von Gebüren, Taxen und sonstigen Leistungen für Gemeindezwecke.
    Zuschläge, welche 30 Procent der directen landesfürstlichen Steuern oder der Verzehrungssteuer, dann Umlagen auf den Mietzins, welche mit Einschluß der für Schulzwecke eingehobenen Umlage 15 Heller von jeder Krone des Jahresmietzinses übersteigen, ferner neue Anlagen, Abgaben, Gebüren, Taxen und sonstige Leistungen für Gemeindezwecke, mögen dieselben von allen Gemeindegliedern oder nur für die Benützung öffentlicher nothwendiger Gemeindeanstalten zu entrichten sein, sowie die Erhöhung schon bestehender solcher Abgaben bedürfen der Bewilligung durch ein Landesgesetz.
    Alle diese Leistungen zur Deckung der Gemeindebedürfnisse oder für Gemeindezwecke können mit denselben Zwangsmitteln eingetrieben werden, welche zur Einhebung der landesfürstlichen directen Steuern bestehen.
    Zuschläge zu den landesfürstlichen Steuern sind auf alle in der Gemeinde vorgeschriebenen Steuern dieser Art, ohne Unterschied, ob der Steuerpflichtige Gemeindemitglied ist oder nicht, aufzutheilen und auf alle Gattungen dieser Steuern gleichmäßig umzulegen. Doch kann eine verschiedene Auftheilung in demselben Verhältnisse wie bei Landesumlagen der gleichen Steuergattung stattfinden.
    Von Zuschlägen zu den directen Steuern können Hof-, Staats-, Landes-, Gemeinde- und öffentliche Fondsbeamte und Diener, Militärpersonen, dann deren Witwen und Waisen bezüglich ihrer Dienstbezüge und aus dem Dienstverhältnisse entsprungenen Pensionen, Provisionen, Erziehungsbeiträge und Gnadengenüsse nicht getroffen werden;
m) die Aufnahme von Darlehen sowie die Leistung von Bürgschaften im Interesse der Gemeinde.
    Wenn ein Viertel der Anwesenden Protest einlegt, ha der Bürgermeister den Beschluß zu sistiren und den Fall dem Landtage zur Entscheidung vorzulegen.
    Sollte jedoch das Darlehen oder die verbürgte Summe den Betrag von vier Millionen Kronen übersteigen, so kann die Bewilligung dazu nur durch ein Landesgesetz ertheilt werden;
n) die Abschreibung, Nachsicht oder Herabsetzung einer Gemeindeforderung, sobald solche 10.000 Kronen übersteigt;
o) die Nachsicht von Mängelersätzen im Betrage von mehr wie 10.000 Kronen;
p) die Bewilligung zur Ausführung von Neubauten auf Kosten der Gemeinde, wenn diese Kosten den Betrag von 20.000 Kronen überschreiten;
q) die Bewilligung von allen nicht präliminirten Auslagen, wenn dieselben mehr als 20.000 Kronen betragen, ferner die Bewilligung zur Überschreitung einer Budgetpost, wenn die Überschreitung mehr als 20.000 Kronen beträgt. (§ 78);
r) die Bewilligung von Aushilfsbeiträgen an Wohlthätigkeits- und sonstige gemeinnützige Anstalten und Vereine, sowie von Unterstützungsbeiträgen für caritative und andere gemeinnützige Zwekce, insbesondere wenn deren Förderung in dem Pflichtenkreise der Stadt Wien als der Reichshaupt- und Residenzstadt begründet ist;
s) die Ausübung des Petitionsrechtes der Gemeinde;
t) die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes, des taxfreien Bürgerrechtes, des Bürgerrechtes mit Nachsicht der Taxen und der Salvator-Medaille.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurde der § 59 lit. a aufgehoben.

§ 60. Unzulässigkeit von Berufungen gegen Beschlüsse des Gemeinderathes. Gegen Beschlüsse des Gemeinderathes in allen dem selbständigen Wirkungskreise der Gemeinde überlassenen Angelegenheiten findet eine weitere Berufung, insoferne eine solche nicht in anderen Gesetzen vorgesehen ist, nicht statt.

§ 61. Überlassung von Gegenständen an die Bezirksvertretungen. Der Gemeinderath bestimmt, welche Gegenstände des selbständigen Wirkungskreises in den einzelnen Bezirken, abgesehen von den schon auf Grund dieses Gemeindestatutes dem Wirkungskreise der Bezirksausschüsse zugewiesenen Angelegenheiten, noch außerdem der Beschlußfassung der Bezirksvertretungen überlassen werden, und kann auch fallsweise einzelne Gegenstände einer Bezirksvertretung übertragen.

Allgemeine Beschlüsse in dieser Richtung können nur bei Anwesenheit von mindestens 100 Mitgliedern des Gemeinderathes von der absoluten Mehrheit der Anwesenden gefaßt werden. Zu einer Beschlußfassung über die Abänderung eines solchen Beschlusses wird die Anwesenheit von wenigstens 100 Mitgliedern und die Zustimmung von wenigstens drei Vierttheilen der Anwesenden erfordert.

§ 62. Concurrenzen. Die Concurrenz zu Kirchen- und Pfarrhof-, Schul- und Straßenbaulichkeiten ist Gegenstand besonderer Gesetze.

§ 63. Beschlußfähigkeit. Damit der Gemeinderath einen Beschluß fassen könne, müssen, insoweit dieses Gemeindestatut nicht eine andere Bestimmung enthält, wenigstens 52 seiner Mitglieder versammelt sein.

Wenn es sich aber um eine der im § 59 unter lit. k) und m) angeführten Verwaltungsangelegenheiten, beziehungsweise um solche Angelegenheiten handelt, welche nach § 59, lit. l), der Bewilligung durch ein Landesgesetz bedürfen, ist zur Beschlußfassung die Anwesenheit von wenigstens 100 seiner Mitglieder erforderlich. Wird die Erledigung einer der angeführten Verwaltungsangelegenheiten dadurch vereitelt, daß bei der Abstimmung weniger als 100 Gemeinderathsmitglieder anwesend sind, so sind sämmtliche Gemeinderathsmitglieder zu einer neuerlichen Sitzung einzuladen, damit über diesen Gegenstand abgestimmt werde.

Bei dieser Sitzung genügt zur Beschlußfähigkeit über denselben Gegenstand die Anwesenheit von 80 Mitgliedern des Gemeinderathes; doch muß in der Einladung sowohl dieser Umstand ausdrücklich erwähnt, als auch der Gegenstand der Abstimmung angeführt werden.

Zum Beginne oder zur Fortsetzung der Berathung über die im zweiten Absatze dieses Paragraphen erwähnten Angelegenheiten ist die Anwesenheit von 100, beziehungsweise 80 Mitgliedern des Gemeinderathes nicht erforderlich.

§ 64. Enthaltung von der Abstimmung. Wenn die dienstliche Wirksamkeit des Bürgermeisters oder eines Mitgliedes des Gemeinderathes den Gegenstand der Berathung und Schlußfassung bildet, haben sich die Betheiligten der Abstimmung zu enthalten, müssen jedoch der Sitzung, wenn es gefordert wird, zur Ertheilung der gewünschten Auskünfte beiwohnen.

§ 65. Abtreten von der Sitzung. So oft ein besonderes Vermögens- oder sonstiges Privatinteresse eines Mitgliedes, seiner Ehegattin oder seiner Verwandten oder Verschwägerten bis einschließlich zum zweiten Grade einen Gegenstand der Verhandlung bildet, hat dasselbe abzutreten.

§ 66. Beschlußfassung. Zu einem giltigen Beschlusse des Gemeinderathes ist die absolutes Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich, insoferne nicht durch dieses Gemeindestatut andere Bestimmungen getroffen sind.

Beschlüsse über die in dem § 59 unter k) und m) angeführten, beziehungsweise über solche Verwaltungsangelegenheiten, welche nach § 59, lit. k), der Bewilligung durch ein Landesgesetz bedürfen, können nur mit Zustimmung von mindestens 80 Mitgliedern des Gemeinderathes giltig gefaßt werden.

Bei gleich getheilten Stimmen entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Wahlen sind immer mittels Stimmzettel vorzunehmen.

§ 67. Leitung der Verhandlungen. Der Bürgermeister oder, wenn dieser verhindert ist, der vom Bürgermeister bestimmte und bei dem Abgange einer solchen Bestimmung der der Reihe nach berufene Vicebürgermeister führt in den Sitzungen den Vorsitz. Jede Sitzung, bei welcher dies nicht beobachtet wurde, ist ungesetzlich und die gefaßten Beschlüsse sind ungiltig.

Der Vorsitzende hat die Pflicht, welche im Laufe der Verhandlungen vorkommen, durch Erinnerungen, Rügen, Verweisung zur Ordnung und Entziehung des Wortes zu ahnden.

Jeder Gemeinderath ist verpflichtet, unmittelbar nach seinem Eintritte in den Gemeinderath in öffentlicher Sitzung ein Gelöbnis abzulegen, dem angestammten Allerhöchsten Kaiserhause und dem Vaterlande jederzeit unbedingt die Treue zu bewahren, den österreichischen Staatsgedanken hochzuhalten und den Bestimmungen des Gemeindestatutes nachzukommen.

Der Schriftführer verliest die Gelöbnisformel.

Das Gelöbnis unter Bedingungen oder mit Zusätzen gilt als verweigert.

Die Entscheidung darüber, ob ein Mitglied des Gemeinderathes durch sein Verhalten während einer Gemeinderathssitzung das vorerwähnte Gelöbnis gebrochen hat, hat über Antrag des Bürgermeisters ein auf die Dauer von drei Jahren zu wählender, aus zehn Mitgliedern und zehn Ersatzmännern bestehender Disciplinarausschusses zu veranlassen. Letzterer, welcher seinen Beschluß in geheimer Sitzung sofort zu fassen hat, kann auf Ausschluß des betreffenden Gemeinderathsmitgliedes von dieser, im äußerten Falle auch von den nächstfolgenden drei Sitzungen erkennen.

Einem solchen Ausspruche, welcher vom Bürgermeister, beziehungsweise dem Vorsitzenden nach Wiedereröffnung der Sitzung zu verlautbaren ist, hat sich deas ausgeschlossene Mitglied des Gemeinderathes zu fügen, widrigenfalls dasselbe seines Amtes als Gemeinderath verlustig wird und in dem Zeitraum von zwei Jahren nicht wieder gewählt werden kann.

Sollte aus diesem Anlasse ein Mitglied des Gemeinderathes seines Amtes verlustig werden, so hat der Bürgermeister dies in öffentlicher Sitzung zu verkünden.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 erhielt der § 67 Abs. 4 folgende Fassung:
"Jeder Gemeinderat ist verpflichtet, unmittelbar nach seinem Eintritt in den Gemeinderat in öffentlicher Sitzung das folgende Gelöbnis abzulegen:
    "Ich gelobe, der Republik Deutschösterreich und der Stadt Wien jederzeit die Treue zu halten, alles zu unterlassen, was den deutschen Charakter Wiens gefährden oder beeinträchtigen könnte und den Bestimmungen des Gemeindestatutes nachzukommen."

§ 68. Öffentlichkeit der Sitzungen. Die Sitzungen des Gemeinderathes sind öffentlich.

Doch können Sitzungen mit Ausnahme jener, in welchen die Gemeinderechnungen oder der Gemeindevoranschlag verhandelt wird, über den von wenigstens zwanzig Mitgliedern gestellten Antrag, wenn sich die Majorität dafür ausspricht, auch nicht öffentlich abgehalten werden. Auch der Bürgermeister kann Gegenstände mit Ausnahme der vorerwähnten in eine nicht öffentliche Sitzung verweisen. In dieser nicht öffentlichen Sitzung kann jedoch der Gemeinderath die Verweisung des Gegenstandes zur Verhandlung in öffentlicher Sitzung beschließen.

Die Zuhörer haben sich jeder Äußerung zu enthalten.

Wenn sich dieselben herausnehmen, die Berathungen des Gemeinderathes in irgend einer Weise zu stören oder gar die Freiheit desselben zu beirren, so ist der Vorsitzende berechtigt und verpflichtet, nach vorausgegangener fruchtloser Ermahnung zur Ordnung die Zuhörer aus dem Sitzungssaale entfernen zu lassen.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurde der § 68 wie folgt geändert:
- die Überschrift erhielt folgende Fassung: "Öffentlichkeit und Verhandlungssprache der Sitzungen. ".
- der Abs. 1 erhielt folgende Fassung:
"Die Sitzungen des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen sind öffentlich. Die Verhandlungssprache ist die deutsche."

Zahl und Zeit der Sitzungen.

§ 69. Der Gemeinderath tritt so oft zusammen, als die Geschäfte es erfordern.

Der Gemeinderath kann sich nur auf Einberufung des Bürgermeisters und, wenn dieser verhindert ist auf Einberufung des zunächst berufenen Vicebürgermeisters versammeln. Jede Sitzung, welcher eine solche Einberufung nicht zugrunde liegt, ist ungesetzlich, und es sind die gefaßten Beschlüsse ungiltig. Hinsichtlich aller Zustellungen des Bürgermeisters an die Gemeinderäthe genügt es, wenn die Sendungen der Post behufs Beförderung in den in Wien gelegenen Wohnort des Gemeinderathes rechtzeitig übergeben werden.

Der Bürgermeister ist verpflichtet, eine Sitzung des Gemeinderathes einzuberufen, sobald dieses Verlangen von wenigstens 52 Gemeinderathsmitgliedern schriftlich gestellt wird, oder der Statthalter ein solches Verlangen stellt.

Der Statthalter ist von der Anordnung jeder Sitzung in Kenntnis zu setzen.

§ 70. Deputationen dürfen zu den Sitzungen nicht zugelassen werden.

§ 71, Sitzungsprotokoll. Über die Sitzungsverhandlungen ist ein Protokoll zu führen, in welches namentlich alle Anträge, sie mögen vom Bürgermeister oder einem Mitgliede des Gemeinderathes gestellt worden sein, sowie auch alle Beschlüsse aufgenommen werden müssen.

Dasselbe ist von dem Vorsitzenden, einem vom Gemeinderathe zu bestimmenden Mitgliede und dem Schriftführer zu unterzeichnen, in dem Gemeindearchive aufzubewahren, und es in jedem Gemeindemitgliede auf Verlangen Einsicht in dasselbe zu gestatten.

§ 72. Vollzug der Beschlüsse. Der Bürgermeister ist verpflichtet, jeden giltigen Beschluß des Gemeinderathes in der von demselben angegebenen Art in Vollzug zu setzen.

Er bedient sich hiezu des Magistrates, der Vicebürgermeister, der Bezirksvorsteher oder auch einzelner Mitglieder des Gemeinderathes.

§ 73. Sistirung der Beschlüsse. Erachtet der Bürgermeister, daß ein Beschluß des Gemeinderathes den bestehenden Gesetzen zuwiderläuft, oder den Wirkungskreis der Gemeinde überschreitet, oder der Gemeinde einen wesentlichen Schaden zuführt, so ist er berechtigt und verpflichtet, mit der Vollziehung desselben inne zu halten, und unverzüglich den Gegenstand an den Statthalter zu leisten.

Der Statthalter übergibt die Verhandlung dem Landtage, wenn die Sistirung wegen des gefährdeten Interesses der Gemeinde erfolgte. Ist der Landtag nicht versammelt und erleidet die Sache keinen Aufschub, so trifft der Statthalter die provisorische Verfügung.

Geschah die Sistirung wegen Verletzung eines Gesetzes oder wegen Überschreitung des Wirkungskreises, so hat der Statthalter zu entscheiden, gegen dessen Ausspruch der Recurs an das Ministerium des Innern ergriffen werden kann.

Zweite Abtheilung.
Von dem Wirkungskreise des Stadtrathes, sowie der Ausschüsse.

§ 74. Der Stadtrath ist das beschließende Organ der Gemeinde in allen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises, welche in diesem Statute nicht dem Gemeinderathe vorbehalten, oder dem Magistrate übertragen sind, dann in jenen Angelegenheiten, welche auf Grund der Beschlüsse des Gemeinderathes durchgeführt werden sollen, soferne dieselben nicht auf Grund der §§ 61 und 92 dieses Statutes den Bezirksausschüssen zugewiesen wurden.

§ 75. Der Stadtrath ernennt alle Beamten und sonstigen Angestellten der Gemeinde über Vorschlag des Magistrates ohne an diesen gebunden zu sein und übt das Präsentationsrecht der Gemeinde rücksichtlich aller Lehrerstellen aus.

§ 76. Der Stadtrath hat nach Maßgabe der Dienstespragmatik über die Versetzung in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand und über die Entlassung der Angestellten der Gemeinde, ferner über die Bewilligung der Bezüge ihrer Witwen und Waisen zu entscheiden.

§ 77. Der Stadtrath, beziehungsweise die Ausschüsse haben bei allen der Entscheidung des Gemeinderathes vorbehaltenen Gegenständen die Vorberathungen zu pflegen und die geeigneten Anträge im Gemeinderathe zu stellen.

§ 78. Der Stadtrath übt die Aufsicht über die Vermögensverwaltung des Magistrates und der sonstigen Gemeindeämter und der Gemeindeanstalten.

Er prüft die Voranschläge und Jahresrechnungen und legt dieselben mit seinen Anträgen dem Gemeinderathe vor.

Er hat die Gemeinde- und die städtischen Fondscassen von Zeit zu Zeit zu scontiren.

Er faßt Beschlüsse über das Gemeindevermögen, das Einkommen und die Sicherstellung der Bedürfnisse der Gemeinde, soferne es sich nicht um Gegenstände handelt, welche der Beschlußfassung des Gemeinderathes vorbehalten oder anderen Gemeindeorganen zugewiesen sind.

Stellen sich jedoch im Laufe eines Verwaltungsjahres dringende Erfordernisse ein, für welche die Auslagen vom Gemeinderathe gar nicht oder nicht in der erforderlichen Höhe bewilligt wurden, so ist, wenn die neue Auslage oder der angesprochene Mehrbetrag 20.000 Kronen übersteigt, die Bewilligung des Gemeinderathes einzuholen.

§ 79. Der Stadtrath hat sich genau an die Ansätze des Voranschlages zu halten und rücksichtlich der der Genehmigung des Gemeinderathes vorbehaltenen Auslagen diese Genehmigung einzuholen.

Wenn in Fällen der äußersten Dringlichkeit die vorläufige Einholung dieser Bewilligung ohne großen Schaden und ohne Gefahr nicht möglich ist, kann der Stadtrath unter seiner Verantwortung die Bestreitung der nothwendigen Auslagen anordnen, es muß jedoch unverzüglich die nachträgliche Genehmigung des Gemeinderathes erwirkt werden.

Wenn selbst die Einvernehmung des Stadtrathes nicht möglich wäre, kann auch der Bürgermeister unter seiner Verantwortung die Bestreitung der nothwendigen Auslagen anordnen. Es muß jedoch unverzüglich die nachträgliche Genehmigung des Stadtrathes oder wenn es sich um Gegenstände handelt, welche der Beschlußfassung des Gemeinderathes vorbehalten sind, des letzteren erwirkt werden.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurde dem § 79 nach dem Abs. 1 folgender Absatz eingefügt:
"Für die Erledigung laufender Angelegenheiten von geringerer Tragweite kann der Stadtrat die Beschlußfassung aus seiner Mitte gewählten Abteilungen (Senaten) überlassen; doch steht es jedem Mitgliede des Stadtrates frei, die Beschlußfassung über solche Gegenstände in der Vollversammlung zu verlangen; zu diesem Zwecke ist das Verzeichnis der der Beschlußfassung in den Abteilungen zuzuführenden Geschäftsstücke zur Einsicht aller Stadträte bereitzulegen."

§ 80. Entscheidung über Beschwerden. Soferne das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, entscheidet der Stadtrath über Beschwerden gegen Verfügungen des Magistrates, eines magistratischen Bezirksamtes oder eines Bezirksvorstehers, dann gegen Beschlüsse einer Bezirksvertretung in den zum selbständigen Wirkungskreise gehörigen Angelegenheiten.

Solche Beschwerden sind beim Magistrate, beziehungsweise, wenn es sich um Verfügungen eines magistratischen Bezirksamtes oder eines Bezirksvorstehers oder um einen Beschluß eines Bezirksausschusses handelt, bei dem magistratischen Bezirksamte binnen einer vierzehntägigen Fallfrist, vom Tage der Zustellung der Erledigung an gerechnet, zu überreichen.

Sitzungen des Stadtrathes und der Ausschüsse.

§ 81. Den Vorsitz im Stadtrathe führt der Bürgermeister oder, wenn dieser verhindert ist, der vom Bürgermeister bestimmte, und bei dem Abgange einer solchen Bestimmung, der der Reihe nach berufene Vicebürgermeister.

Sitzungen, bei welchen dieser Vorgang nicht beobachtet wurde, sind ungesetzlich und die gefaßten Beschlüsse sind ungiltig.

Bei den Sitzungen des Stadtrahtes ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

§ 82. Wenn die dienstliche Wirksamkeit des Bürgermeisters, der Vizebürgermeister, eines Stadtrathes oder eines Mitgliedes der Ausschüsse den Gegenstand der Berathung und Schlußfassung bildet, haben sich die Betheiligten der Abstimmung zu enthalten, der Sitzung jedoch, wenn es erfordert wird, behufs Ertheilung der gewünschten Auskünfte beizuwohnen.

§ 83. Wenn ein besonderes Vermögens- oder sonstiges Privatinteresse eines Stadtrathes, eines Mitgliedes der Ausschüsse oder seiner Ehegattin, seiner Verwandten oder Verschwägerten bis einschließlich des zweiten Grades den Gegenstand der Verhandlung bildet, hat dasselbe abzutreten.

§ 84. Zuziehung von Bezirksvorstehern und Angestellten der Gemeinde. Der Stadtrath und die Ausschüsse sind berechtigt, ihren Sitzungen die einzelnen Bezirksvorsteher und in deren Verhinderung ihre Stellvertreter, sowie auch Angestellte der Gemeinde mit berathender Stimme beizuziehen.

§ 85. Sitzungsprotokoll. Über die Sitzungen des Stadtrathes, sowie der Ausschüsse ist durch einen vom Bürgermeister zu bestimmenden Magistratsbeamten ein Protokoll zu führen, in welches alle Anträge - sie mögen vom Vorsitzenden, von einem Mitgliede gestellt worden sein - sowie auch alle vom Stadtrathe gefaßten Beschlüsse aufgenommen werden müssen.

Dieses Protokoll ist vom Vorsitzenden, von einem Mitgliede des Stadtrathes und vom Schriftführer zu unterfertigen und im Gemeindearchive aufzubewahren. Den Mitgliedern des Gemeinderathes steht die Einsicht in diese Protokolle frei.

§ 86. Beschlüsse des Stadtrathes. Zur Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von wenigstens 12, und in den Fällen der §§ 75 und 76 wenigstens 16 Mitgliedern des Stadtrathes - außer dem Vorsitzenden - erforderlich.

Zu einem giltigen Beschlusse des Stadtrathes ist die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.

Bei gleichgetheilten Stimmen entscheidet der Vorsitzende.

§ 87. Von den Ausschüssen. Die Ausschüsse des Gemeinderathes sind beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Ausschußmitglieder anwesend ist.

Von jeder Sitzung sind der Bürgermeister und die Vicebürgermeister zu verständigen.

Zu einem giltigen Beschlusse ist die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.

§ 88. Vorlage von Beschlüssen des Stadtrathes oder der Ausschüsse an den Gemeinderath. Der Bürgermeister ist berechtigt, jeden Beschluß des Stadtrathes oder eines Ausschusses vor dem Vollzuge dem Gemeinderathe zur Entscheidung vorzulegen; er ist hiezu verpflichtet, wenn er erachtet, daß ein solcher Beschluß den bestehenden Gesetzen zuwiderläuft oder den Wirkungskreis des Stadtrathes oder eines Ausschusses überschreitet, oder der Gemeinde einen wesentlichen Schaden zugefügt.

§ 89. Unzulässigkeit von Berufungen gegen Beschlüsse des Stadtrathes oder der Ausschüsse. Gegen Beschlüsse des Stadtrathes oder der Ausschüsse in allen ihm durch dieses Statut zugewiesenen Angelegenheiten findet eine weitere Berufung, insbesondere auch an den Gemeinderath, nicht statt, insoferne nicht eine solche in anderen Gesetzen vorgesehen ist.

§ 90. Vollzug der Beschlüsse. Der Bürgermeister ist außer den im § 88 angeführten Fällen verpflichtet, jeden Beschluß des Stadtrathes oder der Ausschüsse in Vollzug zu setzen.

Er bedient sich hiezu des Magistrates, kann aber auch die Vollziehung einzelnen Mitgliedern des Gemeinderathes oder den Bezirksvorstehern übertragen.

Dritte Abtheilung.
Von dem Wirkungskreise des Bezirksvorstehers und der Bezirksvertretung.

§ 91. Stellung des Bezirksvorstehers. Die Bezirksvorsteher sind Executivorgane der Gemeinde und dienen zur Unterstützung des Bürgermeisters in den Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde, soweit sie den Gemeindebezirk betreffen.

Aufträge, welche dem Bezirksvorsteher vom Bürgermeister zukommen, hat er unter seiner Verantwortlichkeit selbst zu vollziehen oder vollziehen zu lassen. Hiezu kann er sich auch der Mitglieder des Bezirksausschusses bedienen.

Die Bezirksvorsteher können jederzeit den Sitzungen des Gemeinderathes mit berathender Stimme anwohnen.

§ 92. Von der Bezirksvertretung. Die Bezirksvertretung besorgt jene Angelegenheiten, welche die Interessen des Bezirkes zunächst berühren, und innerhalb seiner Bezirksgrenzen sowie mit den der Verwendung im Bezirke gewidmeten oder den von dem Gemeinderathe bewilligten Mitteln vollständig durchgeführt werden können, insoferne ihm diese Angelegenheiten vom Gemeinderathe ausdrücklich übertragen worden sind.

Sie hat sich bei der Besorgung dieser Angelegenheiten an die vom Gemeinderathe für die Bezirksvertretungen festgesetzte Geschäftsordnung und an die etwaigen besonderen fallweisen Anordnungen des Gemeinderathes zu halten.

Sie ist berechtigt, in allen anderen den Bezirk oder die ganze Gemeinde betreffenden Angelegenheiten Anträge bei dem Gemeinderathe, beziehungsweise Stadtrathe einzubringen.

Sie hat insbesondere alljährlich spätestens sechs Monate vor Beginn des Verwaltungsjahres den Voranschlag über das für die besonderen Bedürfnisse des Bezirkes sich ergebende Erfordernis dieses Jahres, nachdem dieser Voranschlag durch vierzehn Tage zur allgemeinen Einsicht aufgelegen ist, an den Bürgermeister einzusenden und die hiezu vorgebrachten Einwendungen und Erinnerungen anzuschließen.

§ 93. Sitzungen der Bezirksvertretung. Die Sitzungen der Bezirksvertretung sind mindestens in jedem Vierteljahre einmal vom Bezirksvorsteher einzuberufen und unter dem Vorsitze desselben oder seines Stellvertreters abzuhalten. Zu ihrer Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder  erforderlich. Die Beschlüsse werden mit absoluter Mehrheit der Anwesenden gefaßt.

Nach Bedarf und insbesondere dann, wenn wenigstens ein Drittel der Mitglieder, der Bürgermeister oder der Statthalter es verlangen, sind auch außerordentliche Sitzungen einzuberufen.

Von jeder Sitzung ist der Bürgermeister rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen, und steht es diesem oder dem von ihm hiezu bestimmten Gemeinderathsmitgliede jederzeit frei, in der Sitzung der Bezirksvertretung das Wort zu ergreifen, ohne jedoch an der Abstimmung theilzunehmen.

Die für die Sitzungen des Gemeinderathes geltenden Vorschriften haben im übrigen auch für die Sitzungen der Bezirksvertretung entsprechende Anwendung zu finden.

§ 94. Sistirung der Beschlüsse. Wenn eine Bezirksvertretung Beschlüsse faßt, welche gegen das Gesetz oder gegen Beschlüsse des Gemeinderathes verstoßen, oder den Wirkungskreis der Bezirksvertretung überschreiten, oder welche nach der Ansicht des Bezirksvorstehers wichtige Interessen des Bezirkes verletzen ist er verpflichtet, die Ausführung solcher Beschlüsse aufzuschieben und hierüber die Entscheidung des Bürgermeisters einzuholen, welchem auch seinerseits das Recht zusteht, in solchen Fällen mit der Sistirung vorzugehen.

§ 95. Auflösung der Bezirksvertretungen. Die Bezirksvertretung kann vom Gemeinderathe oder vom Statthalter aufgelöst werden.

Bis zu der binnen längstens sechs Wochen auszuschreibenden Neuwahl der gesammten Bezirksvertretung hat der Bürgermeister für die Fortführung der den der Bezirksvertretung zukommenden Geschäfte Vorsorge zu treffen. Dem Bürgermeister steht überdies das Recht zu, einzelne Mitglieder der Bezirksvertretung, insbesondere den Bezirksvorsteher, ihres Amtes zu entheben, wenn dieselben die Erfüllung ihrer Amtsobliegenheiten beharrlich vernachlässigen.

Vierte Abtheilung.
Von dem Wirkungskreise des Bürgermeisters und des Magistrates.

§ 96. Stellung des Bürgermeisters. Der Bürgermeister repräsentirt die Gemeinde als juristische Person nach außen sowohl in Rechts-, als in Verwaltungsangelegenheiten.

Er ist insbesondere berechtigt und verpflichtet, über die genaue Einhaltung der durch dieses Statut für die einzelnen Organe der Gemeinde bestimmten Wirkungskreise zu wachen.

Der Bürgermeister ist Vorstand des Magistrates und wird im Falle der Verhinderung durch den der Reihe nach berufenen Vicebürgermeister oder den Magistratsdirector vertreten.

Der Bürgermeister ist für die Geschäftsführung des Magistrates verantwortlich.

Dem Bürgermeister sind die sämmtlichen Beamten, Diener und sonstigen Angelegenheiten der Gemeinde untergeordnet und es steht ihm nach Maßgabe der Dienstespragmatik über dieselben die Disciplinargewalt zu.

Er hat die dem Magistrate zugewiesenen Geschäfte durch einen Magistratsreferenten oder durch das Gremium der Magistratsräthe oder durch kleinere Abtheilungen des Magistrates (Senate) erledigen zu lassen, oder unbeschadet der Bestimmung des § 98 unter eigener Verantwortung selbst zu erledigen.

Es steht ihm in allen Fällen das Recht zu, die Beschlüsse des Gremiums der Magistratsräthe oder der kleineren Abtheilungen (Senate) zu sistiren und den Gegenstand unter seiner eigenen Verantwortung zu erledigen.

Dem Bürgermeister steht die Geschäftseintheilung sowie die Zuweisung des Personales beim Magistrate und bei allen Gemeindeämtern und Gemeindeanstalten zu.

Sämmtliche Beamten und Diener und sonstige Angestellte der Gemeinde haben sich den Weisungen, welche sie vom Bürgermeister erhalten, unter seiner Verantwortlichkeit zu fügen.

Der Bürgermeister und die Vicebürgermeister sind für ihre Amtshandlungen der Gemeinde und bezüglich des übertragenen Wirkungskreises und insbesondere auch des Wirkungskreises der Gemeinde als politischer Behörde erster Instanz auch der Regierung verantwortlich.

Stellung des Magistrates.

§ 97. Der Magistrat ist das Exekutivorgan der Gemeinde.

Er besorgt die ihm zugewiesenen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises, sowie die Geschäfte des übertragenen Wirkungskreises.

Ihm obliegt daher insbesondere außer den in diesem Statute an anderen Orten ihm zugewiesenen Geschäften:
a) die unmittelbare Verwaltung des Vermögens der Gemeinde, sowie der von ihr verwalteten Fonde und Stiftungen nach Maßgabe der Anordnungen des Bürgermeisters;
b) die Verfassung der Jahresrechnungen und der Voranschläge, welche er mit seinen Anträgen dem Stadtrathe vorzulegen hat;
c) die Erstattung der Vorschläge an den Stadtrath über die Ernennung, Beförderung und Belohnung der Beamten, Diener und sonstigen Angestellten der Gemeinde, wenn es sich nicht um den Magistratsdirector oder Ober-Stadtbuchhalter handelt;
d) die Vorberathung, Berichterstattung und Antragstellung in allen Fällen, in welchen der Gemeinderath oder Stadtrath diese verlangen;
e) die Bewilligung von Remunerationen und Aushilfen bis zum Betrage von 200 Kronen, jährlich wiederkehrender Auslagen bis zum Betrage von 400 Kronen und einmaliger Auslagen bis zum Betrage von 4000 Kronen, soferne diese Auslagen im Voranschlage bedeckt sind.
    Ferner die Bewilligung zur Veräußerung von beweglichem Gemeindevermögen im Werte von weniger als 100 Kronen und die Abschreibung uneinbringlicher Gemeindeforderungen unter 100 Kronen;
f) die Aufnahme in die Versorgungshäuser und Humanitätsanstalten der Gemeinde, die Betheiligung mit Armenpfründen, Aushilfen, Unterstützungen aus den der Gemeinde unterstehenden Wohlthätigkeitsfonden;
g) der Abschluß von Verträgen, wodurch im Namen der Gemeinde Verpflichtungen übernommen oder Leistungen an dieselbe bedungen werden, wenn die darin stipulirte Zahlung ein für allemal den Betrag von 4000 Kronen nicht übersteigt, soferne der Betrag im Voranschlage bedeckt ist;
h) die Abschließung oder Auflösung von Bestandverträgen, wenn der jährliche Bestandzins 2000 Kronen oder die Dauer des Vertrages drei Jahre nicht überschreitet.

§ 98. Welche Angelegenheiten vom Magistrate der collegialen Berathung (§ 96, Alinea 6) zu unterziehen sind, bestimmt die für den Magistrat zu erlassende Geschäftsordnung.

§ 99. Abtheilungen des Magistrates. Der Magistrat besorgt die Geschäfte des übertragenen und des selbständigen Wirkungskreises nach Thunlichkeit in zwei voneinander gesonderten Abtheilungen und hat seine Ausfertigungen jedesmal demgemäß ausdrücklich zu bezeichnen.

§ 100. Localpolizei. Der Magistrat hat unter Leitung und Verantwortung des Bürgermeisters die der Gemeinde zustehende Localpolizei zu handhaben.

Er ist hiebei an die bestehenden Gesetze und Verordnungen gebunden.

Dem Magistrate steht das Recht zu, in Angelegenheiten der der Gemeinde zustehenden Localpolizei allgemeine Anordnungen und Verbote zu erlassen und Geldstrafen zu Gunsten des Gemeindearmenfondes (allgemeinen Versorgungsfondes) bis zum Betrage von 400 Kronen oder Arreststrafen bis zu vierzehn Tagen für deren Übertretung festzusetzen.

§ 101. Geschäfte des Magistrates im übertragenen Wirkungskreise der Gemeinde. Der Magistrat hat unter der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters die Geschäfte des der Gemeinde übertragenen Wirkungskreises, insbesondere die Einhebung und Abfuhr der directen Steuern unter Haftung der Gemeinde zu besorgen; außerdem hat er als politische Behörde erster Instanz alle Amtshandlungen, welche in dem der Gemeinde durch das Gesetz vom 19. Mai 1868, R. G. Bl. Nr. 44, zugewiesenen Wirkungskreise einer politischen Bezirksbehörde gelegen sind, soferne dieselben nicht der landesfürstlichen Sicherheitsbehörde vorbehalten sind, nach den für das Verfahren der politischen Bezirksbehörden jeweils bestehenden Vorschriften und alle Aufträge, welche ihm noch durch besondere Gesetze oder Anordnungen der Regierung übertragen werden, genau zu vollziehen.

Magistratische Bezirksämter.

§ 102. Zum Zwecke der Geschäftsvereinfachung bestehen in den Bezirken magistratische Bezirksämter, nöthigenfalls auch mit in einzelnen Bezirkstheilen exponirten Beamten, welche in den Bezirken dem Magistrate zugehörige Angelegenheiten selbständig namens des Bürgermeisters, beziehungsweise des Magistrates und unter dessen Überwachung besorgen. In dieser Art vertreten sie auch den Magistrat in seiner Eigenschaft als politische Behörde erster Instanz.

Diesen Bezirksämtern werden in einer vom Bürgermeister festzusetzenden Geschäftsordnung alle jene Geschäfte zugewiesen, welche nicht vermöge ihrer Natur von einer Stelle aus behandelt werden müssen.

An ihrer Spitze stehen Conceptsbeamte des Magistrates, denen das nach den Verhältnissen des Bezirkes erforderliche Personale an Hilfs- und Cassebeamten, dann Sachverständigen beigegeben ist.

Ausnahmsweise kann mit Zustimmung des Statthalters ein magistratisches Bezirksamt für zwei oder drei benachbarte Bezirke aufgestellt werden.

§ 103. Das magistratische Bezirksamt untersteht unmittelbar dem Magistrate. In jenen Angelegenheiten, welche in den Wirkungskreis der Bezirksvertretungen  gehören, hat dasselbe die Anordnungen und Beschlüsse des Bezirksvorstehers beziehungsweise der Bezirksvertretung, im Falle der Bezirksvorsteher hierum ersucht, auszuführen und die bezüglichen Erledigungen dementsprechend besonders kenntlich zu machen.

In Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises steht der Statthalterei das Recht zu, dem magistratischen Bezirksamte unmittelbar Weisungen zu ertheilen (§ 101) und Auskünfte von demselben zu begehren.

§ 104. Recurszug. In den Geschäften des übertragenen Wirkungskreises, insbesondere auch bezüglich der in Handhabung des Wirkungskreises einer politischen Behörde erster Instanz ergangenen Verfügungen des Magistrates (Bezirksamtes), dann überhaupt in allen Fällen, wo ein Gesetz dies ausdrücklich bestimmt, geht der Instanzenzug an die Statthalterei.

Die Berufung ist, soferne das Gesetz nicht eine andere Frist bestimmt, binnen der vom Tage der Kundmachung oder der Verständigung laufenden  vierzehntägigen Frist beim Magistrate (Bezirksamte) zur Vorlage an die Statthalterei einzubringen.

§ 105. Geschäftsordnung.  Die vom Bürgermeister für den Magistrat und die magistratischen Bezirksämter festzusetzende Geschäftsordnung unterliegt, insoferne sie den übertragenen Wirkungskreis als politischer Behörde erster Instanz betrifft, der Bestätigung durch den Statthalter.

Vierter Abschnitt.
Von der Überwachung der Gemeinde.

§ 106. Aufsichtsrecht der Staatsverwaltung. Die Staatsverwaltung übt das Aufsichtsrecht über die Gemeinde dahin, daß dieselbe ihren Wirkungskreis nicht überschreite und nicht gegen die bestehenden Gesetze vorgehe; dieses Aufsichtsrecht wird vom Statthalter geübt.

Derselbe kann zu diesem Ende die Mittheilung der Beschlüsse des Gemeinderathes, des Stadtrathes, der Ausschüsse oder der Bezirksvertretung, sowie der Verfügungen des Bürgermeisters und die nothwendigen Aufklärungen verlangen.

Auch hat der Statthalter oder dessen Abgeordneter das Recht, den Sitzungen des Gemeinderathes beizuwohnen und in denselben das Wort zu ergreifen, ohne jedoch an der Abstimmung theilzunehmen.

Der Statthalter ist berechtigt, vom Bürgermeister Gutachten des Gemeinderathes, Stadtrathes oder einer Bezirksvertretung zu verlangen. Der Bürgermeister ist verpflichtet, über alle jene Gemeindeangelegenheiten Beschlüsse des Gemeinderathes oder einer Bezirksvertretung innerhalb der vom Statthalter vorgeschriebenen Frist einzuholen, beziehungsweise einholen zu lassen, bezüglich welcher dies vom Statthalter verlangt wird.

§ 107. Sistirung der Beschlüsse durch den Statthalter. Wenn der Gemeinderath, der Stadtrath oder ein Ausschuß , oder eine Bezirksvertretung Beschlüsse fassen, oder der Bürgermeister, beziehungsweise der Magistrat, ein magistratisches Bezirksamt oder ein Bezirksvorsteher Verfügungen treffen, welche den Wirkungskreis der Gemeinde überschreiten oder gegen die bestehenden Gesetze verstoßen, so ist der Statthalter von amtswegen oder über eine Anzeige berechtigt und verpflichtet, die Vollziehung solcher Beschlüsse oder Verfügungen zu sistiren und hierüber zu entscheiden.

Gegen seine Entscheidung kann der Recurs an das Ministerium des Innern ergriffen werden.

§ 108. Auflösung des Gemeinderathes. Der Gemeinderath, sowie auch der Stadtrath kann durch den Statthalter aufgelöst werden.

Gegen eine solche Verfügung findet ein Recurs nicht statt.

Die Neuwahl des Gemeinderathes muß binnen dreier Monate im Sinne des § 17 der Gemeindewahlordnung ausgeschrieben werden.

Im Falle der Auflösung des Gemeinderathes hat zur einstweiligen Besorgung der Geschäfte der Statthalter die erforderlichen Maßregeln zu treffen.

Im Falle der Auflösung des Stadtrathes ist die Neuwahl desselben binnen 14 Tagen zu vollziehen; in der Zwischenzeit hat der Bürgermeister die Befugnisse des Stadtrathes auszuüben.

§ 109. Abhilfe durch den Statthalter. Wenn der Gemeinderath es unterläßt oder verweigert, die der Gemeinde gesetzlich obliegenden Leistungen und Verpflichtungen zu erfüllen, so hat der Statthalter, wenn es sich um Gegenstände des übertragenen Wirkungskreises handelt, auf Kosten der Gemeinde die erforderliche Abhilfe zu treffen.

Auch in Angelegenheiten des selbständigen Wirkungskreises bleibt der Regierung die Einwirkung und Controle, wo sie es für nöthig findet, vorbehalten.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurden folgende weitere Änderungen zum Gemeindestatut erlassen:
"Artikel II. Änderung des § 4.

Artikel III. Alle den Bestimmungen des letzten Absatzes des § 19 über die Vertretung des Bürgermeisters durch die Vizebürgermeister entgegenstehende Bestimmungen des Gemeindestatutes treten außer Wirksamkeit.

Artikel IV. Änderung des § 59.

Artikel V. In allen Bestimmungen des Gemeindestatutes, in welchen die Bezeichnungen "Landtag des Erzherzogtumes Österreich unter der Enns", "Landtag", "Ministerium des Innern", "Statthalterei", "Statthalter", landesfürstlich" und "k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien" vorkommen, sind sie durch "Niederösterreichische Landesversammlung", "Landesversammlung", "Staatsamt des Innern", "Niederösterreichische Landesregierung", "Landeshauptmann", "staatlich" und "Stadt" zu ersetzten.

Artikel VI. Änderung des § 79.

Artikel VII. Die Bestimmungen der Artikel II., V. und VI treten sofort, die des Artikels I, §§ 22, 23, erster Absatz, 42 und 43, erster Absatz mit der Erlassung der neuen Gemeindewahlordnung für die Stadt Wien, die übrigen Bestimmungen des Artikels I und die der Artikel III und IV mit der ersten Einberufung des auf Grund der neuen Gemeindewahlordnung neugewählten Gemeinderates, beziehungsweise der Bezirksvertretungen in Kraft.

Artikel VIII. Mit dem Vollzug dieses Gesetzes ist der Staatssekretär des Innern betraut.

Der Landeshauptmann:
Steiner  m. p.

Der Landesamtsdirektor:
Castell  m. p.

Der Staatskanzler als Leiter des Staatsamtes für Inneres und Unterricht:
Renner  m. p. "

 


Quellen: Landesgesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Österreich unter der Enns, Jahrgang 1890 Nr. 45 Beilage II.
© 9. Juli 2006 - 18. Juli 2006
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