Gemeindewahlordnung
für die
Reichshaupt- und Residenzstadt Wien.

vom 19. December 1890

geändert durch
???

aufgehoben und ersetzt durch
Gemeindewahlordnung für die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien vom 24. März 1900 (nö. LGVBl. Nr. 17/1900)

 

Wahl des Gemeinderathes.

§ 1. Wahlberechtigung. Wahlberechtigt sind unter den österreichischen Staatsbürgern männlichen Geschlechts, welche das 24. Lebensjahr vollstreckt haben und in dem Gemeindegebiete von Wien wohnen:
a) die Bürger und Ehrenbürger von Wien;
b) die in der Ortsseelsorge nicht bloß aushilfsweise verwendeten Geistlichen der staatlich anerkannten christlichen Confessionen und die Rabbiner der israelitischen Cultusgemeinde;
c) wirkliche, pensionirte oder quiescirte Hof-, Staats-, niederösterreichische Landes-, Wiener Communal- und öffentliche Fondsbeamte;
d) Officiere (Auditore, Militärärzte, Truppenrechnungsführer) und Militärgeistliche im Ruhestande und im Verhältnisse außer Dienst;
e) activ dienende, im Ruhestande und im Verhältnisse außer Dienst stehende Militärbeamte;
f) Doctoren, welche ihren akademischen Grad an einer inländischen Universität erlangt haben, Notare, ferner die von einer inländischen Universität oder inländischen Anstalt approbirten Patrone und Magister der Chirurgie und Magister der Pharmacie;
g) die von einer inländischen Hochschule diplomirten Techniker, dann die behördlich autorisirten Privattechniker und ebensolchen Bergbau-Ingenieure;
h) dievon eienr inländischen Hochschule diplomirten Landwirte, Forstwirte und Culturtechniker;
i) bleibend angestellte Vorsteher, Lehrer, Unterlehrer der in der Gemeinde befindlichen öffentlichen allgemeinen Volks- und Bürgerschulen, und die an den in der Gemeinde bestehenden öffentlichen mittleren oder höheren Lehranstalten angestellten Directoren, Professoren, wirklichen Lehrer;
k) diejenigen, welche von ihrem Realbesitze, Erwerbe oder Einkommen eine directe Steuer von wenigstens 5 fl. ö. W. einschließlich der Staatszuschläge seit mindestens einem Jahre in der Gemeinde entrichten.

§ 2. Ausnahmen. Ausgenommen von der Ausübung des activen Wahlrechtes sind alle Personen, welche unter väterlicher Gewalt, unter Vormundschaft oder Curatel stehen, ebenso diejenigen, die eine Armenversorgung genießen.

§ 3. Ausnahmen bei Militärpersonen. Activ dienende Officiere (Auditore, Militärärzte, Truppenrechnungsführer) und Militärgeistliche, dann die im Bezuge einer Gage stehenden, in keine Rangsclasse eingereihten Militärpersonen, sowie die dem activen Mannschaftsstande angehörigen Militär- (Landwehr-) Personen einschließlich der zeitlich Beurlaubten sind von der Wahlberechtigung ausgenommen.

§ 4. Ausschluß wegen strafbarer Handlungen. Solange das Strafgesetz keine anderen Bestimmungen trifft, sind vom Wahlrechte ausgeschlossen:
a) Personen, welche wegen eines Verbrechens in Untersuchung gezogen wurden, solange diese dauert,
b) Personen, welche wegen eines Verbrechen, der Übertretung des Diebstahls, der Veruntreuung, der Theilnehmung an einer dieser Übertretungen oder des Betruges (§§ 460, 461, 463, 464 Str. G.), oder wegen der im § 1 des Gesetzes vom 28. Mai 1881, Nr. 47 R. G.Bl.,  und im § 1 des Gesetzs vom 25. Mai 1883, Nr. 78 R. G. Bl., bezeichneten Handlungen zu einer Strafe verurtheilt worden sind, jedoch nur solange, als die im § 6 des Gesetzes vom 15. November 1867, Nr. 131 R. G. Bl., Abs. 2 und 4 ausgesprochene Unfähigkeit zur Erlangung der im ersten Absatze des citirten Paragraphen erwähnten Vorzüge und Berechtigungen dauert.

§ 5. Ausschließung aus anderen Gründen. Vom Wahlrechte sind ferner ausgeschlossen:
a) Personen, über deren Vermögen der Concurs eröffnet wurde, solange das Concursverfahren dauert,
b) Personen, welche über die ihnen anvertraute Vermögensgebarung der Gemeinde oder einer Gemeindeanstalt mit der zu legenden Rechnung noch im Rückstande sind.

§ 6. Ausübung des Wahlrechtes. Das Wahlrecht ist persönlich auszuüben.

Von mehreren Mitbesitzern einer steuerpflichtigen Realität und von den öffentlichen Gesellschaftern einer Erwerbsunternehmung hat jeder dann eine Stimme, wenn die von der Gesammtsteuer auf ihn entfallende Quote noch mindestens 5 fl. ö. W. beträgt.

§ 7. Wählbarkeit. Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, welcher das 30. Lebensjahr zurückgelegt hat und im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte sich befindet.

Ausgenommen von der Wählbarkeit sind: Gemeindebeamte, Gemeindediener und sonstige Angestellte der Gemeinde. Remunerationsbezüge, welche Jemand von der Gemeinde erhält, machen ihn der Wählbarkeit nicht verlustig.

Ausgeschlossen sind: Personen, welche wegen eiens aus Gewinnsucht verübten Disciplinarvergehens ihres öffentlichen Amtes oder Dienstes entsetzt worden sind, während der drei auf ihre Entlassung folgenden Jahre vom Zeitpunkte des Eintrittes der Rechtskraft des bezüglichen Erkenntnisses an gerechnet.

Wahlkörper.

§ 8. Von den Wahlberechtigten wird der Gemeinderath in der Art gewählt, daß sich in jedem Gemeindebezirke die in demselben wohnhaften Wahlberechtigten in drei Wahlkörper theilen, von welchen jeder den dritten Theil der in dem betreffenden Gemeindebezirke zu wählenden Gemeinderathsmitglieder wählt.

§ 9. Den ersten Wahlkörper in jedem Gemeindebezirke bilden:
1. die Ehrenbürger von Wien;
2. diejenigen Wahlberechtigten, welche an Grundsteuer mindestens 200 fl. ö. W. oder an Grund- und Gebäudesteuer (einschließlich der Steuer vom Einkommen aus dem Ertrage steuerfreier Häuser) mindestens 500 fl. ö. W. oder
3. an Erwerb- und Einkommensteuer, einschließlich der Staatszuschläge, mindestens 200 fl. ö. W. oder
4. an Einkommensteuer von sonstigem Einkommen einschließlich der Staatszuschläge mindestens 200 fl. ö. W. jährlich entrichten.

Den zweiten Wahlkörper bilden jene Wahlberechtigten, welche:
1. an Grund- und Gebäudesteuer (einschließlich der Steuer vom Einkommen aus dem Ertrage steuerfreier Häuser) mindestens 200 fl. ö. W. ,
2. an Erwerb- und Einkommensteuer einschließlich der Staatszuschläge mindestens 100 fl. ö. W.,
3. an Einkommensteuer von einem sonstigen Einkommen einschließlich der Staatszuschläge mindestens 30 fl. ö. W. jährlich entrichten,
4. die in § 1 unter b) bis i) genannten Personen, soferne sie nicht dem ersten Wahlkörper angehören.

Der dritte Wahlkörper wird von allen übrigen Wahlberechtigten gebildet.

§ 10. Wenn ein Wahlberechtigter verschiedenartige Steuern zu entrichten hat, gehört er, wenn eine dieser Steuerleistungen das im Vorstehenden für den zweiten oder ersten Wahlkörper angeführte Ausmaß erreicht, in den zweiten, beziehungsweis ersten Wahlkörper.

Jedem Wahlberechtigten wird in dem Gemeindebezirke, in welchem er wohnt, die von ihm im gesammten Gemeindegebiete entrichtete Jahresschuldigkeit an directen Steuern der betreffenden Steuergattung angerechnet.

Die von einer Realität, die mehreren gehört, zu entrichtende Steuer wird unter die Mitbesitzer entsprechend dem Antheile an dem Besitze, der jedem einzelnen zusteht, die von einer öffentlichen Handelsgesellschaft zu entrichtende Steuer unter die einzelnen öffentlichen Handelsgesellschafter zu gleichen Theilen vertheilt.

§ 11. Behufs der Einreihung in die Wahlkörper, nicht aber zur Begründung des activen Wahlrechtes, werden dem Vater die von seinen minderjährigen Kindern dem Gatten die von seiner Gattin in der Gemeinde entrichteten directen Steuerbeträge zugerechnet, so lange das dem Vater, beziehungsweise Gatten gesetzlich zustehende Befugnis der Vermögensverwaltung nicht aufgehört hat.

§ 12. Die Wahl wird nach Wahlkörpern abgesondert von jedem an einem anderne Tage vorgenommen. Zuerst wählt der dritte, hierauf der zweite, zuletzt der erste Wahlkörper in jedem der im § 2 des Gemeindestatutes bezeichneten Bezirke, und zwar, wenn die Zahl der Wähler zu groß sein sollte, in Sectionen abgetheilt.

§ 13. Anfertigung und Feststellung der Wählerlisten. Über alle Wahlberechtigten hat der Bürgermeister nach Bezirken und Wahlkörpern abgesonderte Wählerlisten zu verfassen und in jedem Bezirke mindestens vier Wochen vor der Wahl zu jedermanns Einsicht aufzulegen.

Die Auflegung dieser Listen ist durch eine öffentlich anzuschlagende, in der "Wiener Zeitung" einzuschaltende und den Hauseigenthümern zur Verständigung der Parteien zuzustellende Kundmachung unter Festsetzung einer achttägigen, vom Tage der ersten Kundmachung in der "Wiener Zeitung" laufenden Fallfrist zur Einbringung  von Einwendungen dagegen zu verlautbaren.

Der Magistrat entscheidet über die rechtzeitig erhobenen Einwendungen binnen längstens sechs Tagen, und nimmt die für zulässig erkannten Berichtigungen sogleich vor. Von der Entscheidung des Magistrates sind sämmtliche Betheiligte zu verständigen.

Gegen die Entscheidung des Magistrates steht innerhalb drei Tagen die Berufung an den Stadtrath offen, welcher endgiltig zu entscheiden hat.

Acht Tage vor der Wahl darf in den Wählerlisten für die im Zuge befindliche Wahl keine Veränderung mehr vorgenommen werden.

§ 14. Ausschreibung der Wahl. Zur Vornahme der Wahl hat der Bürgermeister acht Tage vorher die Wahlausschreibung, in welcher Zeit und Ort der wahl sowie der etwa notwendig werdenden engeren Wahl (§ 19), dann die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Gemeinderathes genau anzugeben sind, auf die im § 13 vorgeschriebene Art bekannt zu machen und hiezu sämmtliche wahlberechtigte Mitglieder der Gemeinde einzuladen.

Hiebei sollen auch alle Wahlberechtigten Wahllegitimationen und Stimmzettel zugesendet werden, auf welchen letzteren die Namen der zu Wählenden zu schreiben sind, und welche jedenfalls mit der Bemerkung versehen sein müssen, daß jeder andere nicht behördlich ausgegebene Stimmzettel als ungiltig behandelt werden wird.

Anstatt eines verlorenen oder unbrauchbar gewordenen Stimmzettels ist jedem Wahlberechtigten über sein persönliches Verlangen von der zur ersten Ausfertigung der Stimmzettel berufenen Behörde oder am Tage der Wahl von dem Vorsitzenden der Wahlcommission ein Duplicat auszufolgen.

§ 15. Leitung der Wahl. Die Wahl der Mitglieder des Gemeinderathes wird in jedem Bezirke durch besondere Wahlcommissionen geleitet.

Für jeden Wahlkörper, beziehungsweise auch für jede Wahlsection wird vom Bürgermeister eine Wahlcommission eingesetzt, bestehend aus einem Mitgliede des Gemeinderathes, welches hiebei den Vorsitz führt, einem rechtskundigen Beamten des Magistrates, einem Schriftführer und aus vier stimmberechtigten Gemeindemitgliedern.

Die Wahlcommissionen sind für den gewissenhaften Vollzug der Wahl verantwortlich. Die Mitglieder derselben haben sich jedes Einflusses auf die Stimmgebung der einzelnen Wahlberechtigten zu enthalten.

Der Statthalter ist berechtigt, in jede Wahlcommission einen landesfürstlichen Commissär zu entsenden, dessen Aufgabe es ist, die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung und die Befolgung des gesetzlich bestimmten Wahlvorganges wahrzunehmen.

Vornahme der Wahlhandlung.

§ 16. Jeder Wahlberechtigte, welcher sein Wahlrecht ausüben will, muß zur bestimmten Zeit und an dem bestimmten Orte vor der Wahlcommission persönlich erscheinen.

Die Namen der Wählenden werden in das von einem Mitgliede der Wahlcommission zu führende Wahlprotokoll eingetragen.

Die Stimmgebung geschieht unter Vorweisung der Wahllegitimation durch Abgabe des Stimmzettels, auf welchem die Namen der zu Wählenden geschrieben sind.

Ist der Name einer und derselben Person auf einem Stimmzettel mehrfach verzeichnet, so wird er bei der Zählung der Stimmen nur einmal gezählt.

Stimmen, welche auf eine von der Wählbarkeit ausgenommene oder ausgeschlossene Person gefallen, Stimmen welche an Bedingungen geknüpft oder denen Aufträge an den zu wählenden beigefügt sind, endlich Stimmen, welche die damit bezeichnete Person nicht deutlich entnehmen lassen, sind ungiltig.

Leere Stimmzettel oder andere als die nach Vorschrift des § 14 ausgegebenen Stimmzettel werden bei Berechnung der Stimmenmehrheit nicht in Betracht gezogen.

§ 17. Nach Ablauf der zur Abgebung der Stimmzettel festgesetzten Frist wird am Wahlorte selbst von der Commission die Eröffnung der Stimmzettel und die Stimmenzählung vorgenommen.

Der Vorsitzende der Wahlcommission kann, wenn die im Wahllocale anwesenden Personen den Fortgang der Stimmzählung stören, nach vorangegangener fruchtloster Ermahnung das Wahllocale während der Stimmzählung räumen lassen.

§ 18. Das Ergebnis der Stimmenzählung ist von dem Vorsitzenden der Wahlcommission sogleich bekannt zu geben, und falls die Wahl durch die vorgenommene Wahlhandlung nicht vollendet ist, beizufügen, daß das Gesammtergebnis aller zusammengehörigen Abstimmungen von der hiezu bestimmten Wahlcommission ermittelt werden wird.

§ 19. Als gewählt sind diejenigen anzusehen, welche die absolute Mehrheit der abgegebenen giltigen Stimmen erhalten haben.

Haben mehr Personen als zu wählen waren, die absolute Mehrheit erhalten, so sind diejenigen als gewählt anzusehen, auf welche die größte Stimmenanzahl entfallen ist.

Konnte dieses Ergebnis durch die erste Abstimmung nicht erzielt werden, so ist rücksichtlich der noch zu Wählenden zu der engeren Wahl zu schreiten.

Das Recht, sich an der engeren Wahl zu betheiligen, ist durch die Betheiligung an der ersten Wahlhandlung nichtbedingt.

Bei der engeren Wahl sind die Wähler an die Abgabe behördlich ausgefertigter Stimmzettel nicht gebunden.

Sie haben sich auf jene Personen zu beschränken, diebei der ersten Wahl nach denjenigen, welche die absolute Mehrheit erlangten, die relativ meisten Stimmen für sich hatten. Bei Stimmengleichheit wird durch das Los entschieden, wer in die engere Wahl einbezogen werden soll.

Die Zahl der in die engere Wahl zu bringenden Personen ist immer die doppelte von der Zahl der noch zu wählenden Mitglieder.

Jede Stimme, welche auf eine nicht in die engere Wahl gebrachte Person fällt, ist als ungiltig zu betrachten.

Als gewählt bei der engeren Wahl sind diejenigen anzusehen, welche die meisten der abgegebenen giltigen Stimmen erhalten haben. Ergibt sich bei der engeren Wahl Stimmengleichheit, so entscheidet das Los.

§ 20. Sogleich nach beendigter Wahl ist das von der Wahlcommission und vom etwa entsendeten landesfürstlichen Commissär zu unterfertigende Wahlprotokoll mit den demselben beizuschließenden Belegen dem Bürgermeister oder, falls die Stimmenabgabe für denselben Wahlkörper vor mehr als einer Wahlcommission stattfindet, an jene Wahlcommission, welcher der Bürgermeister die Ermittlung des Gesammtergebnisses aller zusammengehörigen Abstimmungen übertragen hat, versiegelt zu übermitteln, wonach diese Wahlcommission das Gesammtergebnis aller zusammengehörigen Abstimmungen zu ermitteln, zu verkünden, schriftlich darzustellen und den ganzen Wahlact dem Bürgermeister vorzulegen hat.

§ 21. Prüfung und Bekanntmachung der Wahl. Der Bürgermeister übergibt die Wahlacten dem Stadtrathe, welcher dieselben mit seinen Anträgen und mit den etwa rechtzeitig, das ist innerhalb der acht auf den Wahltag folgenden Tage bei ihm eingebrachten Einwendungen, dem Gemeinderathe behufs endgiltiger Entscheidung über die Giltigkeit der Wahl vorzulegen hat.

Der Gemeinderath hat auch alle Wahlen außer Kraft zu setzen, welche auf nicht wählbare Personen gefallen sind.

Werden binnen obiger Frist keine Einwendungen vorgebracht oder die vorgebrachten als unbegründet erkannt, udn ergeben sich auch sonst keien Anstände, so wird die Wahl vom Gemeinderathe anerkannt, das Resultat derselben öffentlich bekannt gemacht und jeder Gewählte von der auf ihn gefallenen Wahl in Kenntnis gesetzt.

Jeder Gewählte hat binnen acht Tagen nach dem Empfange der Verständigung zu erklären, ob er die Wahl annimmt.

Die Unterlassung dieser Erklärung, sowie jede Annahme unter Protest oder Vorbehalt gilt als Ablehnung.

Wird ein Wählbarer von mehreren Wahlbezirken oder Wahlkörpern gewählt, so hat derselbe in der oben bestimmten Frist überdies zu erklären, von welchem Wahlbezirke oder Wahlkörper er das Mandat annehme.

Erfolgt diese letztere Erklärung nicht, so gilt die Annahme für den Bezirk, in welchem der Gewählte wohnt, hienach für den Bezirk und für den Wahlkörper, in welchem der Gewählte mehr Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit gilt die Annahme für den Bezirk mit geringerer Steuerleistung, hienach für den Wahlkörper der Minderbesteuerten.

Wenn eine Wahl außer Kraft gesetzt oder abgelehnt wird, ist sofort eine neue Wahl zu veranlassen.

Der Bürgermeister hat die Gewählten einzuberufen.

Einwendungen gegen das Wahlverfahren sind beim Gemeinderathe längstens binnen acht Tagen nach beendigtem Wahlacte anzubringen.

In soweit diese Einwendungen als statthaft befunden werden, ist eine neue Wahl auszuschreiben. Werden jedoch binnen der obigen frist keine Einwendungen vorgebracht, oder die vorgebrachten als unstatthaft beseitiget, so hat der Gemeinderath die gewählten von der auf sie gefallenen Wahl mit der Aufforderung in Kenntniß zu setzen, daß sie sich binnen acht Tagen vom Zeitpuncte dieser Verständigung über die Annahme oder Nichtannahme der Wahl erklären. Die Unterlassung dieser Erklärung, sowie jede Annahme unter Protest oder Vorbehalt, gilt als Ablehnung. Im Falle der Ablehnung ist eine neue Wahl zu veranlassen.

Wird ein Wahlfähiger in mehreren Wahlbezirken oder Wahlkammern gewählt, so hat er sich gleichfalls binnen der oben bestimmten Zeit über Annahme oder Ablehnung, und im ersten Falle darüber, für welchen WAhlbezirk oder für welche Wahlkammer er die Wahl annehme, zu erklären.

Erfolgt die Annahmserklärung eines zweimal oder mehrfach Gewählten ohne Angabe, für welchen Wahlbezirk oder für welche Wahlkammer er annehme, so gilt die Annahme für den Wahlbezirk oder für die Wahlkammer, wo er mehr Stimmen erhalten hat.

Bei Stimmengleichheit ist die ausdrückliche Erklärung des Gewählten einzuholen.

Für die Wahlbezirke und Wahlkammern, für welche die Wahl nicht angenommen wird, ist eine neue Wahl auszuschreiben.

Mit der Erklärung der Annahme der Wahl hat der Gewählte, in soferne es nicht notorisch ist, auch die Nachweisung beizubringen, daß er die zur Wählbarkeit erforderlichen Eigenschaften besitzt. Wird diese Nachweisung nicht beigebracht, oder liegt dem Gemeinderathe der Nachweis vor, daß der Gewählte von der Wählbarkeit ausgenommen oder ausgeschlossen sei, so ist eine neue Wahl zu veranlassen. Der Gemeinderath macht die von ihm bestätigten Wahlen öffentlich bekannt.

Wahl des Bürgermeisters, der Vicebürgermeister und der Mitglieder des Stadtrathes.

§ 22. Die Wahl des Bürgermeisters, der Vicebürgermeister und der Mitglieder des Stadtrathes haben sämmtliche Gemeidnerathsmitglieder beizuwohnen.

Sie sind hiezu mit dem Beisatze einzuladen, daß jene Gemeinderathsglieder, die entweder gar nicht erscheinen, oder vor Beendigung der Wahlhandlung sich entfernen, ohne ihr Ausbleiben oder ihre Entfernung durch hinreichende Gründe zu entschuldigen, als ihre Amtes verlustig anzusehen seien, und in dem Zeitraume von zwei Jahren nicht wieder gewählt werden können.

Zuerst erfolgt die Wahl des Bürgermeisters, dann die des ersten, dann jene des zweiten Vicebürgermeisters.

Die dem gesammten Gemeinderathe zukommende Wahlen des Bürgermeisters und der Vicebürgermeister, dann der Mitglieder des Stadtrathes, können nur vorgenommen werden, wenn wenigstens zweiundneunzig Gemeinderathsmitglieder anwesend sind.

Derjenige ist als zum Bürgermeister gewählt zu betrachten, welcher mindestens siebzig Stimmen auf sich vereinigt hat; nöthigenfalls ist die Wahlhandlung solange fortzusetzen, bis eine Wahl zustande kommt.

Als Vicebürgermeister oder als Mitglied des Stadtrathes gewählt ist derjenige zu betrachten, für welchen die absolute Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Gemeinderathes gestimmt hat.

Kann dieses Ergebnis in zwei aufeinander folgenden Abstimmungen nicht erzielt werden, so ist zu der engeren Wahl zu schreiten, welche sich auf jene zwei Mitglieder zu beschränken hat, die in der letzten Abstimmung die meisten Stimmen erhalten haben.

Bei Stimmengleichheit wird durch das Los entschieden, wer in die engere Wahl einbezogen werden soll. Jede Stimme, welche aufeine nicht in die engere Wahl gebrachte Person fällt, ist als ungiltig zu betrachten.

Als gewählt ist derjenige anzusehen, der die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat.

Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Nimmt ein zum Bürgermeister, Vicebürgermeister oder zum Mitgliede des Stadtrathes Gewählter die Wahl nicht an oder wird die Wahl des Bürgermeisters nicht bestätigt (§ 25 Gemeindestatut), so ist binnen längstens acht Tagen eine neue Wahl nach den in diesem Paragraphe angegebenen Vorschriften vorzunehmen.

Wahl des Bezirksausschusses.

§ 23. In jedem Gemeindebezirke werden die auf jeden Wahlkörper entfallenden sechs Mitglieder des Bezirksausschusses nach den für die Wahl der Mitglieder des Gemeinderathes geltenden Bestimmungen, sowie auf Grund der für die Wahl des Gemeinderathes angefertigten Wählerlisten, wenn dieselben nicht über ein Jahr alt sind, gewählt.

Wahl des Bezirksvorstehers und seines Stellvertreters.

§ 24. Der Bezirksausschuß  wählt aus seiner Mitte den Bezirksvorsteher und sodann dessen Stellvertreter. Zu diesen Wahlen haben sämmtliche Mitglieder des Bezirksausschusses zu erscheinen. Sie sind hiezu mit dem Beisatze einzuladen, daß jene Mitglieder, die entweder gar nicht erscheinen oder vor Beendigung der Wahlhandlung sich entfernen, ohne ihr Ausbleiben oder ihre Entfernung durch hinreichende Gründe zu entschuldigen, als ihres Amtes verlustig anzusehen seien und in dem Zeitraume von zwei Jahren nicht wiedergewählt werden können.

Diese Wahlen können nur vorgenommen werden, wenn wenigstens zwölf Mitglieder anwesend sind.

Gewählt erscheint derjenige, welcher wenigstens zehn Stimmen erhalten hat.
 


Quellen: Landesgesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Österreich unter der Enns, Jahrgang 1890 Nr. 45 Beilage III.
© 9. Juli 2006
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