Gesetz
vom 22. Februar 1919,
betreffend die Wahlordnung für den Landtag (Landtagswahlordnung)

geändert durch
Gesetz vom 12. März 1919, betreffend die Ergänzung der §§ 11 und 17 ... (Landtagswahlordnung) ...  (LGuVoBl. Nr. 30/1919)

aufgehoben durch
Gesetz betreffend die Einberufung und die Aufgaben des konstituierenden Landtages vom 22. Februar 1919
(LGuVoBl. Nr. 15/1919);
mit Wirkung des Ablaufs der Wahlperiode des konstituierenden Landtages am 3. Mai 1922

ersetzt durch
Gesetz vom 13. Jänner 1922, über die Wahlordnung für die Wahlen zum Salzburger Landtag (Landtagswahlordnung) (
LGBl. Nr. 30/1922)
 

Die provisorische Salzburger Landesversammlung hat beschlossen:

I. Wahlbezirk und Wahlkörper.

§ 1. Das Land Salzburg wird für die Zwecke der Wahlen in sieben Wahlbezirke eingeteilt, welche mit Ausnahme des politischen Bezirkes Salzburg-Umgebung den Gebieten der politischen Behörden erster Instanz entsprechen. Der politische Bezirk Salzburg umfaßt zwei Wahlbezirke, und zwar a) umfaßt der eine Wahlbezirk den Bezirksgerichtssprengel Salzburg-Umgebung (Gemeinden: Aigen, Anif, Bergheim, Elixhausen, Elsbethen, Eugendorf, Gnigl, Gröding, Großgmain, Gallwang, Koppl, Leopoldskron, Maxglan, Morzg, Plainfeld, Siezenheim) während der zweite Wahlbezirk die Sprengel der Bezirksgerichte Oberdorf, Mattsee, Neumarkt, Thalgau und St. Gilgen umfaßt.

§ 2. Die Wähler jedes Wahlbezirkes bilden den Wahlkörper. Jeder Wahlkörper wählt nach dem Verhältniswahlverfahren die nachstehend bezeichnete Zahl von Abgeordneten, und zwar:
    Der Wahlbezirk I, Stadt Salzburg 8 Abgeordnete;
    der Wahlbezirk II, Umgebung Salzburg (Gerichtsbezirk Salzburg) 6 Abgeordnete (§ 1, lit. a);
    der Wahlbezirk III, Flachgau (polit. Bezirk Salzburg) 6 Abgeordnete (§ 1, lit. b);
    der Wahlbezirk IV, Tännengau (polit. Bezirk Hallein) 4 Abgeordnete;
    der Wahlbezirk V, Pongau (polit. Bezirk St. Johann) 8 Abgeordnete;
    der Wahlbezirk VI, Pinzgau (polit. Bezirk Zell am See) 6 Abgeordnete;
    der Wahlbezirk VII, Lungau (polit. Bezirk Tamsweg) 2 Abgeordnete.

Die Anzahl der Abgeordneten eines jeden Wahlbezirkes wird durch den Landtag nach der jeweils letzten Volkszählung für die nächste Wahl neu aufgestellt.

§ 3. Jeder Wähler übt sein Wahlrecht in der Ortsgemeinde aus, in der er am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Hat jemand mehrere Wohnsitze, so hat sich derselbe schriftlich oder mündlich bei der Ortwahlbehörde des Wohnsitzes, an dem er das Wahlrecht ausüben will, zu erklären, die ihrerseits die Ortswahlbehörden der anderen Wohnsitze zu verständigen hat. Jede Gemeinde ist Wahlort, räumlich ausgedehnte Gemeinden können in mehrere Wahlsprengel geteilt werden.

§ 4. Wähler, die am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung in aktiver militärischer Dienstleistung stehen, üben ihr Wahlrecht in dem Wahlorte, beziehungsweise in dem Wahlsprengel aus, in dem sie an diesem Tage gewohnt haben.
 

II. Wahlbehörde.

§ 5. Zur Durchführung und Leitung der Wahlen werden Wahlbehörden bestellt. Die Wahlbehörden bleiben bis zur Ausschreibung der nächsten allgemeinen Wahlen zum Landtag im Amte.

Die Wahlbehörden erkennen in jenen Streitfällen, die sich in ihrem Bereiche über das Wahlrecht oder die Ausübung der Wahl ergeben.

Jeder Wahlbehörde werden durch den Wahlleiter die notwendigen Hilfskräfte und Hilfsmittel aus dem Stande des Amtes, dem er vorsteht oder von dem er entsendet ist, zugeteilt. Außerdem können Hilfsarbeiter auf diese Zeite im Vertragsverhältnisse herangezogen werden.

§ 6. Für jeden Wahlort oder Wahlsprengel wird eine Ortswahlbehörde eingesetzt. Sie besteht aus dem Gemeindevorsteher als Wahlleiter und mindestens drei Beisitzern. Der Gemeindevorsteher kann sich in allen Fällen durch einen von ihm entsendeten Wahlleiter vertreten lassen. Eine Ortswahlbehörde oder ein Wahlsprengel soll in der Regel nicht mehr als 500 Wähler umfassen.

Am Sitze jeder politischen Behörde erster Instanz wird aus dem Vorstande der Behörde oder dem von ihm entsendeten Stellvertreter und mindestens sechs Beisitzern die Bezirkswahlbehörde bezw. Behörden gebildet. Ihnen obliegt die Festsetzung und Abgrenzung der Wahlorte, Wahlsprengel und Wahlzeit im Bezirke.

§ 7. Für das ganze Land wird in der Landeshauptstadt Salzburg die Hauptwahlbehörde eingesetzt. Sie besteht aus dem Landeshauptmann oder einem von ihm entsendeten Stellvertreter und acht Beisitzern, wovon zwei dem richterlichen Stande angehören oder angehört haben müssen.

Die Hauptwahlbehörde führt die Oberaufsicht über die Bezirks- und Ortswahlbehörden, sie entscheidet endgültig in allen Streitfällen, die sich über das Wahlrecht und die Ausübung der Wahl ergeben.

§ 8. Die nicht dem richterlichen Berufsstande entstammenden Beisitzer der Hauptwahlbehörde und die Beisitzer der übrigen Wahlbehörden werden auf Grund von Vorschlägen der Parteien verhältnismäßig nach der bei der letzten allgemeinen Verhältniswahl festgesetzten Stärke der Parteien berufen.

Der Landesrat beruft die Beisitzer der Hauptwahlbehörde, die Hauptwahlbehörde die Beisitzer der Bezirkswahlbehörden, die Bezirkswahlbehörden die Beisitzer der Ortswahlbehörden. Die dem Richterstande entstammenden Beisitzer der Hauptwahlbehörde werden vom Präsidium des Landesgerichtes bestimmt.

Für jeden Beisitzer ist in gleicher Weise ein Ersatzmann zu berufen.

Das Amt eines Mitgliedes der Wahlbehörde ist ein öffentliches Ehrenamt, zu dessen Annahme jeder Wahlberechtigte verpflichtet ist, der am Sitze der betreffenden Wahlbehörde seinen ordentlichen Wohnsitz hat.

Der Landesrat kann anordnen, daß Mitglieder der Wahlbehörde während der Dauer und nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Inanspruchnahme für Verdienstentgang Entschädigung in Geld aus Landesmitteln erhalten.

§ 9. Mitglieder der Hauptwahlbehörde dürfen keiner Bezirks- oder Ortswahlbehörde, Mitglieder einer Bezirkswahlbehörde keiner Ortswahlbehörde angehören.

§ 10. Die Namen der auf Grund des § 8 berufenen Beisitzer und Ersatzmänner sind vom Landesrate unverzüglich öffentlich kundzumachen.
 

III. Wahlrecht und Wählbarkeit.

§ 11. Wahlberechtigt ist jeder deutschösterreichische Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechtes, der am 1. Jänner des Kalenderjahres der Wahl bereits in das 21. Lebensjahr eingetreten war.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurde dem § 11 folgender Absatz angefügt:
"Unter den gleichen Voraussetzungen sind auch jene deutschen Reichsangehörigen wahlberechtigt, die am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung ihren ordentlichen Wohnsitz in einer Gemeinde des Landes Salzburg haben."

§ 12. Wählbar ist ohne Unterschied des Geschlechtes jeder wahlberechtigte deutschösterreichische Staatsbürger, der im Kalenderjahre der Wahl in das 27. Lebensjahr eintritt oder schon früher in dasselbe eingetreten ist.

§ 13. Vom Wahlrechte und von der Wählbarkeit sind ausgeschlossen:
a) Personen, die voll oder beschränkt entmündigt sind;
b) Personen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertretung des Diebstahles, der Veruntreuung, der Teilnehmung hieran, des Betruges, der Kuppelei (§§ 460, 461, 463, 464, 512 St.-G.) wegen der im § 1 des Gesetzes vom 28. Mai 1881, R.-G.-Bl. Nr. 47, oder der in den §§ 2, 3 und 4 der kaiserlichen Verordnung vom 12. Oktober 1914, R.-G.-Bl. Nr. 78, bezeichneten Straftaten oder wegen Übertretung der §§ 1, 3, 4 und 5 des Gesetzes vom 24. Mai 1885, R.-G.-Bl. Nr. 89, zu einer Strafe verurteilt worden sind, ferner Frauenspersonen, die wegen gewerbsmäßiger Unzucht von der Sicherheitsbehörde bestraft worden sind.
    Die Folge der Verurteilung hat, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird, bei den im § 6, Z. 1 bis 10, des Gesetzes vom 15. November 1867, R.-G.-Bl. Nr. 131, aufgezählten Verbrechen mit dem Ende der Strafe, bei andern Verbrechen mit dem Ablaufe von 10 Jahren, wenn der Schuldige wenigstens zu einer fünfjährigen Strafe verurteilt wurde, und außerdem mit dem Ablaufe von fünf Jahren, bei den übrigen obenangeführten Straftaten aber mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Ende der Strafe aufzuhören;
c) Personen, welche wegen eines Vergehens gegen die strafrechtlichen Bestimmungen zum Schutze der Wahlfreiheit verurteilt worden sind, wenn die Tat bei Wahlen zur Nationalversammlung oder zu einem Landtag begangen wurde, auf die im § 14 des Gesetzes vom 26. Jänner 1907, R.-G.-Bl. Nr. 18, festgesetzte Dauer, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird;
d) Personen, welche unter Polizeiaufsicht gestellt oder in eine Zwangsarbeitsanstalt abgegeben wurden, bis zum Ablauf von drei Jahren nach Erlöschen der Polizeiaufsicht oder nach Entlassung aus der Zwangsarbeitsanstalt;
e) Personen, welchen seitens des Gerichtes die väterliche Gewalt über ihre Kinder entzogen wurde, solange die Kinder unter fremder Vormundschaft stehen, jedenfalls aber während drei Jahren nach der gerichtlichen Verfügung;
f) Personen, welche wegen Trunkenheit oder Trunksucht mehr als zweimal zu einer Arreststrafe verurteilt worden sind, für die Dauer von drei Jahren nach dem Ende der eltzten Strafe, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird;
g) Frauenspersonen, welche unter sittenpolizeilicher Überwachung stehen.

Durch Gesetz vom 13. Jänner 1869 war als Ergänzung zu § 13 bestimmt:
"§ 1. Wird gegen einen Landtags-Abgeordneten wegen einer strafbaren Handlung ein Straferkenntniß gefällt, welches nach dem Gesetze den Verlust des Wahlrechtes und der Wählbarkeit zu dem Landtage nach seiner zieht, so verliert derselbe hiedurch auch die Mitgliedschaft im Landtage.
Während der strafgerichtlichen Untersuchung kann er die Funktion eines Landtags-Mitgliedes nicht ausüben, wenn nicht der Landtag in Gemäßheit des Gesetzes vom 3. Oktober 1861 R. G. Bl. Nr. 98 verlangt, daß die Untersuchung aufgeschoben und der allenfalls verhängte Verhaft aufgehoben werde."

§ 14. Die Ortswahlbehörde verzeichnet die Wahlberechtigten des Wahlortes, beziehungsweise des Wahlsprengels im Orts- oder Sprengelwählerverzeichnisse. Das Verzeichnis wird nach Straßen und Hausnummern, beziehungsweise nur nach Hausnummern angelegt.

Das Verzeichnis wird durch vierzehn Tage in einem allgemein zugänglichen Amtsraume der Ortswahlbehörde angelegt; die Auflegung ist vorher öffentlich bekanntzugeben. Jedermann kann in das Verzeichnis Einsicht nehmen und davon Abschriften, sowie Vervielfältigungen herstellen.

§ 15. Gegen das Wählerverzeichnis kann jede Person, der in dem betreffenden Wahlkörper das Wahlrecht zusteht, innerhalb von vierzehn Tagen, vom ersten Tage der Auflegung an gerechnet, wegen Aufnahme vermeintlich nicht Wahlberechtigter oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich bei der Ortswahlbehörde Einspruch erheben.

Personen, gegen deren Aufnahme in die Wählerliste Einspruch erhoben wurde, sind hiervon von der Wahlbehörde innerhalb von 23 Stunden nach Einlangen des Einspruches zu verständigen.

Der Einspruch ist für jeden Einspruchsfall abgesondert zu überreichen.

§ 16. Über den Einspruch entscheidet die Ortswahlbehörde innerhalb dreier Tage. Die Entscheidung wird im Wählerverzeichnisse sofort ersichtlich gemacht und demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, sowie auch dem durch die Entscheidung Betroffenen mitgeteilt.

Jede Person, der in dem betreffenden Wahlkörper das Wahlrecht zusteht, kann die Berufung innerhalb dreier Tage nach Eintragung der Entscheidung in das Wählerverzeichnis oder binnen drei Tagen, von dem der Zustellung der Entscheidung nachfolgenden Tage an gerechnet, bei der Ortswahlbehörde an die Bezirkswahlbehörde und gegen deren Entscheidung innerhalb von fünf Tagen bei der Bezirkswahlbehörde an die Hauptwahlbehörde einbringen. In diese Fristen ist der Posteneinlauf nicht einzurechnen.

Die Bezirks- sowie die Hauptwahlbehörde entscheidet innerhalb fünf Tagen nach Einlangen der Beschwerde. Die Hauptwahlbehörde entscheidet auf Grund des von der Bezirkswahlbehörde angenommenen Tatbestandes endgültig.

Nach Abschluß des Einspruchs- und Berufungsverfahrens ist das Wählerverzeichnis von der Ortswahlbehörde richtigzustellen, abzuschließen und der Bezirks- und Hauptwahlbehörde in Abschrift vorzulegen. Wenn die Bezirks- oder Hauptwahlbehörde in den vorgelegten Abschriften der Wählerverzeichnisse offenbare Unrichtigkeiten wahrnimmt, so hat sie binnen drei Tagen von amtswegen ein Richtigstellungsverfahren einzuleiten und innerhalb acht Tagen durchzuführen.

An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im richtiggestellten und abgeschlossenen Wählerverzeichnisse enthalten sind.

Wahlberechtigte Mitglieder einer Ortswahlbehörde können ihr Wahlrecht bei der Ortswahlbehörde ausüben, deren Mitglied sie sind.

§ 17. Ist 6 Wochen vor dem Tage der Wahlausschreibung eine Wahl in einem öffentlichen Vertretungskörper nach den gleichen Grundsätzen, wie sie dieses Gesetz aufstellt, durchgeführt worden, so kann der Landesrat mit Verordnung bestimmen, daß das Wählerverzeichnis jener Wahl auch für die Wahl zur Landesversammlung zu gelten hat und im Verordnungsweg eine Fristenkürzung vornehmen. Änderungen, die sich infolge Aufenthaltswechsel in der Zeit zwischen den Wahlausschreibungsverlautbarungen ergeben, sind durch die Ortswahlbehörden richtigzustellen und an die Bezirkswahlbehörde zu berichten. Im letzteren Falle ist eine Beschwerde nur an die Bezirkswahlbehörde zulässig. Alle die Wahl betreffenden Verordnungen zu erlassen wird der Landesrat ermächtigt.

Durch Gesetz vom 12. März 1919 wurden im § 17 nach den Worten "eine Fristenkürzung vornehmen" die Worte "bezw. von dem Rechtszuge an die Hauptwahlbehörde Abstand nehmen" eingefügt.

siehe hierzu die Hinweise zu § 41.

IV. Wahlwerbung.

§ 18. Wählergruppen, die sich an der Wahlbewerbung beteiligen (Parteien), haben ihre Wahlvorschläge spätestens 2 Wochen vor dem Wahltage der Bezirkswahlbehörde vorzulegen.

Der Wahlvorschlag muß von wenigstens hundert Wählern des Wahlbezirkes unterschrieben sein und muß enthalten:
1. die unterscheidende Parteibezeichnung;
2. die Parteiliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen Bewerbern, als im Wahlkreise Abgeordnete zu wählen sind, in der beantragten, mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge;
3. die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei.

Die Wahlvorschläge der Parteien werden nach dem Zeitpunkte ihrer Einbringung gereiht.

§ 19. Wenn mehrere Wahlvorschläge dieselben oder schwer unterscheidbare Parteibezeichnungen tragen, so hat der Bezirkswahlleiter die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnungen anzubahnen. Gelingt ein Einvernehmen nicht, so kann die Bezirkswahlbehörde nach ihrer Erkenntnis der Parteiverhältnisse einen, mehrere oder sämtliche dieser Wahlvorschläge so behandeln, als ob sie ohne ausdrückliche Parteibezeichnung (§ 20) eingereicht wären.

§ 20. Wahlvorschläge ohne ausdrückliche Parteibezeichnung werden nach dem erstvorgeschlagenen Bewerber benannt.

Wenn ein Wahlvorschlag keinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter anführt, so gilt der erste auf der Liste (Listenführer) als Vertreter der Partei.

§ 21. Jede Partei hat in einer besonderen Eingabe an die Hauptwahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Bezirkswahlbehörden längstens 14 Tage nach Ausschreibung der Wahl zu stellen.

Ferner hat jede Partei in einer Eingabe an die Bezirkswahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Ortswahlbehörden zu stellen, sowie jene Personen zu bezeichnen, die bei der Wahlhandlung in jedem Wahllokale als Wahlzeugen (Vertrauensmänner) dienen sollen.

Jenes Wahllokal können von jeder Partei zwei Wahlzeugen entsendet werden; sie erhalten von der Bezirkswahlbehörde einen Eintrittsschein.

§ 22. Die Bezirkswahlbehörde hat binnen 3 Tagen nach Einlangen des Wahlvorschlages zu prüfen, ob die in den Parteilisten vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind. Erkennt sie einen oder mehrere Bewerber einer Parteiliste als nicht wählbar, so ist hievon die Partei, welche den Wahlvorschlag überreicht hat, sowie der zurückgewiesene Bewerber binnen 24 Stunden zu verständigen. Gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde steht dem zurückgewiesenen Bewerber und der Partei, welche den betreffenden Vorschlag überreicht hat, binnen 8 Tagen von dem dem Zustellungstage nachfolgenden Tage an gerechnet, die Berufung an die Hauptwahlbehörde zu.

§ 23. Wenn ein Bewerber verzichtet, stirbt, die Wählbarkeit verliert oder nach § 22 gestrichen wird, so kann die Partei ihre Parteiliste durch Nennung eines anderen Bewerbers ergänzen. Die Ergänzungsvorschläge müssen jedoch spätestens 7 Tage vor der Wahl bei der Bezirkswahlbehörde einlangen.

§ 24. Zwei oder mehrere in einem Wahlbezirke eingereichte Wahlvorschläge können miteinander verbunden (gekoppelt) werden. Die Erklärung der Koppelung wird durch die zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Parteien schriftlich bis längstens am 10. Tage vor der Wahl der Bezirkswahlbehörde abgegeben und von ihr sofort verlautbart (Staffelkoppellung ist nicht gestattet).

§ 25. Am siebenten Tage vor der Wahl schließt die Bezirkswahlbehörde die Parteilisten ab und veröffentlicht sie in ortsüblicher Weise in der Reihenfolge der Einbringung. Der Inhalt des Wahlvorschlages einschließlich der allfälligen Erklärung der Koppelung (§ 24) muß aus der Veröffentlichung vollinhaltlich ersichtlich sein.
 

V. Abstimmungsverfahren.

§ 26. Die Wahlen werden vom Landesrate durch Verlautbarung im Landesgesetzblatte ausgeschrieben. Der Wahltag wird durch den Landesrat gesondert festgesetzt, jedoch in der Regel nicht vor Ablauf von 6 Wochen nach der Wahlausschreibung. Die Wahl findet an einem Sonntag oder Feiertag statt.

Die Ausschreibung wird ortsüblich kundgemacht. von der Ausschreibung der Wahl und der Festsetzung des Wahltages wird der Staatsrat der deutschösterreicherischen Republik in Kenntnis gesetzt. Die Bezirkswahlbehörde bestimmt im Einvernehmen mit den Ortswahlbehörden für jeden Wahlort oder Wahlsprengel das Wahllokal und die Wahlzeit.

Im Gebäude des Wahllokales und in einem von der Bezirkswahlbehörde durch ortsübliche Kundmachung bezeichneten Umkreise ist am Wahltage jede Art der Wahlbewerbung sowie das Tragen von Waffen jeder Art verboten.

Der Ausschank von geistigen Getränken ist am Wahltage sowie am Tage vorher verboten.

§ 27. Im Wahllokale befindet sich der Amtstisch für die Wahlbehörde, in seiner unmittelbaren Nähe ein Tisch für die Wahlzeugen, dann eine erforderlichenfalls zwei Wahlzellen; in der Wahlzelle steht ein Tisch mit Schreibstiften. Für die Einrichtung der Wahllokale haben die Gemeinden vorzusorgen.

§ 28. Der Wähler tritt vor die Wahlbehörde, nennt seinen Namen, bezeichnet seine Wohnung, legt eine Urkunde oder eine sonstige amtliche Bescheinigung vor, aus dem sein Personenstand ersichtlich ist, und erhält daraufhin das undurchsichtige Wahlkuvert und auf Verlangen einen amtlichen Stimmzettel.

Der Wähler hat sich hierauf in die Wahlzelle zu begeben, den Stimmzettel in das Kuvert zu legen und tritt dann aus der Zelle und übergibt das Kuvert geschlossen dem Wahlleiter, der es uneröffnet in die Wahlurne legt.

Der Name des Wählers wird im Wählerverzeichnisse abgestrichen und in ein eigenes Abstimmungsverzeichnis fortlaufend eingetragen. Hierauf verläßt der Wähler das Wahllokal.

Blinde und Bresthafte können sich von einer Begleichperson führen und diese an ihrer Stelle abstimmen lassen.

Besitzt der Wähler einer Gemeinde eine Urkunde oder Bescheinigung der erwähnten Art nicht, so ist er dennoch zur Abstimmung zugelassen, wenn er der Mehrheit der Mitglieder der Wahlbehörde persönlich bekannt ist. Dieser Umstand ist in der Niederschrift über den Wahlvorgang ausdrücklich zu vermerken.

§ 29. Der Stimmzettel muß aus weichem Papier sein. Er ist gültig ausgefüllt, wenn er die Parteibezeichnung oder wenigstens den Namen eines Bewerbers der Parteiloste oder aber auf dem Stimmzettel durch Handschrift, Druck oder sonstige Vervielfältigung unzweideutig dartut. Dies geschieht entweder auf beliebigen von der Wahlbehörde vorbereiteten amtlichen Stimmzetteln durch Anzeichnung oder Einhakung der Parteibezeichnung oder mindestens eines Namens der betreffenden Parteiliste.

Der Stimmzettel ist ungültig, wenn mehrere Parteibezeichnungen angezeichnet oder eingekreist sind. Wenn ein Kuvert mehr als einen gültig ausgefüllten Stimmzettel enthält, sind alle ungültig, es sei denn von der gleichen Partei. Im Falle der Anzeichnung einer Parteibezeichnung und eines Namens dieser Liste bleibt die Stimme auch gültig, auch wenn Wahlwerber aus anderen Listen angeführt werden.

Ungültig ist der Stimmzettel weiters, falls eine Parteibezeichnung nicht eingehakt ist und Wahlwerber mehrerer Parteien angezeichnet sind. Parteistimmzettel brauchen nicht eigens angezeichnet zu werden.

§ 30. Wenn die für die Wahlhandlung festgesetzte Zeit abgelaufen ist, und alle bis dahin im Wahllokale oder in dem von der Ortswahlbehörde bestimmten Warteraum erschienenen Wähler gestimmt haben, erklärt die Wahlbehörde die Wahlhandlung für geschlossen; sie entleert die Wahlurne, zählt die abgegebenen Kuverts und stellt die Übereinstimmung ihrer Zahl mit der Zahl der im Abstimmungsverzeichnisse eingetragenen Wähler fest. Sodann eröffnet sie die Kuverts, prüft die Gültigkeit der Stimmzettel, stellt die Zahl der ungültigen Stimmzettel fest, ordnet die gültigen nach Parteilisten und stellt die auf jede Parteiliste entfallende Zahl von Stimmen, die Parteisumme (Kopplungssumme) fest.

§ 31. Die Wahlbehörde beurkundet den Wahlvorgang in einer eigenen Niederschrift. Diese Niederschrift enthält die Bezeichnung der Mitglieder der Wahlbehörde, die Zeit des Beginnes und des Schlusses der Wahlhandlung sowie allfällige Unterbrechungen, die Entscheidungen der Wahlbehörde über die Zulassung oder Nichtzulassung von Wählern, die sonstigen Verfügungen der Wahlbehörde, endlich außergewöhnliche Vorkommnisse während der Wahlhandlung. außerdem ist darin anzugeben, wieviel männliche und weibliche Wähler abgestimmt haben.

Die Niederschrift wird das Wählerverzeichnis und das Abstimmungsverzeichnis angeschlossen.

Die im § 30 bezeichneten Feststellungen werden in die Niederschrift eingetragen. Diese wird daraufhin geschlossen, von den Mitgliedern der Wahlbehörde gefertigt und samt den Stimmzetteln unter Siegel genommen.

Damit ist die Wahlhandlung beendet.

VI. Ermittlungsverfahren.

§ 32. Der versiegelte Wahlakt (§ 31) wird der Bezirkswahlbehörde vorgelegt. Diese überprüft die Wahlergebnisse der örtlichen Wahlen und stellt sie im vorbereiteten Bezirkswahlprotokolle zusammen.

§ 33. Die Bezirkswahlbehörde ermittelt die Gesamtzahl der im Wahlkreise angegebenen gültigen Stimmen (Gesamtsumme) sowie die Summen der auf jede Partei entfallenden Stimmen, Parteisummen, beziehungsweise die Summen der auf gekoppelte Listen zusammen entfallenden Stimmen (Koppelungssummen), und stellt zunächst fest, auf wieviele Vertreter jede Partei und jede gekoppelte Parteigruppe Anspruch hat.

§ 34. Auf die Parteilisten (Koppelungslisten) werden die auf die Parteien entfallenden Abgeordneten mittelst der Wahlzahl verteilt, dabei werden zunächst die gekoppelten Parteien als eine Partei gerechnet. Die Wahlzahl wird wie folgt berechnet:

Die Parteisummen werden, nach ihrer Größe geordnet, nebeneinander geschrieben; unter jede Parteisumme wird die Hälfte geschrieben, darunter das Drittel, das Viertel und nach Bedarf auch das Fünfte, das Sechstel usw.

Als Wahlzahl gilt bei bloß einem im Wahlbezirk zu vergebenden Sitze die größte, bei zwei zu vergebenden Sitzen die zweitgrößte, bei drei solchen Sitzen die drittgrößte, bei vier die viertgrößte Zahl usw. der so angeschriebenen Zahlen.

Jede Partei erhält so viele Sitze, als die Wahlzahl in ihrer Parteisumme enthalten ist. Innerhalb der gekoppelten Parteien werden die auf die Einzelnparteien entfallenden Sitze durch eine besondere, auf dieselbe Weise errechnete Wahlzahl ermittelt.

§ 35. Wenn nach dieser Berechnung (§ 34) zwei Parteien auf einen Sitz denselben Anspruch haben, so entscheidet zwischen ihnen das vom Vorsitzenden der Hauptwahlbehörde zu ziehende Los.

§ 36. Von jeder Parteiliste sind soviele Bewerber, als ihr Sitze zukommen, und zwar der Reihe nach, wie sie im Wahlvorschlage angeführt sind, von der Wahlbehörde als gewählt zu erklären; ihre Namen sind zu verlautbaren.

Ist ein Wahlbewerber auf mehreren Listen gewählt, so hat er binnen 8 Tagen der Hauptwahlbehörde mitzuteilen, für welche Parteiliste er sich entscheidet. Auf allen anderen Listen wird er gestrichen. Wenn er sich in der vorgesetzten Frist nicht erklärt, entscheidet für ihn die Hauptwahlbehörde.

Nichtgewählte sind Ersatzmänner für den Fall, daß einer ihrer Vordermänner derselben Liste in Abgang kommt. Die Reihenfolge, in der sie die Eigenschaft von Ersatzmännern erlangen, bestimmt sich nach der Reihenfolge des Wahlvorschlages.

§ 37. Wenn in einem Wahlbezirke die Hälfte der Sitze durch den Abgang der gewählten Abgeordneten und Ersatzmänner erledigt ist, verlieren auch alle anderen Abgeordneten dieses Bezirkes ihr Mandat mit der vollzogenen Neuwahl und ist diese Neuwahl binnen drei Monaten für den Wahlbezirk durchzuführen.

Eine solche Neuwahl wird für den Wahlbezirk auch dann sofort ausgeschrieben, wenn der Wahlgerichtshof die Wahl wegen Ungesetzlichkeit für nichtig erklärt hat.

§ 38. Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens bezeichnet die Bezirkswahlbehörde die Wahlzahl und das Wahlergebnis im Protokolle, fertigt es, versiegelt den Wahlakt und sendet ihn an die Hauptwahlbehörde.

Die Einsendung des Aktes wird kundgemacht.

Wenn binnen 8 Tage nach dem Einlangen des Aktes bei der Hauptwahlbehörde von dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei gegen die Ermittlung des Wahlergebnisses Einspruch erhoben wird, so überprüft die Hauptwahlbehörde auf Grund der eingesendeten Schriftstücke die Wahlhandlung. Ergibt sich aus diesen Schriftstücken die Unrichtigkeit der Ermittlung, so kann die Hauptwahlbehörde sofort das Ergebnis richtigstellen, die Verlautbarung der Bezirkswahlbehörde für nichtig erklären und das richtige Ergebnis verlautbaren. Andernfalls sowie wenn sich aus den Schriftstücken oder auf andere Weise Bedenken in Ansehung der Gesetzlichkeit der Wahlhandlung ergeben, wird der Beschwerdeführer an den Wahlgerichtshof verwiesen.

§ 39. Über Beschwerden wegen Ungesetzlichkeit der Wahlhandlung entscheidet der mit dem Gesetze vom 6. Februar 1919, St.-G.-Bl. Nr. 90, eingesetzte Wahlgerichtshof.

Die Bestimmungen des eben erwähnten Gesetzes finden auch auf die Wahlen in den Landtag sinngemäß Anwendung.

VII. Schlußbestimmung.

§ 40. Der Gebietsumfang der im Eingange bezeichneten Wahlbezirke richtet sich bei Anwendung des gegenwärtigen Gesetzes nach dem Zeitpunkte, an dem dieses Gesetz in Kraft tritt.

§ 41. Der Landesrat ist ermächtigt, alle zur Durchführung dieser Wahlordnung erforderlichen Verfügungen, insbesondere auch über die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Verzeichnung der Wahlberechtigten zu treffen; die Landesregierung kann für die Übertretung der vorerwähnten Verpflichtung angemessene geld- und Arreststrafen festsetzen.

siehe hierzu u. a.
- die Kundmachung der autonomen Landesregierung in Salzburg vom 24. Februar 1919 (Wahlausschreibung) (LGuVoBl. 16/1919)
- die Verordnung der Landesregierung in Salzburg vom 1. März 1919, betreffend die Verzeichnung der Wahlberechtigten zur Wahl des konstituierenden Landtags (LGuVoBl. 20/1919)
- die Verordnung der Landesregierung in Salzburg vom 1. März 1919, betreffend die Bildung der Wahlbehörden für die Wahl des konstituierenden Landtages (LGuVoBl. 21/1919)
- die Verordnung der Landesregierung in Salzburg vom 4. März 1919, betreffend Verkürzung der Fristen für die Wahlen des Landtags (LGuVoBl. 23/1919)
- die Verordnung der Landesregierung in Salzburg vom 13. März 1919, betreffend das Abstimmungs- und Ermittlungs-Verfahren bei den Wahlen für den Landtag (LGuVoBl. 29/1919)
- die Kundmachung der Landesregierung in Salzburg vom 15. März 1919, betreffend die Festsetzung des Wahltages für den Landtag (LGuVoBl. 31/1919)
- die Verordnung der Landesregierung in Salzburg vom 15. März 1919, über die Abkürzung des Verfahrens bei der Vornahme der Wahl für den konstituierenden Landtag (LGuVoBl. 32/1919)
 

§ 42. Mit dem Vollzuge ist der Staatssekretär des Innern betraut, welcher mit der Durchführung die Landesregierung beauftragt.

Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Kundmachung in Kraft.

    Dieses Gesetz wurde in der Sitzung der provisorischen Landesversammlung am 21. Februar 1919 beschlossen. Die Verlautbarung wurde vom Landesrate am 22. Februar 1919 verfügt.

Der Landeshauptmann:
Winkler

Der Landeshauptmann-Stellvertreter:
Ott

Der Landeshauptmann-Stellvertreter:
Preußler

 


Quellen: Landesgesetz- und Verordnungs-Blatt für das Land Salzburg, Jahrgang 1919 XIV. Stück, ausgegeben am 25.2.1919, S. 59ff.
© 25. Dezember 2012 - 4. Januar 2013
Home           Zurück           Top