Verfassungsgesetz
vom 1. Mai 1945, (St.G.Bl. 4/1945)
über das neuerliche Wirksamwerden des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929
(Verfassungs-Überleitungsgesetz)

Das Gesetz hätte durch das vom Nationalrat am 19. Dezember 1945 verabschiedete Verfassungs-Überleitungsgesetz 1945 ersetzt werden sollen, das aber aufgrund fehlender alliierter Genehmigung nicht kundgemacht und damit auch nicht in Kraft treten konnte.

faktisch aufgehoben durch
Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl. 2/2008 mit Wirkung vom 31. Dezember 2007;
mit diesem Gesetz wurde das gesamte Gesetz als "nicht mehr geltend" festgestellt

Die Provisorische Staatsregierung hat beschlossen:

Artikel 1. Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 sowie alle übrigen Bundesverfassungsgesetze und in einfachen Bundesgesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen nach dem Stande der Gesetzgebung vom 5. März 1933 werden im Sinne der Regierungserklärung, St. G. Bl. Nr. 3 von 1945, wieder in Wirksamkeit gesetzt.

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 1 als nicht mehr geltend festgestellt.

Artikel 2. Alle nach dem 5. März 1933 erlassenen Bundesverfassungsgesetze, in einfachen Bundesgesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen und verfassungsrechtliche Vorschriften enthaltenden Verordnungen sowie alle für den Bereich der Republik Österreich von der Deutschen Reichsregierung erlassenen Gesetze, Verordnungen und sonstigen Anordnungen verfassungsrechtlichen Inhaltes sind aufgehoben.

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 2 als nicht mehr geltend festgestellt.

Artikel 3. Aufgehoben sind daher insbesondere:
1. die Verfassung 1934, B. G. Bl. II Nr. 1, sowie alle zur Ergänzung oder Änderung dieser Verfassung erlassenen Bundesverfassungsgesetze und in einfachen Gesetzen enthaltenen Verfassungsbestimmungen;
    das Bundesverfassungsgesetz vom 30. April 1934, B. G. Bl. I Nr. 255, über außerordentliche Maßnahmen im Bereich der Verfassung;
    das Bundesverfassungsgesetz vom 19. Juni 1934, B. G. Bl. II Nr. 75, betreffend den Übergang zur ständischen Verfassung (Verfassungs-Übergangsgesetz 1934);
    das Bundesverfassungsgesetz vom 20. Juli 1934, B. G. Bl. II Nr. 150, über die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund, der  bundesunmittelbaren Stadt Wien, den Ländern, Ortsgemeindenverbänden und Ortsgemeinden (Finanz-Verfassungsgesetz - F-VG.);
    das Bundesgesetz vom 1. Mai 1934, B. G. Bl. II Nr. 4, betreffend die "Vaterländische Front";
    das Bundesgesetz vom 12. Juli 1934, B. G. Bl. II Nr. 123, über die Einrichtung und das Verfahren des Bundesgerichtshofes (Bundesgerichtshofgesetz);
    das Rechnungshofgesetz (R. H. G.) 1934, B. G. Bl. II Nr. 187;
2. das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938, Deutsches R. G. Bl. I S. 237 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 1 und 27/1938);
    das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. Jänner 1934, Deutsches R. G. Bl. I S. 75 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 8/1938);
    die Erste Verordnung über den Neuaufbau des Reiches vom 2. Februar 1934, Deutsches R. G. Bl. I S. 81 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 8/1938);
    die Dritte Verordnung über den Neuaufbau des Reiches vom 28. November 1938, Deutsches R. G. Bl. I S. 1675 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 626/1938);
    das Reichsstatthaltergesetz vom 30. Jänner 1935, Deutsches R. G. Bl. I S. 65 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 6/1938);
    das Reichsflaggengesetz vom 15. September 1935, Deutsches R. G. Bl. I S. 1145 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 6/1938) mit allen zu seiner Durchführung erlassenen Verordnungen;
    die Verordnung über das Hoheitszeichen des Reiches vom 5. November 1935, Deutsches R. G. Bl. I S. 1287 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 8/1938);
    der Erlaß über die Reichssiegel vom 16. März 1937, Deutsches R. G. Bl. I S. 307 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 8/1938), mit allen hiezu ergangenen Durchführungserlässen;
    die Verordnung über das Inkrafttreten von Rechtsvorschriften des Reiches im Lande Österreich vom 22. März 1938, Deutsches R. G. Bl. I S. 287 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 16/1938);
    die Verordnung über das Gesetzgebungsrecht im Lande Österreich vom 30. April 1938, Deutsches R. G. Bl. I S. 455 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 111/1938);
    das Gesetz über den Aufbau der Verwaltung in der Ostmark (Ostmarkgesetz) vom 14. April 1939, Deutsches R. G. Bl. I S. 777 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 500/1939) mit allen hiezu erlassenen Durchführungsverordnungen;
    die Verordnung über die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen des Reichsstatthalters in Österreich (Österreichische Landesregierung) vom 4. Juli 1939, Deutsches R. G. Bl. I S. 1194 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 866/1939) mit allen Nachträgen;
    die Erste Verordnung über die Aufgaben der Reichsgaue als Selbstverwaltungskörperschaften vom 17. Juli 1939, Deutsches R. G. Bl. I S. 1269 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 874/1939) mit den hiezu erlassenen Durchführungs- und Änderungsverordnungen.

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 3 als nicht mehr geltend festgestellt.

Artikel 4. (1) An die Stelle der Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929, die infolge der Lahmlegung des parlamentarischen Lebens in Österreich seit 5. März 1933, infolge der gewaltsamen Annexion Österreichs oder infolge der kriegerischen Ereignisse tatsächlich undurchführbar geworden sind, treten einstweilen die Bestimmungen des Verfassungsgesetzes über die vorläufige Einrichtung der Republik Österreich (Vorläufige Verfassung).

(2) Das im Abs. (1) bezeichnete Verfassungsgesetz tritt sechs Monate nach dem Zusammentritt der ersten auf Grund des allgemeinen, gleichen, unmittelbaren und geheimen Verhältniswahlrechtes gewählten Volksvertretung außer Kraft.

Durch Beschluss des Nationalrates vom 19. Dezember 1945 (siehe Sitzungsprotokoll der 1. Sitzung, Seite 12 und 13) wurde ein weiteres Verfassungs-Überleitungsgesetz mit mindestens 19 Paragrafen beschlossen hat, doch ist dieses Verfassungs-Überleitungsgesetz 1945 nicht im Bundesgesetzblatt verkündet worden, weil die Alliierten nicht zugestimmt haben und deshalb auch nie in Kraft getreten. Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 ist deshalb nach der geltenden Staatspraxis am Tage des ersten Zusammentritt des neu gewählten Nationalrates am 19. Dezember 1945 in Kraft getreten, und nicht sechs Monate danach.

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 4 als nicht mehr geltend festgestellt.

Artikel 5. Die Überleitung der staatlichen Behörden, Ämter und sonstigen Einrichtungen, die im Bereich der Republik Österreich am 10. April 1945 bestanden haben, in die der vorläufigen Verfassung entsprechende neue Rechtsordnung regelt das Gesetz über die Überleitung der Verwaltungseinrichtungen des Deutschen Reiches in die Rechtsordnung der Republik Österreich (Behörden-Überleitungsgesetz - B-ÜG.).

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 5 als nicht mehr geltend festgestellt.

Artikel 6. Dieses Verfassungsgesetz tritt mit 1. Mai 1945 in Kraft.

Das Verfassungsgesetz ist am 1. Mai 1945 nicht in Kraft getreten, da die Alliierten ihre Zustimmung hierzu nicht gab. Es ist jedoch angewendet worden und ist mit der Konstituierung des Alliierten Rates für Österreich am 11. September 1945, spätestens aber mit der Anerkennung der Provisorischen Staatsregierung durch das Memorandum des Alliierten Rates vom 20. Oktober 1945 als Verfassungsgesetz anerkannt worden.

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 6 als nicht mehr geltend festgestellt.

Artikel 7. Mit der Vollziehung dieses Verfassungsgesetzes ist die Provisorische Staatsregierung betraut.

Durch BGBl I 2/2008 wurde der Artikel 7 als nicht mehr geltend festgestellt.

 


Quellen: Rechtsinformationssystem der Bundesregierung
Fischer / Silvestri, Texte zur österreichischen Verfassungs-Geschichte, Geyer-Edition 1970
© 16. Dezember  2001 - 30. September 2012
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