Bundesverfassungsgesetz
vom 12. Februar 1993 (B.G.Bl. 115/1993)
mit dem begleitende Regelungen zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum erlassen werden
(EWR-Bundesverfassungsgesetz - EWR-BVG)

aufgehoben durch
BGBl. 1013/1994

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1. (1) Hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften in einem vom Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) erfaßten Sachgebiet einen gemeinsamen Standpunkt festgelegt, so hat die Bundesregierung diesen Entwurf dem Nationalrat und dem Bundesrat zuzuleiten. Dem Entwurf ist ein Hinweis auf die im Rahmen des EWR-Abkommens voraussichtlich erforderliche Regelung beizufügen.

(2) Handelt es sich um eine Regelung, die die Änderung eines Bundesgesetzes erfordern würde, so kann der Nationalrat oder der Bundesrat seine Zustimmung oder Ablehnung in Form einer Entschließung kundtun.

Artikel 2. (1) In Durchführung des EWR-Abkommens ergangene gesetzändernde oder gesetzesergänzende Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses bedürfen der Genehmigung des Nationalrates. Soweit solche Beschlüsse Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regeln, bedürfen sie überdies der Zustimmung des Bundesrates.

(2) Wenn durch einen Beschluß des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Verfassungsrecht geändert oder ergänzt wird, ist die Genehmigung dem Nationalrat vorbehalten. Inwieweit für die Genehmigung sonstiger Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses anstelle des Nationalrates dessen Hauptausschuß zuständig ist, regelt das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

(3) Auf Beschlüsse des Nationalrates oder seines Hauptausschusses zur Genehmigung von Beschlüssen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses nach Abs. 1 ist hinsichtlich der Mitwirkung des Bundesrates Art. 42 Abs. 1 bis 4 B-VG sinngemäß anzuwenden. Wenn durch einen Beschluß des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Verfassungsrecht geändert oder ergänzt wird, ist die Mitwirkung dem Bundesrat vorbehalten. Inwieweit hinsichtlich sonstiger Beschlüsse des Gemeinsamen  EWR-Ausschusses anstelle des Bundesrates ein hiezu bestimmter Ausschuß für die Mitwirkung zuständig ist, regelt die Geschäftsordnung des Bundesrates.

(4) Wenn durch Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Verfassungsrecht geändert oder ergänzt wird, ist überdies Art. 44 Abs. 1 B-VG und - hinsichtlich der Mitwirkung des Bundesrates - Art. 44 Abs. 2 B-VG sinngemäß anzuwenden; dabei sind solche Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses oder solche in Beschlüssen enthaltene Bestimmungen ausdrücklich als ,,verfassungsändernd'' zu bezeichnen.

(5) Für Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Sinne des Abs. 1 gilt Art. 140a B-VG.

Artikel 3. Unbeschadet des EWR-Abkommens sind Richtlinien im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums durch Gesetz umzusetzen. Wenn Richtlinien, die in Beschlüssen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses enthalten sind, inhaltlich hinreichend bestimmt sind, kann der Nationalrat oder nach Maßgabe von Art. 2 Abs. 2 dessen Hauptausschuß anläßlich der Genehmigung beschließen, daß solche Richtlinien durch Verordnung des jeweils zuständigen obersten Organs der Verwaltung des Bundes oder der Länder umgesetzt werden. Soweit eine Richtlinie Angelegenheiten der Landesgesetzgebung betrifft, obliegt dieser Beschluß nach Abschluß des Genehmigungsverfahrens den Landtagen.

Artikel 4. (1) Für Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Sinne des Art. 2 Abs. 1 gilt Art. 49 Abs. 1 und 2 B-VG.

(2) Soweit das EWR-Abkommen die Kundmachung von Rechtsakten im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften und in dessen Beilagen vorsieht, ersetzt dies die Kundmachung im Bundesgesetzblatt.

(3) Der Zeitpunkt des Inkrafttretens und des Außerkrafttretens von Beschlüssen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Sinne des Art. 2 Abs. 1 ist vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt mit Verordnung kundzumachen.

Artikel 5. Regelungen des EWR-Abkommens in seiner Stammfassung können auf technische Normen in ihrer jeweils geltenden Fassung verweisen.

Artikel 6. Der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof, der Oberste Gerichtshof, andere zur Sachentscheidung in zweiter oder letzter Instanz zuständige Gerichte, die unabhängigen Verwaltungssenate sowie die Kollegialbehörden im Sinne des Art. 20 Abs. 2 B-VG sind nach Maßgabe der völkerrechtlichen Voraussetzungen ermächtigt, ein Gutachten des EFTA-Gerichtshofes über die Auslegung des EWR-Abkommens einzuholen.

Artikel 7. (1) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt zugleich mit dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens  in Kraft.

(2) Der Bundeskanzler hat mit Verordnung den Zeitpunkt des Inkrafttretens des EWR-Abkommens festzustellen.

(3) Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

in Kraft getreten am 1. Januar 1994 (B.G.Bl. 917/1993)
 


Quellen: Rechtsinformationssystem der Republik Österreich
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