Wir Franz Joseph der Erste,
von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich;
König von Hungarn und Böhmen, König der Lombardei und Venedigs,
von Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Galizien, Lodomerien und Jllirien,
König von Jerusalem ect; Erzherzog von Österreich; Großherzog
von Toscana und Krakau; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen,
Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf
von Mähren; Herzog von Ober- und Nieder-Schlesien, von Modena, Parma,
Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa
und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg und Tirol, von Kyburg, Görz
und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober- und
Nieder-Lausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz,
Sonnenberg etc..; Herr von Triest, von Cattaro und auf der windischen Mark;
Großwojwod der Wojwodschaft Serbien etc. ect.
haben nach Anhörung Unseres Ministerrathes beschlossen, wie folgt:
Erstens: Der ständige und verstärkte Reichsrath wird aufgelöst; die Bestimmungen des Patentes vom 13. April 1851, des Cabinetschreibens vom 20. August 1851 und des Patents vom 5. März 1860 werden außer Wirksamkeit gesetzt.
Zweitens: Ein Staatsrath wird eingesetzt, dessen Bestimmung, Stellung und Zusammensetzung durch das beiliegende Statut geregelt wird.
Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien am sechsundzwanzigsten Februar im Eintausend achthundert einundsechzigsten, Unserer Reiche im dreizehnten Jahre.
Franz Joseph
Erzherzog Rainer
Rechberg
Mecséry
Degenfeld
Schmerling
Lasser Szécsen
Plener
Wickenburg
Pratobevera
Auf
Allerhöchste Anordnung:
Ransonnet,
§ 1. Der Staatsrath besteht aus einem Präsidenten und mehreren Staatsräthen.
§ 2. Der Präsident des Staatsrathes hat den Rang eines Ministers.
Er wird den Berathungen des Ministerrathes beigezogen, ohne an der Abstimmung Theil zu nehmen.
§ 3. Der Kaiser ernennt den Staatsraths-Präsidenten und die Staatsräthe.
§ 4. Bei der Wahl der Staatsräthe wird auf ausgezeichnete Befähigung und Erfahrung in der Justiz-, Finanz-, Militär- und politischen Verwaltung, sowie auf genaue Kenntniß der Verhältnisse der einzelnen Königreiche und Länder entsprechend Rücksicht genommen.
§ 5. Der Staatsrath hat im allgemeinen die Bestimmung, den Kaiser und sein Ministerium mit der Einsicht, den Kenntnissen und der Erfahrung seiner Mitglieder zur Erzielung fester, gereifter und übereinstimmender Grundsätze berathend zu unterstützen.
Insbesondere sind Gesetzentwürfe, welche zur Vorlage an die Vertretungen des Reiches oder einzelner Länder bestimmt sind, oder welche von der Initiative derselben ausgehend der Allerhöchsten Sanction unterbreitet werden, desgleichen wichtige normative Verordnungen in Verwaltungsangelegenheiten dem Staatsrathe zur Berathung zuzuweisen.
Der Kaiser behält sich vor, das Gutachten des Staatsrathes auch in anderen Angelegenheiten einzuholen.
Welcher Wirkungskreis dem Staatsrathe in Bezug auf die Entscheidung bei Competenzconflicten und in streitigen Angelegenheiten öffentlichen Rechts zusteht, sowie die Bestimmung der Art und Weise, wie er diese Function auszuüben hat, wird zur Ergänzung dieses Statuts durch ein besonderes Gesetz festgestellt.
§ 6. Die Aufträge zur Erstattung der Gutachten gelangen an den Staatsraths-Präsidenten entweder auf Befehl des Kaisers oder zufolge Beschlusses des Ministerrathes durch den Präsidenten des letzteren.
Der Staatsraths-Präsident ist ermächtigt, ausgezeichnete Persönlichkeiten ohne Unterschied, ob sie ein öffentliches Amt bekleiden oder nicht, den Berathungen des Staatsrathes beizuziehen, wenn ihre Kenntnisse, Einsichten oder Erfahrungen auf die gründliche Entscheidung eines Gegenstandes von Einfluß seyn können.
§ 7. Der Präsident des Staatsrathes hat mit Rücksicht auf den vorigen Artikel die Geschäfte den einzelnen Mitgliedern des Staatsrathes zuzutheilen, die Theilnehmer an der Berathung zu bestimmen.
Ob ein Gutachten von dem ganzen staatsräthlichen Körper oder von einer Abtheilung desselben zu erstatten ist, hängt nach Beschaffenheit des Gegenstandes von der Entscheidung des Präsidenten ab.
Die Gutachten des Staatsrathes sind von dessen Präsidenten unter Mitfertigung des Referenten zu unterzeichnen.
§ 8. Sowohl der Staatsrath als auch jedes einzelne Mitglied ist in Bezug auf seine Meinungen und Ansichten selbständig und vollkommen unabhängig.
§ 9. Jeder Minister oder Chef einer Centralstelle, in dessen Wirkungskreis eine Vorlage gehört, worüber im Staatsrathe Berathung gepflogen wird, ist berechtiget, an derselben Theil zu nehmen und hat, vom Staatsraths-Präsidenten eingeladen, derselben beizuwohnen.
Er ist zu diesem Zweck vom Staatsraths-Präsidenten gehörig in Kenntniß zu setzen. Bei der Abstimmung wird seine Meinung nicht mitgezählt.
§ 10. Der Präsident des Staatsrathes hat die Gutachten desselben zur weiteren Verfügung entweder unmittelbar an den Kaiser oder an den Präsidenten des Ministerrathes zu leiten.
§ 11. Der Präsident des Ministerrathes kann einzelne, mehrere oder alle Mitglieder des Staatsrathes zu den bezüglichen Sitzungen des Ministerrathes beiziehen.
§ 12. Die Bestimmungen über die Zahl und den Rang der Staatsräthe, über die Beeidigung udn Bezüge derselben und ihres Präsidenten, über das Hilfspersonale und über die Geschäftsbehandlung bleiben einem abgesonderten Erlasse vorbehalten.