Landes-Ordnung
und
Landtags-Wahlordnung
für das
Erzherzogthum Österreich unter der Enns

vom 26. Februar 1861

geändert durch
Gesetz vom 8. Januar 1867 (LGBl. Nr. 3),
Gesetz vom 22. Dezember 1884 (LGBl. Nr. 34),
Gesetz vom 31. Juli 1888 (LGBl. Nr. 50),
Gesetz vom 19. Dezember 1890 (LGBl. Nr. 44),
Gesetz vom 14. Februar 1904 (LGBl. Nr. 27),
Gesetz vom 21. Oktober 1907 (LGBl. Nr. 131),
Gesetz vom 21. Januar 1910 (LGBl. Nr. 17),

Gesetz vom 27. Oktober 1912 (LGBl. Nr. 182),
(Staats-) Gesetz vom 14. November 1918 (StGBl. Nr. 24)
Gesetz vom 20. März 1919 (LGBl. Nr. 35).

aufgehoben durch
Gesetz vom 28. Dezember 1920, über die gemeinsame Landesverfassung von Niederösterreich (LGBl. Nr. 86)
mit Wirkung vom 1. Januar 1921

 

Erstes Hauptstück.
Von der Landesvertretung überhaupt.

§ 1. Das Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns wird in Landesangelegenheiten vom Landtage vertreten.

§ 2. Die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch den Landtag selbst, oder durch den Landesausschuß ausgeübt.

§ 3. Der Landtag besteht aus sechsundsechzig Mitgliedern, nämlich:
a) dem Fürsterzbischofe von Wien und dem Bischofe von St. Pölten;
b) dem Rector magnificus der Wiener Universität; dann
c) aus dreiundsechzig gewählten Abgeordneten, und zwar:
  I. aus fünfzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes;
  II. aus achtundzwanzig Abgeordneten der durch die Wahlordnung bezeichneten Städte und Märkte, und der Handels- und Gewerbekammer;
  III. aus zwanzig Abgeordneten der übrigen Gemeinden des Erzherzogthums Österreich unter der Enns.

Durch Gesetz vom 8. Januar 1867 erhielt der § 3 folgende Fassung:
"§ 3. Der Landtag besteht aus achtundsechzig Mitgliedern nämlich:
a) dem Fürsterzbischofe von Wien und dem Bischofe von St. Pölten;
b) dem Rector magnificus der Wiener Universität;
c) aus fünfundsechzig gewählten Abgeordneten, und zwar:
  I. aus fünfzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes;
  II. aus neunundzwanzig Abgeordneten der durch die Wahlordnung bezeichneten Städte und Märkte und der Handels- und Gewerbekammer;
  III. aus einundzwanzig Abgeordneten der übrigen Gemeinden des Erzherzogthums Österreich unter der Enns."

Durch Gesetz vom 22. Dezember 1884 erhielt der § 3 folgende Fassung:
"§ 3. Der Landtag besteht aus siebzig Mitgliedern nämlich:
a) dem Fürsterzbischofe von Wien und dem Bischofe von St. Pölten;
b) dem Rector magnificus der Wiener Universität;
c) aus siebenundsechzig gewählten Abgeordneten, und zwar:
  I. aus fünfzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes;
  II. aus zweiunddreißig Abgeordneten der durch die Wahlordnung bezeichneten Städte (Märkte, Industrialorte, Orte) und der Handels- und Gewerbekammer;
  III. aus zwanzig Abgeordneten der übrigen Gemeinden des Erzherzogthumes Österreich unter der Enns."

Durch Gesetz vom 31. Juli 1888 erhielt der § 3 folgende Fassung:
"§ 3. Der Landtag besteht aus zweiundsiebzig Mitgliedern nämlich:
a) dem Fürsterzbischofe von Wien und dem Bischofe von St. Pölten;
b) dem Rector magnificus der Wiener Universität;
c) aus neunundsechzig gewählten Abgeordneten, und zwar:
  I. aus fünfzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes;
  II. aus vierunddreißig Abgeordneten der durch die Wahlordnung bezeichneten Städte (Märkte, Industrialorte, Orte) und der Handels- und Gewerbekammer;
  III. aus zwanzig Abgeordneten der übrigen Gemeinden des Erzherzogthumes Österreich unter der Enns."

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 erhielt der § 3 folgende Fassung:
"§ 3. Der Landtag besteht aus hundertsiebenundzwanzig Mitgliedern, und zwar:
a) dem Fürsterzbischofe von Wien,
    dem Bischofe von St. Pölten,
    dem Rektor Magnifikus der Wiener Universität;
dann
b) aus hundertvierundzwanzig gewählten Abgeordneten, und zwar:
    I. aus sechzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes und aus vier Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer;
    II. aus sechsundvierzig Abgeordneten der durch die Wahlordnung bezeichneten Städte (Märkte, Industrialorte und Orte) außerhalb Wiens und der Landgemeinden;
    III. aus achtundfünfzig Abgeordneten der allgemeinen Wählerklasse."

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 3 faktisch aufgehoben; siehe § 1 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 4. Der Kaiser ernennt zur Leitung des Landtages aus dessen Mitte den Landmarschall und dessen Stellvertreter.

Durch Gesetz vom 21. Januar 1910 erhielt der § 4 folgende Fassung:
"§ 4. Der Kaiser ernennt zur Leitung des Landtages aus dessen Mitte den Landmarschall und zwei Stellvertreter desselben."

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 4 faktisch aufgehoben; siehe § 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 5. Die näheren Bestimmungen über die Wahlberechtigung und Wählbarkeit, über die Vertheilung der Abgeordneten auf die zu bildenden Wahlbezirke und über das Verfahren bei der Wahl enthält die Wahlordnung für das Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns.

§ 6. Die Functionsdauer des Landmarschalls und dessen Stellvertreters, dann der gewählten Mitglieder des Landtages (Landtagsperiode) wird auf sechs Jahre festgesetzt.

Die Wahlen der Abgeordneten zum Landtage können von den Wählern nicht widerrufen werden.

Nach Ablauf der regelmäßigen Landtagsperiode oder nach der früher erfolgten Auflösung des Landtages, sowie in den Fällen, wenn inzwischen einzelne Abgeordnete austreten, mit Tod abgehen oder die zur Wählbarkeit erforderliche Eignung verlieren, werden neue Wahlen ausgeschrieben.

Gewesene Landtagsmitglieder können wieder gewählt werden.

Durch Gesetz vom 21. Januar 1910 erhielt der § 6 folgende Fassung:
"§ 6. Die Funktionsdauer des Landmarschalls und seiner Stellvertreter, dann der gewählten Mitglieder des Landtages (die Landtagsperiode) wird auf sechs Jahre festgesetzt.
Die Wahlen der Abgeordneten zum Landtage können von den Wählern nicht widerrufen werden.
Nach Ablauf der regelmäßigen Landtagsperiode oder nach der früher erfolgten Auflösung des Landtages, sowie in den Fällen, wenn inzwischen einzelne Abgeordnete austreten, mit Tod abgehen oder die zur Wählbarkeit erforderliche Eignung verlieren, werden neue Wahlen ausgeschrieben.
Gewesene Landtagsmitglieder können wieder gewählt werden."

§ 7. Die in den Landtag gewählten Abgeordneten dürfen keine Instructionen annehmen und ihr Stimmrecht nur persönlich ausüben.

§ 8. Der Landtag hat sich über Allerhöchste Einberufung in der Regel jährlich Einmal, und zwar, in soferne der Kaiser nicht etwas Anderes bestimmt wird, in der Haupt- und Residenzstadt Wien zu versammeln.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 8 faktisch aufgehoben; siehe § 1 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 9. Die Landtagsabgeordneten haben bei ihrem Eintritte in den Landtag dem Kaiser Treue und Gehorsam, Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten in die Hände des Landmarschalls an Eidesstatt zu geloben.

Durch Gesetz vom 14. Februar 1904 erhielt der § 9 folgende Fassung:
"§ 9. Die Landtagsabgeordneten haben bei ihrem Eintritte in den Landtag dem Kaiser Treue und Gehorsam, Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten in die Hände des Landmarschalls an Eidesstatt zu geloben.
Abgeordnete, welche ungeachtet erfolgter Aufforderung des Vorsitzenden das Gelöbnis nicht oder nur mit Vorbehalten oder Einschränkungen leisten, sind durch den Vorsitzenden von der Teilnahme an den Verhandlungen des Landtages auszuschließen, bis sie das Gelöbnis ohne Vorbehalt und ohne Einschränkungen geleistet haben.
Will ein Abgeordneter, welcher auf Grund der vorstehenden Bestimmung von der Teilnahme an den Verhandlungen des Landtages ausgeschlossen wurde, das Gelöbnis nachträglich leisten, so hat er dies dem Vorsitzenden anzuzeigen; dieser hat ihm dann das Gelöbnis zu Beginn der nächsten Sitzung abzunehmen."

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 9 faktisch aufgehoben; siehe § 1 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 10. Der Landmarschall eröffnet den vom Kaiser einberufenen Landtag, er führt den Vorsitz in den Versammlungen und leitet die Verhandlungen; er schließt den Landtag nach Beendigung der Geschäfte oder über besonderen Allerhöchsten Auftrag.

Der Landtag kann vom Kaiser auch während der regelmäßigen Landtagsperiode zu jeder Zeit unter gleichzeitiger Anordnung neuer Wahlen aufgelöst werden.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 10 faktisch aufgehoben; siehe § 1 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 wurde an dieser Stelle folgender Paragraf eingefügt:
"§ 10a. Die Abgeordneten bilden drei Kurien, und zwar:
1. Die Kurie der Abgeordneten des großen Grundbesitzes, der Handels- und Gewerbekammer sowie der Träger der Virilstimmen;
2. die Kurie der von den Städten (Märkten, Industrialorten und Orten) außerhalb Wiens und den Landgemeinden gewählten Abgeordneten;
3. die Kurie der von der allgemeinen Wählerklasse gewählten Abgeordneten.
Bei Beginn jeder Landtagswahlperiode hat sich jede Kurie über Aufforderung des Landmarschalls binnen 24 Stunden nach der Eröffnungssitzung zu konstituieren. Die Mitglieder haben in der konstituierenden Sitzung ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen einen Obmann, zwei Obmannstellvertreter und einen Schriftführer zu wählen, womit die Konstituierung der Kurle vollzogen ist.
Die erfolgte Konstituierung ist dem Landmarschall anzuzeigen und von ihm in der nächsten Landtagssitzung zu verkünden.
Abgesehen von dem Falle der Konstituierung ist zur Vornahme einer Wahl oder zur Fassung eines Beschlusses innerhalb der Kurie die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder erforderlich.
Bei Beschlußunfähigkeit einer zu diesen Zwecken einberufenen Sitzung der Kurie hat der Obmann für den nächsten, spätestens aber zweitnächsten Tag eine neuerliche Sitzung mit derselben Tagesordnung auszuschreiben, welche ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder beschlußfähig ist."

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 10a faktisch aufgehoben; siehe § 1 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

Durch Gesetz vom 27. Oktober 1912 wurden an dieser Stelle folgende §§ eingefügt:
"§ 10b. Zur ständigen Kontrolle der Finanzgebarung der Landesverwaltung wählt der Landtag aus seiner Mitte einen aus neun Mitgliedern und vier Ersatzmännern bestehenden Finanzkontrollausschuß.
Zwei Mitglieder und ein Ersatzmann des Finanzkontrollausschusses werden von der Kurie des Großgrundbesitzes, der Virilstimmen und der Handels- und Gewerbekammer;
    zwei Mitglieder und ein Ersatzmann von der Kurie der Städte (Märkte, Industrialorte und Orte) außerhalb Wiens und der Landgemeinden;
    zwei Mitglieder und ein Ersatzmann von der Kurie der allgemeinen Wählerklasse und
    drei Mitglieder und ein Ersatzmann von dem ganzen Hause mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt.
Die Stellung eines Mitgliedes des Landesausschusses und dessen Ersatzmannes ist mit der Stellung eines Mitgliedes des Finanzkontrollausschusses unbereinbar.

§ 10c. Der Finanzkontrollausschuß wählt aus seiner Mitte einen Obmann, einen Obmannstellvertreter und einen ersten und zweiten Schriftführer.
Für die Geschäftsbehandung des Finanzkontrollausschusses gelten im allgemeinen und soweit sie anwendbar sind, die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtages.
Die Mitglieder dieses Ausschusses sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet, insofern sie nicht derselben vom Ausschusses selbst entbunden werden.

§ 10d. Die Funktionsdauer des Finanzkontrollausschusses erstreckt sich unabhängig von der jeweiligen Schließung des Landtages auf die ganze in der Landesordnung festgesetzte sechsjährige Legislaturperiode. Sie währt jedoch nach dem Ablaufe der Landtagsperiode sowie im Falle der Auflösung des Landtages noch so lange fort, bis von dem neuen Landtage ein anderer Finanzkontrollausschuß gewählt wurde.
Der Finanzkontrollausschuß besorgt ohne Einflußnahme auf die Verwaltungstätigkeit des Landesausschusses die Kontrolle der Finanzgebarung der niederösterreichischen Landesverwaltung und der ihr unterstehenden Ämter, Anstalten und Fonds.
Um sich genaue Kenntnis über die finanziellen Verhältnisse des Landes und der einzelnen Verwaltungszweige zu verschaffen, kann der Finanzkontrollausschuß jederzeit die Vorlage der einschlägigen Bücher, Akten und Belege durch den Landesamtsdirektor und den Vorstand der Landesbuchhaltung verlangen.
Der Vorstand der Landesbuchhaltung ist verpflichtet, jeden Auftrag, welcher die Überschreitung einer Post der Voranschläge oder eines vom Landtage genehmigten Kredites herbeiführen würde, dem Finanzkontrollausschusse unmittelbar bekanntzugeben, ohne dessen Zustimmung dieser Auftrag nicht durchgeführt werden darf. Nicht präliminierte Ausgaben kann der Landesausschuß nur in Fällen dringender Notwendigkeit, wenn eine solche Ausgabe bis zur nächsten Einberufung des Landtages ohne wesentliche Gefährung des Zweckes verschoben werden könnte, mit Zustimmung des Finanzkontrollausschusses gegen Einholung der nachträglichen Genehmigung des Landtages in der nächstfolgenden Session veranlassen.
Eine Mitteilung durch den Vorstand der Landesbuchhaltung hat zu unterbleiben, insolange die Summe aller Überschreitungen und nicht präliminierten Ausgaben den Betrag von 50.000 K nicht übersteigt.
Ebenso bedürfen auch sonstige finanzielle Maßnahmen, welche für den Vollzug der gewöhnlichen Verwaltungsgeschäfte des Landesvermögens (§ 26 L. O.) sich als notwendig erweisen, der Zustimmung des Finanzkontrollausschusses.
Alle in Gemäßheit der Bestimmungen dieses Paragraphen seitens des Vorstandes der Landesbuchhaltung an den Finanzkontrollausschuß zu erstattenden Berichte und Mitteilungen sind von diesem unter einem in Abschrift dem Landmarschall als Vorsitzenden des Landesausschusses zur Kenntnis zu bringen.
Über die bei Ausübung seines Kontrollrechtes gemachten Wahrnehmungen hat der Finanzkontrollausschuß dem Landtage jeweils bei dessen Zusammentritt Bericht zu erstatten und die ihm nötig erscheinenden Anträge zu stellen.

§ 10e. Der Finanzkontrollausschuß ist nach Bedarf, auch während der Landtag nicht versammelt ist, mindestens aber einmal vierteljährig zu einer die Dauer von 8 Tagen nicht überschreitenden Tagung von dem Obmanne einzuberufen. Von jeder Tagung ist der Landmarschall in Kenntnis zu setzen.

§ 10f. Die Mitglieder des Landesausschusses sind berechtigt, an den Sitzungen des Finanzkontrollausschusses, insoweit sie nicht als vertraulich erklärt werden, mit beratender Stimme teilzunehmen. Desgleichen ist den Sitzungen des Finanzkontrollausschusses in der Regel der Landesamtsdirektor und der Vorstand der Landesbuchhaltung mit beratender Stimme beizuziehen. Der Vorstand der Landesbuchhaltung kann hinsichtlich aller Berichte und Mitteilungen, welche er in Erfüllung seiner in diesem Gesetze statuierten Verpflichtung an den Finanzkontrollausschuß gelangen läßt, nur vom Landtage zur Verantwortung gezogen werden.

§ 11. Der Landesausschuß, als verwaltendes und ausführendes Organ der Landesvertretung, besteht unter dem Vorsitze des Landmarschalls aus sechs aus der Mitte der Landtagsversammlung gewählten Mitgliedern.

Der Landmarschall ernennt für Verhinderungsfälle einen Stellvertreter zur Leitung des Landesausschusses aus dessen Mitte.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde im § 11ff. anstelle des Landmarschalls der Landeshauptmann gesetzt und anstelle des Landesausschusses die Landesräte; siehe § 2 und 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 12. Ein Mitglied des Landesausschusses wird durch die von der Wählerclasse des großen Grundbesitzes (§ 3, I) gewählten Abgeordneten, Ein Mitglied durch die von der Wählerclasse der Städte und Märkte und der Handels- und Gewerbekammer (§ 3, II) gewählten Abgeordneten, und Ein Mitglied durch die von der Wählerclasse der Landgemeinden (§ 3, III) gewählten Abgeordneten aus der Mitte des Landtages gewählt.

Die übrigen drei Mitglieder werden einzeln von der ganzen Landesversammlung aus ihrer Mitte gewählt.

Jede solche Wahl geschieht durch absolute Mehrheit der Stimmenden.

Kommt bei der ersten und zweiten Wahlhandlung keine absolute Mehrheit zu Stande, so ist die engere Wahl zwischen jenen beiden Personen vorzunehmen, welche bei der zweiten Wahlhandlung die meisten Stimmen erhalten haben.

Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Durch Gesetz vom 22. Dezember 1884 erhielt der § 12 folgende Fassung:
"§ 12. Ein Mitglied des Landesausschusses wird durch die von der Wählerclasse des großen Grundbesitzes (§ 3, I) gewählten Abgeordneten, Ein Mitglied durch die von der Wählerclasse der Städte (Märkte, Industrialorte, Orte) und der Handels- und Gewerbekammer (§ 3, II) gewählten Abgeordneten, und Ein Mitglied durch die von der Wählerclasse der Landgemeinden (§ 3, III) gewählten Abgeordneten aus der Mitte des Landtages gewählt.
Die übrigen drei Mitglieder werden einzeln von der ganzen Landesversammlung aus ihrer Mitte gewählt.
Jede solche Wahl geschieht durch absolute Mehrheit der Stimmenden.
Kommt bei der ersten und zweiten Wahlhandlung keine absolute Mehrheit zu Stande, so ist die engere Wahl zwischen jenen beiden Personen vorzunehmen, welche bei der zweiten Wahlhandlung die meisten Stimmen erhalten haben.
Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los."

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 erhielt der § 12 folgende Fassung:
"§ 12. Ein Mitglied des Landesausschusses wird durch die von der Wählerklasse des großen Grundbesitzes und der Handels- und Gewerbekammer (§ 3, b I) gewählten Abgeordneten, ein Mitglied durch die von der Wählerklasse der Städte (Märkte, Industrialorte, Orte) außerhalb Wiens und der Landgemeinden (§ 3, b II) gewählten Abgeordneten, und ein Mitglied durch die von der allgemeinen Wählerklasse (§ 3, b III) gewählten Abgeordneten aus der Mitte des Landtages gewählt.
Die übrigen drei Mitglieder werden einzeln von der ganzen Landesversammlung aus ihrer Mitte gewählt.
Jede solche Wahl geschieht durch absolute Mehrheit der Stimmenden.
Kommt bei der ersten und zweiten Wahlhandlung keine absolute Mehrheit zu stande, so ist die engere Wahl zwischen jenen beiden Personen vorzunehmen, welche bei der zweiten Wahlhandlung die meisten Stimmen erhalten haben.
Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Vorsitzenden zu ziehende Los."

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 12 faktisch aufgehoben; siehe § 2 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 13. Für jedes Ausschußmitglied wird nach dem Wahlmodus des vorigen Paragraphes ein Ersatzmann gewählt.

Wenn ein Ausschußmitglied, während der Landtag nicht versammelt ist, mit Tod abgeht, austritt, oder auf längere Zeit an der Besorgung der Ausschußgeschäfte verhindert ist, tritt der Ersatzmann ein, welcher zur Stellvertretung jenes Ausschußmitgliedes gewählt worden ist.

Ist der Landtag versammelt, so wird für das bleibend abgängige Ausschußmitglied eine neue Wahl vorgenommen.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 13 faktisch aufgehoben; siehe § 2 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 14. Die Functionsdauer der Mitglieder des Landesausschusses und der Ersatzmänner ist jener des Landtages, der sie gewählt hat, gleich. Sie währt jedoch nach dem Ablaufe der Landtagsperiode, so wie im Falle der Auslösung des Landtages noch so lange fort, bis aus dem neuen Landtage ein anderer Ausschuß bestellt worden ist.

Der Austritt aus dem Landtage hat das Austreten aus dem Landesausschusse zur Folge.

§ 15. Die Mitglieder des Landesausschusses sind verpflichtet, ihren  Aufenthalt in Wien zu nehmen.

Sie erhalten eine jährliche Entschädigung aus Landesmitteln, deren Höhe der Landtag bestimmt.

Zweites Hauptstück.
Wirkungskreis der Landesvertretung.

I. Wirkungskreis des Landtages

§ 16. Der Landtag ist berufen, bei der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt nach Maßgabe der Bestimmungen des kaiserlichen Diploms vom 20. October 1860, Nr. 226 R.G.Bl. mitzuwirken, und hat die durch § 6 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung festgesetzte Zahl von achtzehn Mitgliedern in das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes zu entsenden.

Die Wahl dieser Mitglieder hat auf die im § 7 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung festgesetzte Weise zu geschehen.

Die Vertheilung der zu wählenden Mitglieder des Hauses der Abgeordneten auf die einzelnen Gebiete, Städte und Körperschaften ist im Anhange zu dieser Landesordnung festgestellt.

Durch Gesetz vom 2. April 1873, R.G.Bl. 40, wurde der § 16 faktisch aufgehoben (Einführung der Direktwahl der Mitglieder des Hauses der Abgeordneten des Reichsrathes).

§ 17. Gesetzesvorschläge in Landesangelegenheiten gelangen als Regierungsvorlagen an den Landtag.

Auch dem Landtag steht das Recht zu, in Landesangelegenheiten Gesetze vorzuschlagen. Zu jedem Landesgesetz ist die Zustimmung des Landtages und die Sanction des Kaisers erforderlich.

Anträge auf Erlassung von Gesetzen, welche durch den Kaiser oder durch den Landtag abgelehnt worden sind, können in derselben Session nicht wieder vorgebracht werden.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurde der § 17 Abs. 2 und 3 faktisch aufgehoben; siehe § 1 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 18. Als Landesangelegenheiten werden erklärt:
I. Alle Anordnungen in Betreff:
    1. der Landescultur;
    2. der öffentlichen Bauten, welche aus Landesmitteln bestritten werden;
    3. der aus Landesmitteln dotirten Wohlthätigkeitsanstalten;
    4. des Voranschlages und der Rechnungslegung des Landes, sowohl
        a) hinsichtlich der Landeseinnahmen aus der Verwaltung des dem Lande gehörigen Vermögens, der Besteuerung für Landeszwecke und der Benützung des Landescredits, als
        b) rücksichtlich der ordentlichen und außerordentlichen Landesausgaben.
II. Die näheren Anordnungen inner den Gränzen der allgemeinen Gesetze in Betreff:
    1. der Gemeindeangelegenheiten;
    2. der Kirchen- und Schulangelegenheiten;
    3. der Vorspannsleistung, dann der Verpflegung und Einquartierung des Heeres;
endlich
III. die Anordnungen über sonstige, die Wohlfahrt oder die Bedürfnisse des Landes betreffende Gegenstände, welche durch besondere Verfügungen der Landesvertretung zugewiesen werden.

Durch die §§ 11 und 12 des Gesetzes vom 21. Dezember 1867, R.G.Bl. 141 (revidiertes Grundgesetz über die Reichsvertretung) wurde der § 18 faktisch erheblich erweitert.

§ 19. Der Landtag ist berufen:
1. zu berathen und Anträge zu stellen:
    a) über kundgemachte allgemeine Gesetze und Einrichtungen bezüglich ihrer besonderen Rückwirkung auf das Wohl des Landes, und
    b) auf Erlassung allgemeiner Gesetze und Einrichtungen, welche die Bedürfnisse und die Wohlfahrt des Landes erheischen;
2. Vorschläge abzugeben über alle Gegenstände, worüber er von der Regierung zu Rathe gezogen wird.

§ 20. Der Landtag sorgt für die Erhaltung des landständischen (Domestical-) Vermögens und des sonstigen nach seiner Entstehung oder Widmung ein Eigenthum des Erzherzogthumes Oesterreich unter der Enns bildenden Landesvermögens, dann der aus ständischen oder Landesmitteln errichteten oder erhaltenen Fonde und Anstalten.

Landtagsbeschlüsse, welche eine Veräußerung, bleibende Belastung oder eine Verpfändung des Stammvermögens mit sich bringen, bedürfen der kaiserlichen Genehmigung.

§ 21. Der Landtag verwaltet das Domesticalvermögen und das Credits- und Schuldenwesen des Landes und sorgt für die Erfüllung der dießfalls dem Lande obliegenden Verpflichtungen.

Er verwaltet und verwendet dem Landesfond und den Grundentlastungsfond des Erzherzogthumes Oesterreich unter der Enns mit genauer Beachtung der gesetzlichen Zwecke und Widmungen dieser Fonde.

§ 22. Der Landtag berathet und beschließt über die Aufbringung der zur Erfüllung seiner Wirksamkeit für Landeszwecke, für das Vermögen, die Fonde und Anstalten des Landes erforderlichen Mittel, in soferne die Einkünfte des bestehenden Stammvermögens nicht zureichen.

Er ist berechtigt, zu diesem Zwecke Zuschläge zu den directen landesfürstlichen Steuern bis auf zehn Percente derselben umzulegen und einzuheben. Höhere Zuschläge zu einer direkten Steuer oder sonstige Landesumlagen bedürfen der kaiserlichen Genehmigung.

§ 23. Die Wirksamkeit des Landtages in Gemeindeangelegenheiten wird durch das Gemeindegesetz oder die besonderen Gemeindestatute geregelt.

§ 24. Die mitwirkende und überwachende Einflußnahme des Landtages in Steuersachen, namentlich in Betreff auf die Umlegung, Einhebung und Abfuhr der landesfürstlichen direkten Steuern, wird durch besondere Vorschriften bestimmt.

§ 25. Der Landtag beschließt über die Systemisirung des Personal- und Besoldungsstandes der dem Landesausschusse beizugebenden oder für einzelne Verwaltungsobjecte zu bestellenden Beamten und Diener; er bestimmt die Art ihrer Ernennung und Disciplinarbehandlung, ihre Ruhe- und Versorgungsgenüsse und die Grundzüge der für ihre Dienstleistung zu ertheilenden Instructionen.

II. Wirkungskreis des Landesausschusses

§ 26. Der Landesausschuß besorgt die gewöhnlichen Verwaltungsgeschäfte des Landesvermögens, der Landesfonde und Anstalten und leitet und überwacht die Dienstleistung der ihm untergebenen Beamten und Diener.

Er hat hierüber, sowie über die Ausführung der vollziehbaren Landtagsbeschlüsse, dem Landtage Rechenschaft zu geben und Anträge in Landesangelegenheiten für den Landtag über Auftrag desselben oder aus eigenem Antriebe vorzuberathen.

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 erhielt der § 26 folgende Fassung:
"§ 26. Der Landesausschuß besorgt die gewöhnlichen Verwaltungsgeschäfte des Landesvermögens, der Landesfonds und Anstalten und leitet und überwacht durch den rechtskundigen Landes-Amtsdirektor, dessen Befugnisse durch eine vom Landtage zu erlassende Instruktion geregelt werden, die Dienstleistung der ihm untergebenen Beamten und Diener.
Er hat hierüber, sowie über die Ausführung der vollziehbaren Landtagsbeschlüsse, dem Landtage Rechenschaft zu geben und Anträge in Landesangelegenheiten für den Landtag über Auftrag desselben oder aus eigenem Antriebe vorzuberaten."

§ 27. Die dem Lande oder den vormaligen Ständen des Landes zustehenden Patronats- und Präsentationsrechte, das Vorschlags- und Ernennungsrecht für Stiftplätze oder Stipendien, das Recht der Aufnahme in ständische Anstalten und Stiftungen wird vom Landesausschuß geübt.

§ 28. Der Landesausschuß repräsentiert die Landesvertretung in allen Rechtsangelegenheiten.

Die im Namen der Landesvertretung auszustellenden Urkunden sind von dem Landmarschalle und zwei Mitgliedern des Landesausschusses zu fertigen und mit dem Landessiegel zu versehen.

§ 29. Der Landesausschuß hat die überdies auch alle übrigen Geschäfte des bisherigen ständischen Verordneten-Collegiums oder des ständischen Ausschusses zu besorgen, soweit dieselben nicht an andere Organe übergeben oder in Folge der geänderten Verhältnisse aufhören.

§ 30. Der Landesausschuß hat die nöthigen Vorbereitungen für die Abhaltung der Landtagssitzungen und die Ausmittlung, Instandhaltung und Einrichtung der für die Landesvertretung und die ihr unmittelbar unterstehenden Aemter und Organe bestimmten Räumlichkeiten zu besorgen.

§ 31. Der Landesausschuß hat die Wahlausweise der neu eintretenden Landtagsabgeordneten zu prüfen und darüber an den Landtag zu berichten, dem die Entscheidung über die Zulassung der Gewählten zusteht.

§ 32. Die näheren Weisungen über die dem Landesausschusse zukommenden Geschäfte und über die Art ihrer Besorgung bleiben der vom Landtage zu ertheilenden Instruction, und in Betreff der Einflußnahme auf Gemeindesachen und auf Angelegenheiten der landesfürstlichen Steuern den besonderen Gemeinde- und Steuergesetzen vorbehalten.

Drittes Hauptstück.
Von der Geschäftsbehandlung

§ 33. Der über ordnungsmäßige Einberufung versammelte Landtag hat die zu seinem Wirkungskreise gehörigen Angelegenheiten in Sitzungen zu verhandeln und zu erledigen.

Die Sitzungen werden von dem Landmarschalle angeordnet, eröffnet und geschlossen.

Durch Gesetz vom 14. Februar 1904 erhielt der § 33 folgende Fassung:
"§ 33. Der über ordnungsgemäße Einberufung versammelte Landtag hat die zu seinem Wirkungskreise gehörigen Angelegenheiten in Sitzungen zu verhandeln und zu erledigen.
Die Sitzungen werden von dem Landmarschalle angeordnet, eröffnet und geschlossen.
Der Vorsitzende hat die Pflicht, für die Aufrechterhaltung der Ruhe während der Beratungen des Landtages, sowie dafür zu sorgen, daß der parlamentarische Anstand gewahrt werde.
Störungen der Beratungen des Landtages durch seine Mitglieder und Verstöße derselben gegen den parlamentarischen Anstand sind vom Vorsitzenden durch den Ruf "zur Ordnung" zu ahnden.
Wenn ein dreimaliger Ordnungsruf unter Androhung des Ausschlusses fruchtlos bleibt, so kann das betreffende Mitglied von der Sitzung, im äußersten Falle auch von den nächstfolgenden drei Sitzungen ausgeschlossen werden.
Erachtet der Vorsitzende den Anlaß zum Ausschlusses eines Mitgliedes für gegeben, so hat er den Disziplinarausschuß einzuberufen.
Dieser Ausschuß, welcher für die Dauer der Wahlperiode (Landtagsperiode, § 6 der Landesordnung) eingesetzt wird, besteht aus 9 Mitgliedern, von denen je zwei mit Stimmenmehrheit gewählt werden:
1. Von den im § 3, lit. a und lit. b, Punkt I, dann
2. von den in diesem Paragraphen sub Punkt II und endlich
3. von den in diesem Paragraphen sub Punkt III bezeichneten Landtagsmitgliedern.
Die übrigen drei Mitglieder werden von der ganzen Landesversammlung aus ihrer Mitte mit Stimmenmehrheit gewählt.
Der Disziplinarausschuß ist beschlußfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder bei der Beratung anwesend sind; den Vorsitz führt das an Jahren älteste der erschienenen Mitglieder.
Der Ausschuß beschließt in geheimer Sitzung mit Stimmenmehrheit über die Ausschließung und die Dauer derselben.
Der Beschluß des Disziplinarausschusses ist in der der Beschlußfassung folgenden Sitzung des Landtages vom Vorsitzenden desselben zu verkünden.
Lautet der Beschluß des Disziplinarausschusses auf Ausschließung, so hat der Vorsitzende den betreffenden Abgeordneten zum Verlassen des Saales aufzufordern.
Ein Appell an den Landtag gegen diesen Beschluß ist unzulässig."

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 erhielt der § 33 folgende Fassung:
"§ 33. Der über ordnungsgemäße Einberufung versammelte Landtag hat die zu seinem Wirkungskreise gehörigen Angelegenheiten in Sitzungen zu verhandeln und zu erledigen.
Die Sitzungen werden von dem Landmarschalle angeordnet, eröffnet und geschlossen.
Der Vorsitzende hat die Pflicht, für die Aufrechterhaltung der Ruhe während der Beratungen des Landtages, sowie dafür zu sorgen, daß der parlamentarische Anstand gewahrt werde.
Störungen der Beratungen des Landtages durch seine Mitglieder und Verstöße derselben gegen den parlamentarischen Anstand sind vom Vorsitzenden durch den Ruf "zur Ordnung" zu ahnden.
Wenn ein dreimaliger Ordnungsruf unter einmaliger Androhung des Ausschlusses fruchtlos bleibt oder wenn ein Mitglied des Landtages sich eine schwere Verletzung des parlamentarischen Anstandes zu schulden kommen läßt, so kann dem Mitgliede eine Rüge erteilt oder es kann das Mitglied von derselben Sitzung, allenfalls auch noch von einer oder mehreren der folgenden, und zwar höchstens von den drei nächsten Sitzungen ausgeschlossen werden.
Erachtet der Vorsitzende den Anlaß zu einer derartigen Verfügung für gegeben, so hat er die Sitzung zu unterbrechen und den Disziplinarausschuß einzuberufen.
Dieser Ausschuß, welcher für die Dauer der Wahlperiode (Landtagsperiode, § 6 der Landesordnung) eingesetzt wird, besteht aus 9 Mitgliedern, von denen je zwei mit Stimmenmehrheit gewählt werden:
1. Von den Inhabern der Virilstimmen, den Abgeordneten des großen Grundbesitzes und den Handels- und Gewerbekammern, dann
2. von der Kurie der Abgeordneten der Städte (Märkte, Industrialorte und Orte) außerhalb Wiens und der Landgemeinden und
3. von den Abgeordneten der allgemeinen Wählerklasse.
Drei Mitglieder werden von der ganzen Landesversammlung aus ihrer Mitte mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt.
Der Disziplinarausschuß ist beschlußfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder bei der Beratung anwesend sind; den Vorsitz führt das an Jahren älteste der erschienenen Mitglieder.
Der Ausschuß beschließt in geheimer Sitzung mit Stimmenmehrheit über die Ausschließung und die Dauer derselben, er kann aber auch den Beschluß auf Erteilung einer Rüge fassen. Der Disziplinarausschuß hat seinem Erkenntnisse eine Begründung beizugeben.
Der Beschluß des Disziplinarausschusses ist nach der Wiederaufnahme der Sitzung des Landtages vom Vorsitzenden des letzteren zu verkünden.
Lautet der Beschluß des Disziplinarausschusses auf Ausschließung, so hat der Vorsitzende den betreffenden Abgeordneten zum Verlassen des Saales aufzufordern.
Ein Appell an den Landtag gegen diesen Beschluß ist unzulässig."

§ 34. Die Landtagssitzungen sind öffentlich.

Ausnahmsweise kann eine vertrauliche Sitzung gehalten werden, wenn entweder der Vorsitzende oder wenigstens fünf Mitglieder es verlangen und nach Entfernung der Zuhörer der Landtag sich dafür entscheidet.

§ 35. Die einzelnen Berathungsgegenstände gelangen vor den Landtag:
a) entweder als Regierungsvorlagen durch den Landmarschall;
b) oder als Vorlagen des Landesausschusses oder eines speciellen durch Wahl aus dem Landtage und während desselben gebildeten Ausschusses;
c) oder durch Anträge einzelner Mitglieder.

Selbständige, sich nicht auf eine Vorlage der Regierung oder eines Ausschusses beziehende Anträge einzelner Mitglieder müssen früher dem Landmarschalle schriftlich angezeigt und vorläufig der Ausschußberathung unterzogen werden.

Anträge über Gegenstände, welche außerhalb des Geschäftskreises des Landtages liegen, sind durch den Landmarschall von der Berathung auszuschließen.

§ 36. Der Landmarschall bestimmt die Reihenfolge der zu verhandelnden Gegenstände.

Die an den Landtag gelangenden Regierungsvorlagen sind vor allen anderen Berathungsgegenständen in Verhandlung zu nehmen und zu erledigen.

§ 37. Der Statthalter des Erzherzogthumes Oesterreich unter der Enns oder die von ihm abgeordneten Commissäre haben das Recht, im Landtage zu erscheinen und jederzeit das Wort zu nehmen; an den Abstimmungen nehmen sie nur Theil, wenn sie Mitglieder des Landtages sind. Wenn die Absendung von Mitgliedern der Regierungsbehörden wegen Ertheilung von Auskünften und Aufklärungen bei einzelnen Verhandlungen nothwendig oder wünschenswerth erscheint, hat sich der Landmarschall an die Vorstände der betreffenden Behörden zu wenden.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurden im § 37 anstelle des Statthalters der Landeshauptmann gesetzt; siehe § 3 und 4 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 38. Zur Beschlußfassung in dem Landtage ist die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Gesammtzahl aller Mitglieder, und zur Giltigkeit eines Beschlusses die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.

Bei Stimmengleichheit ist der in Berathung gezogene Antrag als verworfen anzusehen.

Zu einem Beschlusse über beantragte Aenderungen der Landesordnung ist die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich.

Durch Gesetz vom 19. Dezember 1890 erhielt der § 38 folgende Fassung:
"§ 38. Zur Beschlußfassung in dem Landtage ist die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Gesammtzahl aller Mitglieder, und zur Giltigkeit eines Beschlusses die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.
Bei Stimmengleichheit ist der in Berathung gezogene Antrag als verworfen anzusehen.
Zu einem Beschlusse über beantragte Änderungen der Landesordnung ist die Gegenwart von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder und die Zustimmung von mindestens zwei Drittheilen der Anwesenden erforderlich.
Zu einem Beschlusse über beantragte Änderungen des derzeitigen Gebietsumfanges des Erzherzogthumes Österreich unter der Enns ist die Zustimmung von mindestens drei Viertheilen aller Mitglieder des Landtages erforderlich. Die Aufhebung oder Änderung dieser Bestimmung kann nur durch eine gleiche Mehrheit beschlossen werden."

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 erhielt der § 38 folgende Fassung:
"§ 38. Zur Beschlußfassung in dem Landtage ist die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Gesamtzahl aller Mitglieder, und zur Gültigkeit eines Beschlusses die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.
Bei Stimmengleichheit ist der in Beratung gezogene Antrag als verworfen anzusehen.
Jeder auf Abänderung der Landesordnung abzielende Antrag ist unbedingt der Vorberatung durch einen Ausschuß (§ 35 L. O.) zu unterziehen und bedarf zur Beschlußfassung der Zustimmung von mindestens 64 Abgeordneten.
Ein solcher Antrag ist nach Durchberatung im Landtage nicht vor Ablauf von vier Tagen einer Schlußabstimmung zu unterziehen, bis zu welcher jede Kurie berechtigt ist, gegen den Antrag Einspruch zu erheben. Durch einen solchen Einspruch ist der Antrag abgelehnt.
Ein derartiger Einspruch muß längstens am dritten Tage nach der Beratung im Landtage innerhalb der Kurie mittels einfacher Majorität beschlossen und durch den Obmann dem Landmarschall unter Vorlage des Abstimmungsprotokolles spätestens vor Einleitung der Schlußabstimmung bekanntgegeben werden.
Ein derartiger Einspruch kann auch längstens am dritten Tage nach Einbringung eines auf Änderung der Landesordnung abzielenden Antrages mittels einfacher Majorität innerhalb der Kurie beschlossen werden und ist durch den Obmann dem Landmarschall spätestens am vierten Tage nach Einbringung des Antrages bekanntzugeben.
Vor Ablauf dieser Frist kann ein Antrag auf Änderung der Landesordnung im Landtage nicht zur Verhandlung gelangen.
Zu einem Beschlusse über beantragte Änderungen des derzeitigen Gebietsumfanges des Erzherzogtumes Österreich unter der Enns ist die Zustimmung von mindestens drei Vierteilen aller Mitglieder des Landtages erforderlich. Die Aufhebung oder Änderung dieser Bestimmung kann nur durch eine gleiche Mehrheit beschlossen werden."

§ 39. Die Stimmgebung ist in der Regel mündlich; nach dem Ermessen des Vorsitzenden kann solche auch durch Aufstehen und Sitzenbleiben stattfinden.

Wahlen oder Besetzungen werden durch Stimmzettel vorgenommen.

Durch Gesetz vom 14. Februar 1904 erhielt der § 39 folgende Fassung:
"§ 39. Die Art und Weise der Stimmgebung wird von dem Vorsitzenden festgesetzt.
Wahlen oder Besetzungen werden durch Stimmzettel vorgenommen."

§ 40. Die vom Landtage gepflogenen Verhandlungen sind unter Zulegung der Sitzungsprotokolle im Wege des Statthalters zur Allerhöchsten Kenntnis zu bringen.

Die Art der Veröffentlichung der gepflogenen Verhandlungen bestimmt der Landtag.

§ 41. Der Landtag darf mit keiner Landesvertretung eines anderen Kronlandes in Verkehr treten; auch darf derselbe keine Kundmachungen erlassen.

Deputationen dürfen in die Versammlung des Landtages nicht zugelassen und Bittschriften dürfen vom Landtage nur dann angenommen werden, wenn sie ihm durch ein Mitglied überreicht werden.

Die Absendung von Landtagsdeputationen an das Allerhöchste Hoflager darf nur über vorläufig erwirkte kaiserliche Genehmigung stattfinden.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurden im § 41 aufgehoben; siehe § 12 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

§ 42. Der Landesausschuß hat die ihm überwiesenen Geschäfte in Collegialberathungen zu verhandeln und zu erledigen.

Zur Giltigkeit eines Beschlusses ist die Anwesenheit von wenigstens vier Ausschußmitgliedern erforderlich.

Der Landmarschall ist, wenn er einen Beschluß des Landesausschusses als dem öffentlichen Wohle oder den bestehenden Gesetzen zuwiderlaufend ansieht, berechtigt und verpflichtet, die Ausführung zu sistiren und die Angelegenheit unverzüglich der Allerhöchsten Schlußfassung im Wege des Statthalters zu unterziehen.

Durch Gesetz vom 21. Oktober 1907 erhielt der § 42 folgende Fassung:
"§ 42. Der Landesausschuß hat die ihm überwiesenen Geschäfte in Kollegialberatungen zu verhandeln und zu erledigen.
Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist die Anwesenheit von wenigstens vier Ausschußmitgliedern erforderlich.
Der Landes-Amtsdirektor hat an den Sitzungen des Landesausschusses mit beratender Stimme teilzunehmen.
Der Landmarschall ist, wenn er einen Beschluß des Landesausschusses als dem öffentlichen Wohle oder den bestehenden Gesetzen zuwiderlaufend ansieht, berechtigt und verpflichtet, die Ausführung zu sistieren und die Angelegenheit unverzüglich der Allerhöchsten Beschlußfassung im Wege des Statthalters zu unterziehen."

§ 43. Der Landesausschuß darf nur mit dem Landtage, aus dem er hervorgegangen ist, in Verkehr treten und nur in den ihm übertragenen Verwaltungsangelegenheiten Kundmachungen erlassen.

Deputationen dürfen vom Landesausschusse nicht angenommen werden.

Durch Gesetz vom 20. März 1919 wurden im § 43 aufgehoben; siehe § 12 des Gesetzes vom 14. November 1918, StGBl. Nr. 24.

    Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien am sechsundzwanzigsten Februar im Eintausend achthundert einundsechzigsten, Unserer Reiche im dreizehnten Jahre.

    Franz Joseph

    Rechberg, Mecséry, Degenfeld, Schmerling,
    Lasser, Szécsen, Plener, Wickenburg, Pratobevera

    Auf Allerhöchste Anordnung
        Ransonnet

Anhang
zu der
Landesordnung für das Erzherzogthum Österreich unter der Enns

I.

I. Die Vertheilung der vom Landtage in das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes zu entsendenden achtzehn Mitglieder auf die einzelnen Gebiete, Städte und Körperschaften, wird in nachfolgender Weise festgestellt.

Der Landtag hat zu wählen:
1. Aus den nach § 3, a) und b) der Landesordnung zu Virilstimmen berechtigten Mitglieder und aus den fünfzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes, zusammen fünf Mitglieder;
2. aus den zwölf Abgeordneten der Reichshauptstadt Wien vier Mitglieder;
3. aus den vier Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer Ein Mitglied;
4. aus den vier Abgeordneten der im § 2 der Landtags-Wahlordnung unter a), b), c), d), e), h), i), l) aufgeführten Wahlbezirke zwei Mitglieder;
5. aus den vier Abgeordneten der eben daselbst unter f), g), k), m) aufgeführten Wahlbezirke Ein Mitglied;
6. aus den eilf Abgeordneten der im § 6 der Landtags-Wahlordnung unter 1, 2, 3, 4, 5, 10, 11, 12, 13, 16 aufgeführten Wahlbezirke drei Mitglieder;
7. aus den neun Abgeordneten der im eben dort unter 6, 7, 8, 9, 14, 15, 17 aufgeführten Wahlbezirke zwei Mitglieder.

Durch Gesetz vom 8. Januar 1867 erhielt der Abschnitt I folgende Fassung:
"§ 1. Die Vertheilung der vom Landtage in das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes zu entsendenden achtzehn Mitglieder auf die einzelnen Gebiete, Städte und Körperschaften, wird in nachfolgender Weise festgestellt.
Der Landtag hat zu wählen:
1. Aus den nach § 3 a und b der Landesordnung zu Virilstimmen berechtigten drei Mitglieder und aus den fünfzehn Abgeordneten des großen Grundbesitzes, zusammen fünf Mitglieder;
2. aus den dreizehn Abgeordneten der Reichshauptstadt Wien vier Mitglieder;
3. aus den vier Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer Ein Mitglied;
4. aus den vier Abgeordneten der im § 2 der Landtagswahlordnung unter a) b) c) d) e) h) i) l) aufgeführten Wahlbezirke zwei Mitglieder;
5. aus den vier Abgeordneten der eben daselbst unter f) g) k) m) aufgeführten Wahlbezirke Ein Mitglied;
6. aus den zwölf Abgeordneten der im § 6 der Landtags-Wahlordnung unter 1. 2. 3. 4. 5. 10. 11. 12. 13, 16. aufgeführten Wahlbezirke drei Mitglieder;
7. aus den neun Abgeordneten der im eben dort unter 6. 7. 8. 9. 14. 15. 17. aufgeführten Wahlbezirke zwei Mitglieder."

II. Anträge auf Aenderungen der vorstehenden Vertheilung gehören zur Competenz des Reichsrathes und sind nach den Bestimmungen des § 14 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung zu behandeln.

Durch Gesetz vom 2. April 1873, R.G.Bl. 40, war der Anhang faktisch aufgehoben (Einführung der Direktwahl der Mitglieder des Hauses der Abgeordneten des Reichsrathes).

 

Diese Landesordnung, das als Beilage zum Februarpatent von 1861 erlassen wurde, galt bis zum Erlass einer Landesverfassung für Niederösterreich im Dezember 1920..
 


Quellen: Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich Jahrgang 1861 Nr. 20
Fischer / Silvestri, Texte zur österreichischen Verfassungs-Geschichte, Geyer-Edition 1970

© 23. November  2002 - 24. April 2006
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